Auf der Suche nach Tony McKay
Pfannkuchen mit Ahornsirup.
‘Wie weit ist das denn noch bis Kansas?’ fragt Britta.
‘Haben schon mehr als die Hälfte,’ sagt Bill.
Der Kaffee ist erträglich, mehr aber auch nicht, dafür gibt es davon so viel man will, was ein kleiner Trost ist. Und dann kommt für jeden von uns ein Riesenstapel Pfannkuchen. Nach ungefähr einem Viertel bin ich derart satt, dass ich mir schwöre für die nächsten drei Tage keine feste Nahrung mehr zu mir zu nehmen. Ich beginne zu verstehen, warum die hier ein derartiges Problem mit dem Übergewicht haben, denn bei diesen Portionen würde ich auch bald wie ein Teletubby aussehen.
‘Wie bist du eigentlich dazu gekommen, in New York vor der Bank zu protestieren?’ fragt Heiko Bill.
‘Lange Geschichte,’ antwortet Bill. ‘Ich dachte früher immer, dass Amerika gibt allen Menschen Möglichkeit, aus ihre Leben etwas zu machen. Das haben die uns in der Schule gesagt, nämlich dass alle haben die gleichen Chancen hier, jeder kann reich werden. Und ich hab’ das auch immer geglaubt, auch wenn mal nicht so gut lief in mein Leben, ich hab’ gedacht, “Bill, musst nur bisschen härter arbeiten, mehr Mühe geben.” Aber das stimmt alles nicht. Die Krise mit die Banken hat, wie sagt man, meine Augen aufgemacht. Alle die Banker, die die Krise erst gemacht haben, die haben nicht dafür bezahlt. Sind immer nur kleine Leute, die bezahlen. Leute wie ich oder mein Sohn.’
Bill nimmt einen Schluck Kaffee und guckt sich im Diner um. Ein paar müde aussehende Leute sitzen über ihrem Frühstück.
Wir warten, ob Bill noch weiter sprechen wird, aber er scheint in Gedanken versunken.
Dann seufzt er einmal, schüttelt seine Erinnerungen ab und sagt,
‘So, weiterfahren?’
Wir beschließen, dass Britta und ich den Tag über fahren werden, während Bill und Heiko sich nach hinten zum Schlafen legen. Ich versuche den Wagen zu starten, aber der gibt nur einen kränklichen Ton von sich. Ich probiere es noch einmal und diesmal springt der Motor an. Ich lenke das Monster von einem Gefährt vom Parkplatz herunter und auf die Straße. Das Ding kommt unheimlich schwer in Gang. Ich gebe etwas mehr Gas und wir beschleunigen auch ein ganz klein wenig, doch plötzlich gibt es einen lauten Knall, der Winnebago macht die Andeutung eines Hüpfers, dann kommt er mit einem Ruck zum Stillstand und streckt alle viere von sich, metaphorisch gesprochen.
‘Das war ja irgendwie vorauszusehen,’ sagt Britta.
Wir sitzen in dem kleinen zugemüllten Büro einer Reparaturwerkstatt. Der Mechaniker hat uns gerade ausgeführt, dass sich aufgrund des kontinuierlichen Ölverlustes, den die Ölwarnlampe, die irgendwo in Ohio ihren Geist aufgegeben haben muss, nicht angezeigt hat, die Kolben festgefressen haben und wir einen komplett neuen Motor brauchen. Nicht nur kostet dies Zeit, es kostet auch jede Menge Geld - der Mechaniker rechnet mit $5000 und circa zwei Tagen Arbeit, aber das auch nur, wenn sein Kumpel vom Schrottplatz gerade einen passenden Motor rumliegen hat. Wenn nicht und der Motor direkt vom Werk bestellt werden muss, dann mindestens eine Woche und näher an die $15.000 Dollar.
‘Na super,’ sagt Heiko, ‘für den Rest unseres Trips nur noch trocken Toastbrot und Leitungswasser.’
‘Where is the motel strip?’ fragt Britta. Der Mechaniker weist mit dem Daumen hinter sich.
‘Mile down the road,’ antwortet er.
‘Dann können wir uns diesen Bogen ja mal aus der Nähe ansehen,’ sagt Heiko und versucht etwas Positives an der Situation zu finden, während wir unsere Koffer die schmuddelige Straße am Motel-Strip herunterziehen.
‘Klar,’ sagt Britta grimmig, die ihre Wiedervereinigung mit Staszek und die darauf folgende traute Häuslichkeit in weite Ferne gerückt sieht, ‘und hinterher machen wir eine Fahrt auf einem Raddampfer den Mississippi runter bis nach New Orleans.’
Bill ist außer Heiko der einzige, den das Unglück mit dem Winnebago nicht weiter zu betrüben scheint, dabei ist das doch sein Zuhause.
Die Strasse hat die übliche Ansammlung an billigen Motelketten. Wir versuchen es in einem Motel 6, doch das ist komplett voll - der Füllersammlerkongress zieht offenbar die Massen an.
Wir ziehen weiter mit unseren Koffern.
‘Wenn wir sowieso schon mal hier sind, vielleicht können wir da mal vorbei gucken,’ sagt Heiko.
Britta guckt ihn verständnislos an und schüttelt den Kopf. Er zuckt mit den Schultern.
‘Ich mein, ich hab’ auch noch meinen
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