Auch Du stirbst einsamer Wolf
mir nicht angeschaut.«
Dann setzte ich noch einmal die Flasche an und gab sie wieder Rudi.
»Hier, du kannst garantiert noch einen Schluck gebrauchen.«
Er nahm die Flasche, und ich ging an Deck, um zu schauen, ob ich vielleicht das Ruder reparieren konnte. Wir konnten noch nicht weit von Sardinien weg sein, dachte ich mir. Zuerst schaute ich mir den Bug an, ob dort noch alles in Ordnung war und der Sturm nichts kaputt gemacht hatte. Da dort aber alles ganz war, ging ich nach hinten und schaute mir das Ruder an.
Aber dort gab es nichts zu reparieren, denn das Ruder war total aus der Verankerung gerissen und unmöglich wieder in Ordnung zu bringen. Ich ging wieder in die Kajüte und erzählte Rudi, wie die Lage aussah. Der fing an, wie aus heiterem Himmel, etwas zum Essen herzurichten, denn er meinte, daß man mit einem vollen Magen besser überlegen könnte. Also aßen wir etwas, und ich überlegte dabei, was wir machen konnten, um wieder an Land zu kommen. Aber es fiel mir ums Verrecken nichts ein.
Der Sturm legte sich ganz, und nach einer Weile sah die See aus, als wenn sie noch nie stürmisch gewesen wäre. Es wehte fast kein Wind, und ich wußte, daß eine Flaute eintreten würde.
Wir saßen immer noch in der Kajüte und überlegten fieberhaft.
Ein anderes Schiff um Hilfe rufen konnten wir nicht, denn sonst hätten wir uns gleich freiwillig im Knast melden können.
Wir mußten uns also selber helfen und das so schnell wie möglich, bevor uns jemand entdeckte und die Lage durchschaute. Rudi saß ganz ruhig am Tisch, und ich sah ihm an, daß er nachdachte. Auf einmal sagte er zu mir:
»Mit dem Außenbordmotor kann man doch auch steuern?«
»Ja, aber nur, wenn er in Betrieb ist.«
»Wieviel Sprit haben wir noch?«
»Das weiß ich nicht. Aber warte mal, ich gehe schnell nachschauen.«
Ich wußte, was Rudi vorhatte, denn wenn der Sprit langen würde, könnten wir mit dem Motor an Land fahren. Ich stellte fest, daß wir noch anderthalb Tanks hatten. Dann schaute ich, ob der Motor noch in Ordnung war. Es war alles ok, und ich freute mich wie ein kleines Kind darüber. Ich ging in die Kajüte zurück und verklickerte Rudi die Sachlage. Als ich ihm sagte, wieviel Sprit wir noch hatten, meinte er:
»Langen könnte es, wenn wir nicht zu weit auf dem Meer draußen sind und die See so ruhig bleibt, wie sie jetzt ist.«
Ich schloß also den halbvollen Kanister an und startete den Motor. Am Anfang wollte er nicht anspringen, aber nach ein paar Versuchen klappte es doch noch. Wir fuhren genau nach Westen und die Sache ging einwandfrei. Nur der Sprit mußte ausreichen, sonst wären wir erneut aufgeschmissen.
Es kam wieder ein wenig Wind auf, und ich machte Rudi den Vorschlag, das Segel zu setzen, damit wir schneller voran-kämen. Aber das war ein Irrtum von mir, und so machten wir es nach ein paar Minuten wieder runter. Nach einer halben Stunde war der halbvolle Kanister leer, und ich mußte den anderen anschließen. Es war noch kein Stückchen Land in Sicht, und ich gab die Hoffnung auf, es mit dem Motor zu schaffen. Wir mußten ziemlich weit von Sardinien abgetrieben sein. Ich saß am Motor und schaute öfters durch das Fernglas, ob nicht Land zu sehen war. Aber nichts konnte ich entdecken, und ich verlor den letzten Hoffnungsschimmer, den ich noch hatte.
Nach einer weiteren halben Stunde schaute ich noch einmal, durch das Fernglas, und ich ließ einen Freudenschrei los, denn ich sah Land. Ich schaute nochmals nach dem Sprit, und wir hatten noch fast einen halben Kanister. Wir konnten es also ohne weiteres schaffen, an Land zu kommen. Rudi machte Freudensprünge an Deck, und ich mußte ihn einmal festhalten, denn er wäre fast über Bord gefallen, weil er nicht aufpaßte.
Ich fuhr direkt auf das Land zu und hatte eine Wahnsinnsfreude in mir, weil wir die Sache so gut überstanden hatten. Da wir nun zu zweit nach Afrika fuhren, nahm ich mir vor, ein Schiff zu klauen, das ein wenig größer und stabiler ist als das, das wir hatten, denn ich wollte so etwas, wie wir in der Nacht erlebt hatten, kein zweites mal mitmachen. Ich würde schon eine Jacht finden, das wußte ich genau, denn es gab genügend Urlauber auf Sardinien, die einen Haufen Geld hatten und sich ein Schiff leisten konnten.
Als wir noch ein paar hundert Meter vom Land entfernt waren, sagte ich zu Rudi, daß er das Segel hochziehen solle, denn ich wollte das Schiff treiben lassen, damit man nicht sehen konnte, wo wir an Land gegangen sind. Als
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