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Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick

Titel: Auf den zweiten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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nach L. A. brachte? »Connor mag das Wiegenbrett«, meinte sie vorsichtig, sie wollte sich am Vertrauten festklammern.
    »Connor liebt seine Mutter«, sagte Alex. Er sah Cassie ins Gesicht, und seine Augen flehten, was er nicht ausgesprochen hatte: Und alle sollen ihn mit dir zusammen sehen. Er wartete, bis Cassie nickte, und atmete dann seufzend aus. Es war ein Drahtseilakt, das war ihm klar, aber bestimmt würde Cassie einsehen, wie wichtig der erste Eindruck war.
    Alex sammelte die übrigen Taschen auf und hängte sie sich über die Schulter. An der Tür blieb er stehen und drehte sich zu Cassie um. »Danke«, sagte er leise.
    »Wofür?«
    »Dafür, daß du das für mich tust. Daß du zurückgekommen bist.«
    Das aufrichtige Gefühl, das aus seinen Augen sprach, ließ Cassie ihre Angst überwinden. Sie nahm seine Hand und holte tief Luft.
    Die schwarzen Punkte verschwammen ihr vor den Augen, aber obwohl die Reporter immer weiter Fotos schössen und Videoaufnahmen machten, klebte ein Lächeln auf Cassies Gesicht und ihr Blick an Alex, als habe sie sich ganz neu in ihn verliebt.
    »Ich weiß«, erklärte Alex kalt, »daß es eine Menge Gerüchte über das Verschwinden meiner Frau gegeben hat.« Er legte seinen Arm um ihre Taille. »Wie Sie sehen können, ist sie durchaus lebendig, was eine besonders geschmacklose Theorie über mich widerlegt. Und wie Sie ebenfalls sehen können, war sie beschäftigt. Unser Sohn Connor wurde am achtzehnten August geboren.«
    Der Reporter vom Enquirer wedelte mit seinem Stift in der Luft. »Ist es Ihr Sohn?«
    Alex preßte die Lippen zusammen. »Diese Frage ist keiner Antwort würdig.«
    »Wieso ist Ihre Frau dann weggelaufen?« fragte eine Korrespondentin von Variety.
    »Sie ist nicht weggelaufen, ich habe sie weggeschickt. Wir wollten unser Kind in Frieden bekommen, ohne daß uns die ganze Welt dabei über die Schulter sieht.« Seine Stimme wurde bedrohlich leise. »Ihr Reporter lauert wie Raubtiere auf ein Opfer und schürt so lange Gerüchte, bis sie die Wahrheit verdrängt haben. Verschwendet ihr eigentlich auch nur einen Gedanken an die Menschen, deren Leben ihr ruiniert? Denkt ihr eigentlich jemals daran, welchen Schaden ihr anrichtet, wenn ihr Menschen dazu zwingt, ihre Familie zu verstecken, nur damit ihnen ein winziger Rest an Privatsphäre bleibt? Mich macht schon meine Karriere zu einer Person von öffentlichem Interesse. Euch brauche ich nicht dazu.« Alex machte einen Schritt auf die schweigenden Reporter zu. »Bevor ihr euch auf die Pressefreiheit beruft, denkt daran, daß wir das Recht auf einen fairen Prozeß haben, bevor man uns verurteilt.«
    Alex wandte sich an Cassie, die sich von ihrem ersten Schrecken angesichts dieser eindringlichen Rede erholt hatte und ihm nun aufmunternd zulächelte. Sie legte den Arm um seine Taille, und gemeinsam verschwanden sie in der Flughafenhalle, verfolgt nur von dem leiser werdenden Surren der Kameras.
    Noch lange nachdem sie außer Sicht waren, standen die Reporter verdutzt und belämmert beisammen. Statt wie einige andere Stars Kameras zu zerschmettern oder Videobänder aus den Kassetten zu reißen, hatte Alex Rivers es geschafft, sie auf subtile Weise gründlich zu beschämen. Ganz offensichtlich hatte Alex Rivers seiner Frau nichts angetan. Genauso offensichtlich war sie immer noch bis über beide Ohren in ihn verliebt. Und alle hatten mit eigenen Augen den Beweis dafür gesehen - einen hübschen kleinen Jungen mit Alex Rivers’ silbernen Augen.
    Die Reporterin von NBC winkte ihrem Kameramann und zog sich in eine ruhige Ecke zurück, um ihren Kommentar zu sprechen. Sie holte eine Puderdose aus der Tasche, rückte sich die Frisur zurecht und meinte dann zu einem UPI-Korrespondenten, der sich immer noch fieberhaft Notizen machte: »Mich trifft der Schlag. Er hat sich wieder zum Helden gemacht. Hundert Millionen Menschen da draußen werden uns jetzt für die große, böse Pressemeute halten, während Alex Rivers und seine Kleinfamilie als Heilige dastehen, die wie ganz normale Menschen leben wollen.«
    Es war ein schwacher Trost, daß jeder Fernsehsender an diesem Tag gehörig zu schlucken hatte; sie schüttelte den Kopf und deutete dem Kameramann mit erhobener Hand an, daß sie bereit war. Sie straffte die Schultern. »Heute abend machte Alex Rivers auf dem Flughafen von Los Angeles dem monatelangen Rätselraten um das Verschwinden seiner Frau ein Ende. Trotz der vielen, von den Medien in Umlauf gebrachten Gerüchte, die seiner

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