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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Wickmann
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nach London konnte er gerade noch bezahlen. Er flog dorthin, um wieder zu Geld zu kommen, den Buckingham Palace auszurauben oder so was, irgendein krummes Ding zu drehen, du verstehst schon.«
    »Was für ein schrecklicher Mensch! Armer Bolle.«
    »Arm? Ich bitte dich. Wer so naiv ist und glaubt, ein Lumpenhund wie Mads Bondeknold würde einen Koffer voll Geld einfach so aufgeben, verdient es, betrogen zu werden. Außerdem war der zweite Teil von Bolles Plan ganz schön skrupellos. Dein Mitleid wird dir noch vergehen. Gleich nach der Landung wollte er Mads von seinem Ziel ablenken, ihn aus der Menge weglocken, abmurksen und dann irgendwo am Rand auf einen Stuhl setzen, damit es aussah, als ob er schliefe.
    Bis jemand darauf käme, dass er tot ist, sah sich Bolle längst über alle Berge verschwunden – mit einem leeren Koffer, in dem der Dussel seinen Anteil vermutete –, als ob Mads den brav für ihn aufgehoben hätte.«
    »Wer schläft denn bitte mit raushängender Zunge und einer Schlinge um den Hals auf einem Stuhl in der Gepäckhalle?«
    »Gegenfrage: Hast du schon jemals einen Erdrosselten in einer Gepäckhalle gesehen?«
    »Nein!«
    »Siehst du, weil du es weder erwartest, noch darauf achtest. Keiner tut das, daher ist es der ideale Ort für ein Verbrechen. Natürlich hätte Bolle Mads die Schlinge abgenommen.
    Jedenfalls – was meinst du, wie viele Leichen tagtäglich auf Flughäfen abgeladen werden?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hunderte! Es wird nur nie publik gemacht. Stell dir vor, welche Auswirkungen das aufs Fluggeschäft hätte …«
    »Mhmm …« Charline ist noch nicht ganz überzeugt. Bevor sie weiter an der Logik meiner Behauptungen zweifeln kann, fahre ich flugs mit der Geschichte fort: »Die Verkleidung als Frau war die perfekte Maskerade, um Mads zu täuschen.«
    »Was ist schiefgelaufen?«
    »Wie ich schon sagte, Mads war verdammt schlau. Er erkannte Bolle im Flugzeug – trotz seiner Kostümierung. Bolle hatte den Rock voll, weil er genau wusste, dass er den offenen Kampf gegen seinen Erzfeind verlieren würde. Gegen diesen von Geburt an gemeinen Halunken sah ein angelernter Bösewicht keine Sonne. Mads würde sich den längst verhaftet Geglaubten bei der nächstbesten Gelegenheit vom Hals schaffen – auf Mads-Art, und die hätte selbst den Teufel persönlich das Fürchten gelehrt. Bolle Slyngels Schicksal schien besiegelt. Mads fühlte sich so überlegen, dass er sich in seiner Sieges-Vorfreude betrank: ›Selbst wenn ich total blau bin, bist du kein Gegner für mich!‹, schien sein fieses Grinsen Bolle zu verhöhnen. Als er dem Geprellten dann noch den Rücken zudrehte, war das der Gipfel der Provokation. Bolle geriet in Panik. Er musste etwas tun, sofort. Da er ja nicht der Hellste war und außerdem emotional aufgewühlt, handelte er im Affekt und ohne die Konsequenzen zu bedenken. Als wir uns von unserem Platz entfernten, nutzte er die einzige Gelegenheit, die ihm blieb, sein Leben zu retten.«
    »So ein Idiot! Du hattest recht. Ich ziehe mein Mitleid zurück.«
    »Siehst du, andererseits glaube ich, wenn man so arg in Bedrängnis gerät, schaltet das Gehirn ab und man wird nur noch von seinen Instinkten geleitet, die einem sagen: angreifen statt abwarten.«
    »Sind wir nicht eher Fluchttiere?«
    »Schon, das wäre Möglichkeit A, ist die aber nicht realisierbar, greift die B-Variante: Offensive. Erinnerst du dich an meine Oma Else? Blöde Frage, natürlich tust du das.«
    »Den Todesspaten?«
    »Ja, so nannte ich sie immer. Es gibt kein Foto von ihr, jedenfalls kein mir bekanntes, auf dem sie das Ding nicht bei sich trägt. Wir haben sie sogar damit beerdigt. Sie hat den Spaten benutzt wie einen Gehstock. Er stand vor ihrem Bett, während sie schlief. So, wie andere morgens zur Zigarette greifen, tastete sie als Erstes nach ihrer blutverkrusteten Stütze. Sie hackte damit alles entzwei, was ihr vor die Füße lief und sie war verflucht schnell.«
    »Sie hat doch sogar Hausers Katze Mietzi …!«
    »Zack. Sauber gespalten und auf den Kompost geschmissen. Früher war eben alles Ungeziefer, was nicht an der Kette lag oder als Mahlzeit taugte. Dieses Geräusch von Metall, das auf Asphalt schlug, wenn sie die Straße zu uns herunterkam. Klack, Klack . Ein Alptraum. Ich hatte Angst vor ihr. Sobald sie ihr Haus verließ, hörten die Vögel auf zu zwitschern. Ich sehe sie noch im Garten stehen, lauernd vor den Maulwurfshügeln. Sobald einer rauslugte, sauste Omas Guillotine herunter.«
    »Stimmt

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