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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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Sagen hatte und das Anordnen erledigte.
    Welche Aufgaben hatten die Hausangestellten? Für das Saubermachen gab es wohl extra Leute?
    Die mussten an- und eingewiesen werden, wenn sie kamen. Die beiden anderen Frauen waren ständig da.
    Bedienten sie beim Essen?
    Ja. Sie deckten den Tisch, denn in dem großen Esssaal fanden häufiger mal Koalitionsessen statt, und öfter gab es auch in einem etwas kleineren Kreis Essen. – Aber noch zu den dienstbaren Geistern: Frau Pirwitz, die jünger war als ich, und ich, wir verstanden uns gut. Die Ältere war sehr zurückhaltend. Eines Tages wollte ich für meinen Mann privat etwas kochen. Im Bungalow gab es eine riesige Küche mit einer großen Sitzecke. Ich arbeitete also in der Küche herum und machte Frikadellen, in die ich Haferflocken tat, weil ich kein altes Brot hatte. Frau Köpke schaute zu und sagte ganz selig: »So wollte Herr Adenauer das auch immer haben. Er wollte immer Haferflocken in die Frikadellen haben.« Von dem Tag an verhielt sie sich mir gegenüber völlig anders. Die Haferflocken in den Frikadellen haben ihre Einstellung mir gegenüber verändert. Das klingt komisch, aber es ist so. Und wie Frau Köpke auf einmal auftaute, das sah ich auch daran, dass sie eines Abends zu Radiomusik mit einem der Sicherheitsbeamten in der Küche tanzte; dabei war sie schon ziemlich betagt.
    Neben den beiden Frauen für den Haushalt hatten Sie auch einen Fahrer.
    Ich hatte einen Fahrer, und zu dem gibt es etwas zu erzählen. Er war einer von elf Brüdern, und einige von ihnen waren ebenfalls Fahrer, zum Teil auch in Diensten des Kanzleramtes. Als ihre Mutter starb, bin ich bei der Beerdigung gewesen. Ich kannte sie nur ganz flüchtig, aber so etwas von rührender Mutter habe ich selten kennengelernt. Wie sie ihre elf erwachsenen Söhne verwöhnte, das war einfach herzergreifend. Es war übrigens die erste katholische Beerdigung, die ich erlebt habe. Dabei gibt es stereotype Dinge, die wiederholt werden, in diesem Fall »Gott helfe deiner armen Seele« oder so etwas. Der Priester sagte nichts Persönliches über diese liebevolle Mutter. Bei späteren katholischen Beerdigungen hatte ich mich daran gewöhnt, dass dafür ein bestimmter Text vorgeschrieben ist – aber wenn man als Heide das erste Mal einen solchen Text hört …
    Die Beerdigung war so gar nicht auf die Person zugeschnitten, sondern folgte dem gewohnten Ritual.
    Irgendwann muss man das ja mal kennenlernen. Wenn man dieses Ritual von klein auf kennt, ist das sicher etwas anderes.
    Wenn ich richtig informiert bin, hatten Sie einen orangefarbenen Dienstwagen, einen 5er BMW. Erstaunliche Farbe. Und warum?
    Weil mir die Farbe – es war übrigens ein Knallrot – gut gefiel und weil ich dachte, mit der Farbe fällt das Auto nicht so auf, denn die war gerade in Mode. Ich sagte mir, ein schwarzes Auto sieht so offiziell aus. Ich wollte nicht auffallen, obwohl die Gefahr, dass jemand etwas Böses im Schilde führte, zumindest anfangs noch nicht gegeben war.
    Ein knallrotes Auto für die Frau des Kanzlers ist heute kaum vorstellbar, aber Ihre Gründe leuchten ein. – Haben Sie bemerkt, dass sich der Umgang der Freunde und Mitmenschen mit Ihnen als Kanzlergattin irgendwie veränderte?
    Nein.
    Gar nicht?
    Da kann ich nur Nein sagen.
    Waren Ihre Mitmenschen nicht auf einmal beflissener oder gar devoter?
    Also, wenn wir mal – was selten geschah – übers Wochenende nach Hamburg kamen, haben sich die Nachbarn so benommen wie immer, wie sie sich heute benehmen und wie sie sich früher benommen hatten. Nur meine Friseure sind ein eigenes Thema. Ich habe ja wenig Haare auf dem Kopf, dafür kann ich nichts, das ist wahrscheinlich genetisch bedingt. Deswegen hatte ich hier in Hamburg einen Friseur, der bestimmte Pflegemittel einsetzte. In Bad Godesberg fand ich einen, der die gleichen Mittel benutzte und von den oberen Zehntausend besucht wurde. Es war ein vornehmer Friseur, während meiner in Langenhorn hier um die Ecke eher einfach war.
    Wenn ich lange nicht in Hamburg gewesen war, musste ich mir gelegentlich auch in Bad Godesberg die Haare schneiden lassen. Lieber ging ich allerdings zu meinem Friseur in Langenhorn, weil ich ihn schon so lange kannte. Die beiden Friseure konnten also beobachten, wie der Kollege jeweils schnitt. Sowohl der Friseur in Hamburg als auch der in Bad Godesberg sagten, wenn ich zu ihnen kam: »Ja, der Kollege hat ganz anständig geschnitten …« Ich habe immer schon darauf gewartet, wenn

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