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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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Helmut auch. Die beiden schubsten uns zurück, weil sie als Erste in die Halle wollten. Sie war voller Menschen, und als der Diktator und seine Frau durch die Tür kamen, brauste der Jubel auf. Also, das war schon Byzantinismus pur, ekelerregend. Aber solche Rippenstöße wie von den Ceauescus haben wir nie und nirgendwo wieder erleben müssen.
    Haben Sie denn mit Frau Ceauescu gesprochen?
    Irgendwas haben wir natürlich miteinander geredet, aber das war sicherlich nicht bedeutend. Spaß hat es mir unter Garantie nicht gemacht.
    Die Ceauescus waren schon ein besonders unangenehmes Paar, und sie war, glaube ich, noch schlimmer als er.
    Das ist das, was man hinterher gehört hat.
    Sie sah wahrscheinlich schon so brutal aus.
    Auf die Schönheit meiner Gastgeber habe ich nicht so sehr geachtet. Hin und wieder gab es aber mal jemanden, bei dem man gleich, wenn man ihn nur sah, wusste, dass man ihn mochte. Das ist aber ja andersrum genauso. Und was die Frau Ceauescu angeht: Als attraktiv habe ich die wahrlich nicht in Erinnerung.
    Etwas freundlicher gestaltete sich 1979 der Besuch beim bulgarischen Staatschef Todor Schiwkow. Der damals dienstälteste Alleinherrscher im Ostblock soll Sinn für Humor gehabt haben. Haben Sie davon etwas mitbekommen?
    Oh – Schiwkow war ein Sonderfall. Er hatte eine erwachsene Tochter, die Kunstgeschichte studiert hatte und zu Studienzwecken im Römisch-Germanischen Museum in Köln gewesen war. Ich kannte sie von damals, und wir verstanden uns gut. Diese Tatsache hat sicher auch während unseres Besuchs bei Herrn Schiwkow eine Rolle gespielt. Ich erinnere noch, dass er uns ganz besonders herzlich begrüßte. Wir unterhielten uns in einer sehr angenehmen Atmosphäre. Schiwkow hatte Humor, sicher keine Selbstverständlichkeit für einen Ostblockführer, und er erzählte sogar Witze über sich.
    Einen davon zitiert Ihr Mann in einem seiner Bücher: »Die orthodoxe Kirche hat in Hunderten von Jahren vergeblich versucht, das Volk zum Fasten zu bewegen. Wir haben das in wenigen Jahren geschafft.« Schiwkow besaß also Selbstironie …
    … und, wenn man das bei einem offiziellen Besuch überhaupt sagen kann: Er war beinahe herzlich. Wir haben uns gut unterhalten. Nach einiger Zeit wollten die Männer dann allein weiterreden, und ich wurde bei einem Gärtner abgeliefert, der mir den Park der Residenz zeigen sollte. Er konnte gut Deutsch, und dann hat er mir klargemacht, dass der Park von dem und dem Gärtner angelegt worden sei, und das habe der in Deutschland gelernt. Wirklich, bei Schiwkow war das ein ausgesprochen deutschlandfreundliches Haus, bis zum Gärtner herunter. Das hat mich damals sehr erstaunt. Und was mich angeht, verlief der Besuch so angenehm locker, wie ich das bei anderen offiziellen Gelegenheiten nie erlebt habe.
    Waren Sie noch in anderen Ostblockländern? Über Russland haben wir schon gesprochen …
    Offiziell?
    Ja. Polen oder Tschechoslowakei?
    Ja, aber das war vorher, als meine Tochter und ich mit Helmut, damals noch Bundestagsabgeordneter, eine private Reise durch die beiden Länder in die Sowjetunion gemacht haben.
    Wie war das, wenn Sie im Konvoi durch die häufig nicht sehr attraktiven Hauptstädte des Kommunismus fuhren?
    Mir ist da nicht viel aufgefallen, was zu bemängeln gewesen wäre. Fahren Sie mal in Deutschland durch bestimmte Städte, die sind auch nicht immer prächtig.
    Ich meine jetzt den Zustand der Hauptstädte im Ostblock. War der nicht manchmal ein bisschen armselig?
    Dass die besonders schmutzig oder verkommen waren, kann ich nicht sagen. Wenn man da schnell durchfährt, vom Flughafen her etwa, bekommt man ohnehin nicht so viel mit. Ich nehme auch an, dass man an unserer Wegstrecke vorher ein bisschen aufgeräumt hat …
    … seit Potemkin wussten die ja, wie das geht. – Ein besonderes Ereignis war doch sicher die Kanzlerreise nach China 1975. War das Ihr erster Besuch Chinas?
    Ja, aber ich wusste schon einiges über China, weil mich das Land immer interessiert hatte – die uralte Kultur, die chinesische Malerei. Die kulturellen Leistungen der Chinesen über die Jahrtausende hinweg habe ich immer bewundert. Bei unserem ersten Besuch ist mir etwas aufgefallen: VieleLastwagen waren mit einem besonderen Gemüse beladen. Wie sich herausstellte, war das Chinakohl, den wir in Deutschland erst nach dem Krieg kennengelernt haben. Dieser leckere Kohl, das weiß ich noch, ist mir aufgefallen, weil er in solchen Mengen durch die Straßen gefahren wurde.

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