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Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick

Titel: Auf den zweiten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Fingerspitzen über meine. »Hier«, sagte er und tupfte mit dem Finger auf meine Handfläche, als könne er die Flecken sehen. »Und hier.« Er sah mich an. »Ich wünschte, ich hätte damals mitkommen können.«
    Ich zog meine Hand zurück. Ich spürte, wie mir Schweiß über den Rücken lief. »Ich sollte jetzt lieber gehen«, erklärte ich hastig. »Danke für das wunderbare Essen.« Ich stand auf, bevor ich es mir anders überlegen konnte; bevor er mich umstimmen konnte.
    Alex sah mich lange an, dann stand auch er auf und rollte sich die Ärmel herunter. Er zog die Smokingjacke an und geleitete mich aus dem Zelt. Die beiden Fackeln am Zelteingang malten schimmernde, flackernde, brennende Rottöne auf die Erde. »Ich habe John gesagt, daß ich Sie selbst zurückbringen würde«, sagte Alex leise. »Ich hoffe, das macht Ihnen nichts aus.«
    »Ich möchte Ihnen keine Umstände machen«, antwortete ich, dabei war mir klar, daß es gar nicht anders ging. Ich hätte eine Höllenangst davor gehabt, so spät am Abend allein zur Lodge zurückzufahren; und ich konnte mir auch nicht einfach ein Taxi rufen.
    Alex half mir in den Jeep und kletterte dann auf den Fahrersitz. Er zündete sich eine Zigarette an, und das überraschte mich - ich hatte ihn nicht für einen Raucher gehalten. Aber er machte nur ein paar Züge, dann warf er die Zigarette zum Fenster hinaus, so daß ich sein Gesicht nicht mehr in dem karmesinroten Leuchten der Glut ausmachen konnte.
    Den ganzen Weg zurück zur Lodge sagte er kein Wort. Ich spürte, daß ich ihn vor den Kopf gestoßen hatte, und ließ mir den ganzen Abend noch mal durch den Kopf gehen, aber abgesehen von unserem Streit am Anfang gab es nichts, was er mißverstanden haben könnte - außer daß ich ihm meine Hand entzogen hatte. Ich wollte einfach keinen Fehler machen. Ich kannte mich mit der Art von Spielen nicht aus, die Leute wie Alex Rivers spielten. Er wird darüber hinwegkommen, sagte ich mir. Er ist es einfach nicht gewohnt, daß jemand nein sagt.
    Als er den Jeep auf dem Parkplatz vor der Lodge anhielt und mir die Tür aufmachte, überlegte ich schon fieberhaft, wie ich mich möglichst elegant verabschieden konnte, ohne augenblicklich davonzurennen, sobald meine Füße den Boden berührten. Dann lachte ich. Er war bloß ein Mann. Ein Schauspieler. Wovor fürchtete ich mich so?
    Vor mir selbst. Die Antwort schoß mir durch den Kopf, noch bevor Alex die Wagentür zuschlug und mich in seinen Armen einfing. Ich fürchtete mich davor, was er mit mir anstellen könnte, seit ich mit angesehen hatte, wie er mir am Nachmittag meine eigenen Träume vorgespielt hatte. Ich machte einen Schritt zurück und preßte mich an den Jeep. Alex starrte mich an, aber er stand im Schatten, und ich sah nichts außer dem bemerkenswerten Silber seiner Augen. »Sie sind schön«, sagte er bloß.
    Ich drehte mich weg. »Sie lügen«, sagte ich. »Sie spielen mir was vor.« Man hatte mich als intelligent oder ehrgeizig bezeichnet - aber noch nie hatte mir jemand gesagt, daß ich schön sei. Ich habe immer gedacht, daß Connor das eines Tages gesagt hätte, aber er hatte keine Gelegenheit dazu gehabt.
    Ich wurde wieder wütend, so wütend wie am Anfang, weil Alex Rivers einen wunderschönen Abend verdorben hatte. Bevor er seinen Mund aufgemacht hatte, hätte ich mit einem Lächeln auf diesen Abend zurückblicken können, an dem ich ein Candlelight-Dinner in der Serengeti erlebt hatte. Ich hätte heute abend ins Bett gehen, die Augen schließen und meine Erinnerungen mit Gesprächen voller Esprit und leisen erotischen Untertönen würzen können, bis sie genau das widerspiegelten, was ich mir erträumte. Doch mit seiner frechen Lüge hatte Alex die Grenze überschritten. Plötzlich kam mir der ganze Abend vor, als habe er sich auf meine Kosten einen Riesenspaß gemacht.
    Alex faßte mich an den Schultern. »Ich lüge nicht«, sagte er. »Und ich spiele Ihnen ganz bestimmt nichts vor.« Er schüttelte mich sacht. »Wieso ist es denn so schlimm, wenn ich sage, daß Sie schön sind?«
    »Weil ich nicht schön bin«, antwortete ich so gelassen wie möglich, weil ich hoffte, daß es dann nicht ganz so weh tat. »Sehen Sie sich doch um. Sehen Sie sich Janet Sowieso an oder all die anderen Schauspielerinnen, mit denen Sie gearbeitet haben.«
    Er hielt mein Gesicht in den Händen. » Sie tauchen mitten in der Wüste in einem sexy schwarzen Kleid auf. Sie hören mir so aufmerksam zu, daß man glauben könnte, ich würde

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