Auf dem Weg zu Jakob
passiere Barran . Kaum vorstellbar, wie grün und frisch hier alles ist. Überall tropft Wasser von den Felsen. Dann wieder saftige Wiesen, von Bruchsteinmauern umgeben. Nie hätte ich geglaubt, wie hügelig die Landschaft hier ist. Für Radfahrer ist dieses stete Auf und Ab mühselig.
Hinter Castro gibt es wieder mal ein Gefälle, und dann erblicke ich auch schon hinter Higon den ersten Hórreo . Das sind kleine rechteckige Vorratsschuppen aus Holz oder Stein, die auf Pfeilern erbaut wurden, was es Mäusen oder anderen Tieren unmöglich oder zumindest recht schwer macht, sich an dem in den Hórreos gelagerten Mais zu vergreifen.
Der Campingplatz in Portomarín liegt abgelegen unterhalb des Ortes in einem Freizeitgelände in Stauseenähe. Auch dieser Campingplatz ist eigentlich nur im Sommer geöffnet - nur ein einziges anderes Zelt ist dort aufgebaut. Mir ist das etwas zu einsam, als dass ich mein Zelt jetzt dazustelle. Aber im Hotel zu wohnen belastet die ohnehin schon ziemlich strapazierte Urlaubskasse mehr als geplant.
Hier in Portomarín wurde der Río Miño in den 60er Jahren zum Stausee umfunktioniert. Dabei versank ein Großteil der mittelalterlichen Ortschaft in den Fluten. Lediglich die historischen Gebäude, die seit 1946 unter Denkmalschutz stehen, hat man Stein für Stein abgetragen und an einer anderen Stelle mit dem alten Material neu errichtetet. So z.B. die Wehrkirche San Nicholás aus dem 13./14. Jahrhundert, deren Portale reich mit Figuren geschmückt sind ( Seite 122). Auf mich wirkt sie deplaziert, da wo sie jetzt steht. Vielleicht auch, weil sie sowieso etwas seltsam aussieht - blockartig, fast fensterlos und streng.
Jeder Steinquader ist nummeriert. Das muss eine Höllenarbeit gewesen sein, die historischen Gebäude wieder neu aufzubauen. Aber man hat wohl auch nur die wichtigsten gerettet, denn wenn der Wasserpegel im Reservoir niedrig ist, kann man manchmal noch den mittelalterlichen Brückenbogen erkennen. Auch die Kirche Santa María de la Nieves hat man den Fluten überlassen und zur Erinnerung an sie nur eine kleine Kapelle Virgen de la Nieves am Ortseingang errichtet. Die Wohnhäuser des Ortes stammen alle aus den architektonisch originellen 60er-Jahren oder sind neueren Datums.
Das Radlerehepaar aus Dortmund ist auch schon hier, findet aber noch keinen Einlass in die Herberge, da grundsätzlich Fußpilger Vortritt haben. Natürlich ist zu verstehen, dass ein Fußwanderer, wenn die Herberge voll ist, nicht noch viele Kilometer zur nächsten Herberge weiter laufen kann, aber ist es mit Radfahrern nicht ähnlich? Die sind ja meistens auch schon entsprechend viele Kilometer geradelt und manchmal auch ziemlich fertig. Als ich in Puente la Reina eintraf, wäre ich nicht mehr in der Lage gewesen, noch 5 km weiter zum Campingplatz zu fahren.
Jetzt aber bin ich ja motorisiert und da Portomarín nicht so berauschend ist, dass ich unbedingt da bleiben möchte, fahre ich weiter. Ein bisschen getrieben fühle ich mich schon. Eigentlich wollte ich ja gar nicht so rasant nach Santiago gelangen. Schließlich habe ich noch etwas länger Zeit. Aber was soll's. Notfalls werde ich einfach die Küstenregion erforschen.
Auch die Strecke nach Palas del Rei ist ein einziges Rauf und Runter. Ich fahre an einem Radpilger vorbei der ordentlich nach Luft schnappend am Straßenrand in einer Schatteninsel pausiert. Ich weiß, was das heißt, an einer viel befahrenen Autostraße in glühender Hitze Steigungen zu bewältigen. Es sind hier zwar keine Gebirgspässe zu bezwingen, aber die Steigungen sind nicht zu verachten. Beiläufig fällt mir auf, dass die Landwirtschaft mehr und mehr zu Viehwirtschaft tendiert, vorrangig Milchfarmen.
Unweit von Palas del Rei gelange ich an eine Abzweigung, die nach Villar de Doñas führt. Wäre ich nur mit dem Rad unterwegs, hätte ich wahrscheinlich wohl auf diesen Abstecher, der insgesamt noch mal zusätzlich 5 km auf die Uhr bringt, verzichtet. Aber das wäre schade gewesen. Hier in Villar de Doñas ist heute nur noch die Kirche El Salvador (12. Jh.) übrig, denn früher gab es einmal ein ganzes Kloster. In der einschiffigen Kirche stehen Sarkophage. Dennoch wirkt es nicht beklemmend, sondern fast schon romantisch. Die Wand- und Deckenmalereien sind zwar schon etwas verblichen, aber über dem Altar lacht ein Gesicht herab, das wie die liebe Sonne aussieht, Schwerter und Jakobsmuscheln sind in den Stein gehauen.
Was mir noch auffällt in diesem kleinen Ort ist die
Weitere Kostenlose Bücher