Auf Befehl des Königs
Empfindungen nicht mehr trauen, Mylord. Meine Menschenkenntnis hat mich so gründlich im Stich gelassen, dass ich meinem Urteil misstraue."
"Gibt es irgendeinen Menschen, auf den Ihr bauen würdet? Würden die Worte eines Gottesmannes Euch eines Besseren belehren? Ihr solltet den Inhalt des Ehevertrags lesen. Vielleicht erkennt Ihr dann die Wahrheit." Seine Kiefer mahlten.
Er begann, sich von ihr zu lösen, aber irgendetwas zwang Marguerite, ihn daran zu hindern. Sie umklammerte seinen Arm.
"Sagt mir Eure Wahrheit, Orrick. Nennt mir Eure Absichten und Beweggründe. Überzeugt mich." Es war die verzweifelte Bitte eine Frau, die einen Grund brauchte, um glauben zu können, dass sie als Mensch wertvoll war und um ihrer selbst willen von ihm geliebt wurde.
"Bei unserer Vermählung gingen einige gewinnträchtige Landgüter, die an meinen Besitz grenzen, auf mich über. Ich erklärte mich bereit, diese Domänen zu verwalten, aber Ihr seid die Nutznießerin der Erträge aus Ernten und Viehzucht, mit denen Ihr nach eigenem Gutdünken verfahren könnt. Ihr dürft das Gold behalten oder für einen wohltätigen Zweck spenden, was immer Ihr wünscht. Abt Godfrey ist als Sachwalter Eures Vermögens eingesetzt. Wie Ihr seht, besteht einer der Gründe, warum ich Euch bat, mich auf diese Reise zu begleiten, in meinem Wunsch, Euch mit Godfrey zu beraten, was mit dem Kapital geschehen soll."
Marguerite fand keine Worte. So etwas hatte es noch nie gegeben. Eine Ehefrau mit eigenem Geld und Besitz? Mit dem sie tun und lassen konnte, wie es ihr beliebte?
"Im Falle einer Annullierung unserer Ehe verwalte ich die Ländereien weiterhin, und die daraus resultierenden Gewinne werden zu gleichen Teilen zwischen Euch und mir aufgeteilt."
"Ich begreife das nicht", sagte sie schließlich. "Zu welchem Zweck wurde der Vertrag so formuliert? Wie konntet Ihr einer solchen Abmachung zustimmen?" Ihre Stimme war lauter geworden. Bruder David gab einen Schnarchlaut von sich, drehte sich im Stuhl zur Seite und schlief weiter. "Hat Euch der hochwürdige Abt nicht davor gewarnt, ein solches Dokument zu unterzeichnen?", flüsterte sie nun. Orrick lächelte, fand es irgendwie rührend, dass sie sich über ihre Vorteile empörte.
"Wenn der König einen Befehl erteilt, ist es ratsam, ihm nicht zu widersprechen. Ich bin davon überzeugt, dass seine Sorge um Euer Wohlergehen größer war, als es zunächst den Anschein hatte."
Marguerite glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, nur Orricks starker Arm hielt sie aufrecht. Diese Eröffnung war von ungeheuerlicher Tragweite. Eine Auflösung der Ehe würde Orrick Gewinn bringen, und trotzdem wollte er keine Trennung? Im Falle des Fortbestandes ihrer Lebensgemeinschaft würde sie zweifach davon profitieren. Zum einen durch das Leben an Orricks Seite, zum anderen käme sie dadurch zu eigenem Vermögen. Was waren seine Motive? Marguerite begriff die Zusammenhänge nicht.
Es war Zeit, alles zu erfahren. Er hatte ihre ursprüngliche Frage immer noch nicht beantwortet. Die von ihm genannten Fakten gaben lediglich neue Rätsel auf.
"Warum, Orrick? Weshalb begehrt Ihr mich?"
Er holte tief Atem und stieß ihn hörbar aus. "Erinnert Ihr Euch, als Ihr mir vorgeworfen habt, ich mache mich über die Bedeutung der ersten Liebe lustig? Ihr seid der Meinung gewesen, ich spotte über Eure tiefen Gefühle für Henry."
Sie schüttelte den Kopf. Gedanken an die Liebe zu Henry schienen ihr im Augenblick in unendlich weiter Ferne, dennoch entsann sie sich deutlich der Worte Orricks auf den Zinnen des Wehrgangs von Silloth Castle.
"Ich kenne die Qualen einer unerwiderten Liebe, Marguerite."
"Hat eine Frau Eure zärtlichen Gefühle zurückgewiesen? Sprecht Ihr etwa von Ardys?"
Er legte ihr die Hand an die Wange und berührte mit seinen Lippen die ihren sehr sanft. Nach diesem zarten Kuss löste er sich von ihr und lächelte traurig.
"Obwohl ich wusste, dass Euer Herz und Euer Körper einem anderen Mann gehören, habe ich mich in Euch verliebt, Marguerite. Ihr seid die erste Frau, die ich vergöttere. Deshalb kenne ich den Schmerz, den Ihr über Henrys Verlust empfindet. Denn ich lebe jeden Tag mit der Qual, Eure Zuneigung nicht zu besitzen."
Ein Knoten schnürte ihr die Kehle zu, sie brachte kein Wort hervor. Tränen brannten ihr in den Augen.
"Nicht doch. Ich wollte Euch den schönen Tag nicht verderben." Er entfernte sich ein paar Schritte und wechselte das Thema. "Ist meine Überraschung eigentlich gelungen?
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