Auf die Freundschaft!
zusammen. Peinlich berührt ging ich wieder ins Wohnzimmer.
„Wisst ihr, was man allen Eltern ersparen sollte? Seinen Sohn beim Sex mit seiner Freundin zu erwischen.“
„Was?“, schrie Karin und sprang auf.
Hannah gluckste. „Das findest du schlimm? Ich wurde mindestens fünf Mal von meinen Eltern erwischt. Ist doch völlig normal.“
„Du findest es normal, dass Kinder mit fünfzehn miteinander schlafen?“ Karin war so blass wie ich mich fühlte.
Hannah nickte. „So normal wie Atmen. Ich finde, ihr regt euch wegen nichts auf.“
Ich versuchte ebenfalls, Karin zu beruhigen. „Dass sie es tun, ist mir klar, aber ich wollte nicht dabei zusehen. Zum Glück war es abgedunkelt in dem Zimmer.“
„Sie verhüten doch, oder?“, fragte Hannah.
„Ich hoffe doch“, sagte ich.
Karin nickte. „Ja, Melli war schon beim Frauenarzt, als sie mit ihrem Exfreund zusammenkam. Aber trotzdem, können die nicht warten, bis sie alleine sind oder so?“
„Wir wurden auch mal erwischt“, grinste Maria. „Im Auto meiner Eltern. Mein Gott, war mir das peinlich.“
Mike und Melli saßen mit hochroten Köpfen am Tisch, als wir Kuchen aßen. Sie sagten kein Wort und sahen nicht von ihren Tellern auf. Ich hatte Ken in knappen Worten erzählt, warum Mike sich womöglich komisch verhalten würde.
„Wenigstens ist er nicht schwul“, wiederholte Ken und klopfte Mike auf die Schulter, der noch mehr anlief.
„Können wir bitte aufstehen?“, murmelte er mir zu.
Ich nickte.
***
Ich ließ ein paar Tage verstreichen. Als Ken abends nach Hause kam, ging er wie immer sofort duschen. Das war die Gelegenheit, unsere „Operation Beschattung“ einzuleiten. Ich wartete drei Minuten und rief mit unterdrückter Nummer auf seinem Handy an. Ich nahm schnell bei Kens Handy ab, sagte aber nichts, sondern wartete ab, während ich mir im Kopf das imaginäre Gespräch vorstellte. Dann legte ich auf und lauschte. Ken hatte nichts gehört. Ich setzte eine überraschte Miene auf und lief ins Bad.
„Eine Frau hat für dich angerufen.“
Ich versuchte, so besorgt wie möglich zu klingen.
„Wo angerufen?“
„Auf deinem Handy.“
„Du gehst an mein Handy?“ Ken hasste es, wenn ich an seine Sachen ging. Zu Recht, offensichtlich.
„Es klingelte und ich hab abgenommen, tut mir leid. Ich habe mir nichts dabei gedacht“, entschuldigte ich mich und brachte meine Geschichte voran.
„Also, eine Frau hat angerufen und nach dir gefragt. Sie hat gesagt, es sei sehr wichtig und ein Notfall. Du sollst sofort nach Cloppenburg kommen. Ich denke mal, es war eine Kollegin von der Arbeit oder so.“
Er stellte abrupt das Wasser aus, blieb aber in der Dusche. Leider konnte ich sein Gesicht nicht durch die Duschkabine sehen.
„Hat sie gesagt, wie sie heißt?“
„Nein, danach habe ich nicht gefragt. Ich dachte, du wüsstest wahrscheinlich, wer sie ist. Mensch, wenn ich gewusst hätte, dass der Name wichtig ist, hätte ich ihn mir aufgeschrieben. Tut mir leid.“ Ich fand, ich machte das richtig gut.
„Und sie hat gesagt, ich soll sofort nach Cloppenburg kommen?“
„Ja, sofort. Sie meinte irgendwie so etwas wie Ich bin drüber oder so. Ihr Handy ist gleich leer und sie ist noch unterwegs, aber du sollst sofort losfahren. Hast du eine Ahnung, worum es da gehen könnte?“
Ken stieg aus der Dusche und schüttelte den Kopf. Er schien fieberhaft nachzudenken.
„Muss ja was mit der Arbeit zu tun haben“, sagte er und trocknete sich eilig ab. Er wuschelte mit seinem Handtuch über seinen Kopf und kämmte seine seidenen Haare schnell durch. Dann warf er das Handtuch auf die Waschmaschine und wechselte vom Bad ins Schlafzimmer, wo er sich anzog. Ich nahm das Handtuch und hängte es zum Trocknen auf.
„Ich melde mich, wenn ich dort fertig bin“, sagte er, gab mir einen flüchtigen Kuss und war schneller durch die Tür verschwunden als ich ihm „Auf Wiedersehen“ sagen konnte.
Ich tippte Hannahs Handynummer in mein Telefon. Als sie abnahm flüsterte ich: „Es geht los!“
Hannahs Mercedes blieb stets mindestens zwei Autos hinter Kens Wagen. Er hatte den Firmenwagen genommen und war auf die Autobahn Richtung Cloppenburg gefahren und wir – das heißt Maria, Hannah, Karin und ich – verfolgten ihn wie in einem Actionfilm.
Glücklicherweise war es noch nicht zu dunkel, um ein paar gute Fotos zu machen. Maria hatte ihre Spiegelreflexkamera mitgebracht und knipste fleißig alles, was ihr in den Sinn kam. Dabei entstand
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