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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ich uns nicht sehr nahe. Ich war zwölf Jahre jünger als sie, und, wie gesagt, wir standen uns nie sehr nahe.«
    »Und was hielt Ihr Mann von der ganzen Sache?«
    »Ich war Witwe. Ich heiratete jung, und mein Mann fiel im Krieg. Damals hatte ich ein kleines Schokoladengeschäft.«
    »Wo war das? Doch nicht hier in Crowdean.«
    »Nein. Wir wohnten damals in Lincolnshire. Ich kam einmal im Urlaub hierher, und es gefiel mir so, dass ich das Geschäft verkaufte und hierherzog. Später, als Rosemary in die Schule ging, nahm ich eine Stellung bei Roscoe & West an. Dort arbeite ich noch immer, angenehme Leute.«
    »Ich danke Ihnen sehr für Ihre Offenheit, Mrs Lawton«, sagte Hardcastle und stand auf. »Ich werde Miss Webb kein Wort davon sagen, sofern ich nicht dazu gezwungen sein sollte; und das wäre nur der Fall, wenn es sich herausstellte, dass irgendwelche Dinge aus ihrer Vergangenheit mit diesem Mord in Wilbraham Crescent 19 zu tun haben. Aber das ist meiner Meinung nach sehr unwahrscheinlich.« Er zog die Fotografie aus der Tasche, die er schon so vielen gezeigt hatte, und fragte Mrs Lawton: »Sie wissen wohl nicht, wer der Mann sein könnte?«
    »Man hat mir das Bild schon vorgelegt«, sagte Mrs Lawton und betrachtete es genau. »Nein. Ich bin sicher, ganz sicher, dass ich diesen Mann nie zuvor gesehen habe.
    Ich glaube nicht, dass er von hier ist, sonst würde ich mich an ihn erinnern können. Natürlich…« Sie sah aufmerksam das Bild an, schwieg einen Augenblick, ehe sie ziemlich unerwartet sagte: »Er sieht recht nett aus. Ein Herr, würde ich sagen, finden Sie nicht auch?«
    Hardcastle nahm das Foto und überlegte betroffen, dass er sich darüber noch keine Gedanken gemacht hatte. War der Tote ein netter Mann gewesen? Er hatte das Gegenteil angenommen. Vielleicht unbewusst oder beeinflusst durch die Tatsache, dass der Mann eine Karte mit offensichtlich falschem Namen und Adresse bei sich gehabt hatte. Vielleicht traf sogar die Erklärung zu, die er gerade Mrs Lawton gegeben hatte. Es konnte sein, dass die Karte von einem Versicherungsschwindler stammte, der sie dem Toten aufgedrängt hatte. Und das, überlegte er bekümmert, würde die ganze Sache sogar noch komplizierter machen. Er blickte auf seine Uhr.
    »Ich darf Sie nicht länger aufhalten, sonst brennt noch das Essen an. Und da Ihre Nichte noch nicht nachhause gekommen ist…«
    Mrs Lawton sah ihrerseits auf die Uhr auf dem Kamin. Gott sei Dank, hier gibt’s nur eine Uhr im Zimmer, dachte der Inspektor bei sich.
    »Ja, sie kommt heute erstaunlich spät«, sagte Mrs Lawton. »Gut, dass Edna nicht so lange gewartet hat.«
    Als sie den verwunderten Ausdruck auf Hardcastles Gesicht sah, erklärte sie: »Eins der Mädchen aus dem Büro. Sie wollte Sheila besuchen und wartete ein bisschen, sagte dann aber, sie könne nicht länger warten, sie sei verabredet. Es hätte auch bis morgen Zeit oder ein anderes Mal.«
    Das Mädchen, an dem er vorbeigegangen war! Der Inspektor wusste jetzt auch, wieso es ihn an Schuhe erinnert hatte. Es war das Mädchen, das ihn im Schreibbüro empfangen hatte und das beim Weggehen einen abgebrochenen Pfennigabsatz in der Hand hielt und sich fragte, wie es so wohl nachhause kommen sollte. Es hatte ihn vorhin auf der Straße erkannt, hatte gezögert, als ob es mit ihm hätte sprechen wollen. Was wollte Edna von Sheila? Wollte sie ihr etwas sagen oder etwas von ihr erfahren?
    »Ist sie mit Ihrer Nichte sehr befreundet?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Mrs Lawton. »Sie arbeiten zwar zusammen, aber sie ist ziemlich langweilig, nicht sehr gescheit. Ich habe mich eigentlich gewundert, weshalb sie Sheila heute Abend unbedingt sehen wollte. Es gäbe etwas, das sie nicht verstünde, sagte sie, und sie wollte Sheila deswegen fragen… Sie hat aber nicht gesagt, um was es sich handelte.«
    »Ach so. Nun muss ich aber wirklich gehen.«
    »Es ist merkwürdig, dass Sheila nicht angerufen hat. Das macht sie gewöhnlich, wenn sie später kommt, denn der Professor lädt sie manchmal zum Essen ein. Nun, sie wird wohl jeden Augenblick da sein. Soll ich ihr etwas ausrichten?«
    »Ich glaube nicht«, sagte der Inspektor. »Wer hat übrigens die Vornamen Ihrer Nichte ausgewählt?«, fragte er im Gehen. »Ihre Schwester selbst?«
    »Sheila war der Vorname unserer Mutter. Rosemary hat meine Schwester ausgesucht. Eigentlich ein komischer Name, so romantisch. Obwohl meine Schwester überhaupt nicht romantisch oder sentimental war.«
    Rosemary – hm…

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