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Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman

Titel: Auf der anderen Seite ist das Gras viel gruener - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Ahnung von Whisky. Ich sag dir mal was: Der 1971er war 2002 schon locker zweihundertsechzig Euro die Flasche wert, und jetzt werden sie teilweise mit über fünfhundert gehandelt. In zehn Jahren sind sie ein Vermögen wert. Mal abgesehen davon, dass sie auch echt gut schmecken und 1971 zufällig Gereons und Felix’ Geburtsjahr ist. Wenn das mal nicht originell ist und Stil hat. Weshalb ich ja auch keine Kosten gescheut und die fünf anderen Flaschen gleich für Felix und mich gekauft habe, als Kapitalanlage.«
    »Wie fürsorglich«, sagte ich sarkastisch. Florian kaufte andauernd Sachen für Felix mit, und das Besondere daran war, dass Felix sie zwar bezahlte, aber weder benötigte noch nutzte. Wie zum Beispiel dieses Segelboot in Kiel, das Florian, Gereon und Felix zu gleichen Teilen gehörte, auf dem Felix bisher aber höchstens vier Tage verbracht hatte.
    Florian wedelte immer noch mit dem Handtuch. »Jetzt komm doch endlich raus da, ich muss mal für kleine Jungs. Ich guck auch weg, falls du dich wegen deiner kleinen Brüste genieren solltest.«
    Der Typ war so ein Arschloch. Aber erstens war das hier mein Bad, und ich musste mich darin nicht herumkommandieren lassen, schon gar nicht von einem Einbrecher, und zweitens hatte ich überhaupt keine kleinen Brüste, höchstens wenn man sie mit diesen 70-Doppel-D-Körbchen verglich, die seine Freundinnen in der Regel aufzuweisen hatten. »Nein«, sagte ich bestimmt. »Ich bleibe in der Wanne! Ich saß hier gerade mal eine Minute drin, als du eingebrochen bist. Und wenn du unbedingt pinkeln musst, dann guck ich halt weg. Falls du dich für deinen kleinen Pimmel genierst.«
    Jetzt war es an Florian, finster zu gucken. »Kati, wie sie leibt und lebt, prüde und zickig. Weißt du eigentlich, dass es Frauen wie du sind, die mir eine Heidenangst vor der Ehe einjagen?«, sagte er, wobei er sich wieder dem Spiegel zuwandte und seine Frisur kontrollierte. Entweder musste er doch nicht so dringend, oder er hatte wirklich einen kleinen Pimmel.
    »Aber du musst keine Angst vor Frauen wie mir haben«, versicherte ich ihm. »Denn von denen käme keine auf die Idee, dich heiraten zu wollen.«
    Florian seufzte. »Aber nur, weil ich einen weiten, weiten Bogen um diese Sorte Frauen mache und die offenbar genügend gutmütige Trottel finden, die es mit ihnen aushalten, so wie mein armer Bruder. Also gut, dann bin ich mal weg. Sag Felix schöne Grüße. Die Kartons und Flaschen stehen im Flur. Du musst sie nur noch hübsch und stylisch verpacken und eine Karte schreiben.«
    Na klar, das Verpacken war natürlich Frauensache. Ich verkniff mir mit Mühe eine weitere Bemerkung und beschränkte mich auf unfreundliche Blicke. Mittlerweile hätte ich auch gar nicht mehr anders gucken können.
    »Wir sehen uns dann am Freitag bei Gereons Party«, sagte er. »Falls du nicht Migräne bekommst oder so.«
    Schon hatte er mich aus der Reserve gelockt. »Ich hatte noch nie im Leben Migräne«, sagte ich.
    »Nicht? Aber ich finde, du bist haargenau der Typ dafür.« Florian grinste fies, bevor er die Badezimmertür hinter sich zuzog.
    »Hey!«, brüllte ich ihm hinterher. »Lass bloß den Schlüssel hier, hörst du?«
    »Ja doch, du prämenstrueller, pseudoemanzipierter Männeralbtraum«, hörte ich ihn noch – weil nicht eben leise – sagen, dann fiel die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss.
    » Und untervögelt«, murmelte ich erbittert. Sosehr ich Felix liebte, so sehr stand ich mit seiner Familie auf Kriegsfuß. Es war eine Schande, dass sie alle in derselben Stadt wohnten und ständig präsent waren, während ich meine eigene, geliebte Familie viel zu selten sah.
    Ganz sicher hätte ich mich bei Felix ausgiebig über Florian beklagt und darüber, dass er ihm einfach so den Wohnungsschlüssel überreicht hatte, aber als Felix endlich nach Hause kam, hatte er diese Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen, die besagte, dass sein Tag bereits hart genug gewesen war. Also beschränkte ich mich darauf, die Geschichte mit dem vermeintlichen Einbrecher so zu erzählen, als wäre sie witzig, und lästerte über Whisky und die Typen, die ein Schweinegeld dafür ausgaben. Alles nur, damit Felix mal lächelte. Er wiederum lobte mein Essen sehr, was mir bewies, dass er mit den Gedanken woanders sein musste (das lange Köcheln hatte nichts verbessert, im Gegenteil), und auch meine Versuche, die Kommunikation auf unsere Beziehung im Allgemeinen und mein Dekolleté im Besonderen zu lenken, scheiterten schlicht an

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