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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Heizöl, und auch das Telefon funktionierte noch. Der ummauerte Hof bot Platz für sechs Pkw. Zudem gab es einen Hinterausgang, durch den man, sollte eine Polizeistreife an der Vordertür Einlaß begehren, entwischen konnte. Überdies wohnte der Vermieter nicht im Hause.
    Anhand des in Coburns Büro an die Wand gepinnten Stadtplans suchten sie sich drei weitere leerstehende Häuser als Ausweichquartiere heraus.
    Im Laufe des Tages fuhr Coburn einen Wagen nach dem anderen zu den vier Häusern, vor denen er jeweils drei Fahrzeuge abstellte.
    Da die Familien mit Militärausweisen stets über die beste Verpflegung verfügten, konsultierte er erneut seinen Stadtplan und versuchte, sich daran zu erinnern, welche der Ehefrauen von EDS-Mitarbeitern bei den amerikanischen Streitkräften gearbeitet hatten. Er kam auf acht vielversprechende Adressen. Dort wollte er am nächsten Tag Konserven und Getränke für die konspirativen Wohnungen besorgen.
    Am selben Abend noch rief er, allein in TaylorsWohnung, in Dallas an und ließ sich mit Merv Stauffer verbinden.
    Stauffer war aufgeräumt wie immer. »Hallo, Jay. Wie geht’s, wie steht’s?«
    »Prima.«
    »Fein, daß du anrufst, ich hab’ nämlich eine Nachricht für dich. Hast du was zum Schreiben?«
    »Klar doch.«
    »Also dann: Honky Keith Goofball Zero Honky Dummy « –
    »Merv«, unterbrach ihn Coburn.
    »Jaa-aa?«
    »Zum Kuckuck, was quatscht du da eigentlich?«
    »Das ist doch der Code, Jay.«
    »Und was heißt Honky Keith Goofball?«
    »H steht für Honky, K für Keith –«
    »Merv, H heißt Hotel, K heißt Kilo ...«
    »Ach so!« sagte Stauffer. »Mir ist gar nicht aufgegangen, daß wir ganz bestimmte Wörter benutzen sollen ...«
    Coburn lachte. »Hör zu«, sagte er. »Laß dir von irgendwem das Militäralphabet beibringen, bevor du wieder anrufst.«
    Stauffer mußte über sich selber lachen. »Mach’ ich«, sagte er.
    »Für heute müssen wir allerdings mit einer eigenen Version zurechtkommen.«
    »Na, dann schieß los.«
    Coburn notierte die verschlüsselte Nachricht und gab Stauffer – ebenfalls verschlüsselt – seinen Standort und seine Telefonnummer durch. Nachdem er aufgelegt hatte, dechiffrierte er die Nachricht.
    Sie war erfreulich. Simons und Joe Poché sollten am nächsten Tag in Teheran eintreffen.
    *
    Am elften Januar, dem Tag, an dem Coburn in Teheran ankam und Perot nach London flog, saßen Paul und Bill seit genau zwei Wochen im Gefängnis.
    In der ganzen Zeit hatten sie ein einziges Mal duschen können. Wenn die Aufseher erfuhren, daß es heißes Wasser gab, durfte jede Zelle fünf Minuten lang die Dusche benutzen. Wenn sich die Männer in die Kabinen drängten, um für kurze Zeit den Luxus von Wärme und Sauberkeit zu genießen, legten sie sich keine Zurückhaltung auf und wuschen nicht nur sich selbst, sondern gleichzeitig auch alle ihre Kleidungsstücke.
    Nach einer Woche war der Gefängnisküche das Propangas ausgegangen. Das Essen, das schon bisher an Gemüsemangel gelitten und nach Stärke geschmeckt hatte, blieb jetzt auch noch kalt. Glücklicherweise erlaubte man ihnen, ihre Speisekarte um Apfelsinen, Äpfel und Nüsse zu erweitern, die von Besuchern mitgebracht wurden.
    Fast jeden Abend gab es ein oder zwei Stunden lang keinen Strom, die Gefangenen mußten sich mit Kerzen oder Taschenlampen behelfen. In dem Gefängnis saßen stellvertretende Minister, Geschäftspartner der Regierung und Teheraner Unternehmer. Zwei Höflinge der Kaiserin saßen bei Paul und Bill in Zelle fünf. Der neueste Zugang war Dr. Siazi, der im Gesundheitsministerium unter Dr. Scheik als Leiter der Abteilung für Rehabilitation fungiert hatte. Siazi war Psychologe und nutzte seine Kenntnisse über die menschliche Seele, um seine Mitgefangenen bei Laune zu halten. Ständig dachte er sich neue Spiele und Ablenkungen aus, die das trostlose Einerlei erträglicher machten. Er führte ein Nachtmahl-Ritual ein, nach dem jeder Zellenbewohner erst dann essen durfte, wenn er einen Witz zum besten gegeben hatte.
    Zwischen Paul und dem »Vater« ihrer Zelle – das heißt, demjenigen, der am längsten einsaß und einem ungeschriebenen Gesetz zufolge Zellenboß war – entwickelte sich eine seltsam enge Beziehung. Er war ein kleiner,älterer Herr, der sein Möglichstes tat, den Amerikanern zu helfen, indem er sie zum Essen ermunterte und die Wärter bestach, ihnen kleine Sonderwünsche zu erfüllen. Er konnte nur etwa ein Dutzend Worte Englisch und Paul nur wenig Farsi, aber

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