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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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ermüdete dagegen zusehends.
    »Ich breche unser Gespräch nicht gerne ab, Kimberly, aber ich muss los. Wir reden morgen miteinander.« Sie verabschiedeten sich und damit gut. Marnie legte auf und wandte sich Laverne zu. »Warum halten dich eigentlich alle für meine Stiefmutter?«
    Laverne senkte den Blick aufs Bett und bohrte verlegen den Finger in die Bettdecke. »Ach so, das. Alle sind davon ausgegangen, dass wir irgendwie miteinander verwandt sind, und so habe ich dich einfach zu meiner Stieftochter ernannt. Es hat die Dinge vereinfacht.« Sie blickte auf und sah, dass Marnie belustigt den Kopf schüttelte.
    »Na, dann also los, Stiefmama«, meinte Marnie. »Wir haben noch ein paar Stunden Fahrt vor uns.«
    »Ich weiß nicht, ob das eine besonders gute Idee ist«, entgegnete Laverne. »Du siehst fix und fertig aus.«
    »Laverne, ich bleibe keine Minute länger als nötig in diesem Raum. Troy wartet auf mich.« Das Wissen, dass sie ihn bald sehen würde, verlieh ihr Flügel. Noch vor wenigen Minuten war sie von den Medikamenten und den Ereignissen des Tages völlig erledigt gewesen. Jetzt aber war sie hellwach und bereit zum Aufbruch.
    »Ich hab’s kapiert.« Laverne nahm die beigefarbene Fernbedienung zur Hand, die mit einem dicken Kabel mit dem Bett verbunden war. Sie studierte es kurz und drückte dann die rote Ruftaste.
    »Was machst du denn da?«, fragte Marnie mit vor Schreck lauter Stimme.
    »Wir geben der Krankenschwester Bescheid, dass du gehst.«
    »Nein, nein, nein! Nicht um Erlaubnis bitten. Dann sagen die doch dann nur, dass ich hier nicht weg kann.« Marnie nahm Laverne die Fernbedienung aus der Hand, doch es war schon zu spät. Aus der Gegensprechanlage über dem Bett kam eine Stimme. »Ja? Brauchen Sie etwas?«
    »Ich habe den Schalter versehentlich gedrückt«, erklärte Marnie. »Tut mir leid.«
    »Kein Problem.« Die Stimme verstummte.
    Marnie wandte sich energisch an Laverne. »Wenn du mir helfen willst, pack schon mal meine Sachen zusammen, während ich mich anziehe, damit wir gleich aufbrechen können.«
    »Wird gemacht.« Laverne blickte sich im Zimmer um und fand eine Plastiktüte mit dem Krankenhauslogo darauf. Sie steckte eine Schachtel Taschentücher in die Tüte und dazu eine Kunststoffschale, die die Krankenschwester Marnie gegeben hatte, falls sie erbrechen musste.
    Marnie stand langsam mit unsicheren, zittrigen Beinen auf. Es fühlte sich an wie ein Vorgeschmack darauf, sehr alt zu sein. Jede Bewegung erforderte ihre volle Konzentration. Sie ging zu dem Schrank, in dem ihre Kleider lagen, und zog sie aus dem Fach. Jemand hatte sie ordentlich gefaltet. Ihre Sandalen standen Seite an Seite ganz unten. Sie schob ihre übliche Schamhaftigkeit beiseite und zog sie sich unmittelbar vor Laverne um, kämpfte sich in ihren BH und schlüpfte in das graue Fundsachen-T-Shirt.
    Als sie so weit war, sich ihre Shorts und Sandalen anzuziehen, setzte sie sich auf den Stuhl neben dem Bett. Sie brauchte ziemlich lange, aber Laverne fiel das nicht auf. Sie war zu beschäftigt damit, im Bad Toilettenartikel einzusammeln.
    »Du bist ein Glückspilz«, sagte Laverne, als sie mit der inzwischen proppenvollen Tüte aus dem Badezimmer kam. »Da war eine ganze Schachtel Monatsbinden, Seife, eine kleine Shampooflasche und sogar etwas Händedesinfektionsmittel. Das Zeug ist wie Gold.«
    »Ich glaube nicht, dass man die Hygieneartikel mitnehmen sollte«, meinte Marnie. »Das hier ist kein Hotel.«
    Laverne schnaubte. »Soll das ein Scherz sein? Sie berechnen es dir sowieso. Da kannst du das Zeug auch einpacken. Später bist du froh darüber.«
    Marnie war nicht in der Stimmung, sich zu streiten. Sie überließ Laverne die Verantwortung und die hängte sich die zwei Handtaschen über, zog das Trageband der Plastiktüte heraus und legte es sich ums Handgelenk. »Jetzt sind wir so weit«, sagte sie, nachdem sie den Raum noch einmal gemustert hatte. Sie trat neben Marnie und reichte ihr stützend den Arm. »Immer mit der Ruhe, Mädel. Wir schaffen es schon, langsam, aber sicher.« Der leere Korridor hallte von ihren Schritten wider, aber niemand schien es zu bemerken. Sie kamen am Schwesternzimmer vorbei, aber auch das wirkte verlassen, abgesehen von einer einzelnen Frau, die ihnen den Rücken zugekehrt hatte. Sie saß über eine Tastatur gebeugt, gab etwas in einen Computer ein und blickte nicht auf, als sie vorbeigingen. Als sie den Lift erreichten, lehnte Marnie sich gegen die Wand, während Laverne den Schalter

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