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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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notiert. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie der zweite Vorname lautete. War es Rosalie?«
    »Rosemary«, berichtigte Mrs Lawton, »sie wurde Rosemary Sheila getauft; aber Sheila dachte immer, dass Rosemary viel zu fantasievoll wäre; deswegen wird sie immer nur Sheila genannt.«
    »Ach so.« Nichts in Hardcastles Stimme verriet, wie zufrieden er war, dass eine seiner Vermutungen sich bestätigt hatte. Er merkte auch, dass der Name Rosemary keinerlei Gemütsbewegung bei Mrs Lawton hervorrief. Für sie war es nur ein Vorname, den ihre Nichte nicht benutzte.
    »Soviel ich weiß, kam Ihre Nichte aus London und hat in den letzten zehn Monaten für das Cavendish-Schreibbüro gearbeitet. Das genaue Datum ihres Eintritts dort wissen Sie wohl nicht?«
    »Irgendwann Ende November.«
    »Das genügt schon. Ehe sie die Stellung im Cavendish-Büro annahm, hat sie nicht bei Ihnen gewohnt?«
    »Nein, vorher wohnte sie in London… irgendwo habe ich die Adresse. Allington Grove oder so ähnlich – in der Nähe von Fulham. Sie wohnte mit zwei anderen Mädchen zusammen. Zimmer sind schrecklich teuer in London.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen der Firma, für die sie dort arbeitete?«
    »O ja. Hopgood & Trent. Eine Maklerfirma in der Fulham Road.«
    »Danke. Das scheint alles klar zu sein. Miss Webb ist Waise, wenn ich recht verstehe?«
    »Ja.« Mrs Lawton wurde unruhig. Ihre Augen gingen zur Tür. »Könnte ich wohl einen Augenblick in die Küche gehen?«
    »Natürlich.« Hardcastle öffnete ihr die Tür. Er fragte sich, ob er sich tatsächlich nicht getäuscht hatte, dass seine letzte Frage Mrs Lawton in irgendeiner Weise unangenehm gewesen war. Bisher waren ihre Antworten schnell und glatt gekommen. Darüber dachte er nach, bis sie wiederkam.
    »Entschuldigung, aber Sie wissen ja, wie das mit dem Kochen ist. Hatten Sie noch eine Frage? Mir ist übrigens eingefallen, dass die frühere Adresse nicht Allington Grove war, sondern Carrington Grove, Nr. 17.«
    »Danke«, sagte der Inspektor. »Ich glaube, ich fragte gerade, ob Miss Webb Waise ist.«
    »Ja. Ihre Eltern sind tot.«
    »Schon lange?«
    »Sie starben, als sie noch ein Kind war.«
    Etwas wie eine Spur von Ablehnung lag in ihrer Stimme.
    »Ist sie das Kind Ihrer Schwester oder Ihres Bruders?«
    »Meiner Schwester.«
    »Ach so. Und was war Mr Webb von Beruf?«
    Mrs Lawton schwieg einen Augenblick, ehe sie antwortete. Sie biss sich auf die Lippe. Dann sagte sie: »Ich weiß nicht… Ich meine, ich weiß es nicht mehr; es ist schon so lange her.«
    Hardcastle wartete, denn er wusste, dass sie weiterreden würde, und das tat sie auch.
    »Darf ich fragen, was das alles zu tun hat mit… Ich meine, was macht es, wer ihr Vater und ihre Mutter waren, und was ihr Vater machte, wo er herkam und so weiter?«
    »Vermutlich ist es nicht von Belang, Mrs Lawton, jedenfalls von Ihrem Standpunkt aus. Aber, sehen Sie, die Umstände sind ziemlich ungewöhnlich.«
    »Was wollen Sie damit sagen – die Umstände sind ungewöhnlich?«
    »Nun, wir haben Grund zu der Annahme, dass Miss Webb gestern in dieses Haus ging, weil man sie ausdrücklich im Cavendish-Büro dazu aufgefordert hatte. Es sieht also so aus, als ob jemand es bewusst so arrangiert hat, dass sie dorthin kam und die Leiche fand. Jemand… der vielleicht irgendetwas gegen sie hat.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand etwas gegen Sheila hat. Sie ist wirklich ein reizendes Mädchen. Ein nettes, freundliches Mädchen… und ich möchte von niemandem das Gegenteil hören.«
    »Genau«, fuhr Hardcastle mit besänftigendem Lächeln fort. »Aber Sie müssen sich klar darüber sein, Mrs Lawton, dass es so aussieht, als ob Ihre Nichte bewusst als Opfer ausersehen wurde. Sie war am Tatort. Jemand hat es arrangiert, dass sie in ein Haus ging, in dem ein toter Mann lag, und dieser Mann war erst sehr kurz zuvor gestorben. Bei flüchtiger Betrachtung ist das ein sehr boshafter Streich, den man ihr gespielt hat.«
    »Sie meinen – Sie meinen, jemand wollte es so hinstellen, als ob Sheila ihn tötete? O nein! Das kann ich nicht glauben.«
    »Es ist auch kaum zu glauben«, pflichtete der Inspektor ihr bei. »Aber wir müssen trotzdem sichergehen und die Sache klarstellen. Könnte es vielleicht einen jungen Mann geben, der sich in Ihre Nichte verliebt hat, aus dem sie sich aber nichts macht?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mrs Lawton überlegend und stirnrunzelnd. »Sheila war mit ein oder zwei jungen Leuten befreundet, aber es war

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