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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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finden.«
    »Sie meinen Fälle wie Bravo, Adelaide Bartlett und andere?«
    »Genau. Aber in gewisser Hinsicht war es zu einfach. Mir ist völlig klar, wer Charles Bravo ermordet hat…«
    Während Poirot redete, dachte ich bei mir, wie schon so oft, dass Bescheidenheit bestimmt nicht zu Hercule Poirots Tugenden zählte. Ich erriet, dass er wohl längere Zeit keine Gelegenheit gehabt hatte, sich mit jemandem zu unterhalten, und sich jetzt am Klang seiner eigenen Stimme berauschte.
    »Und was tat ich dann? Vom wahren Leben ging ich zum Roman über«, fuhr Poirot fort. »Rechts und links von mir liegen verschiedene Beispiele von Kriminalromanen. Hier« – dabei griff er nach dem Band, den er auf die Armlehne gelegt hatte, als ich eintrat –, »hier, mein lieber Colin, ist Der Fall Leavenworth.« Er gab mir das Buch.
    »Der liegt schon ziemlich lange zurück. Ich glaube, mein Vater erwähnte einmal, dass er ihn als Junge las. Er muss einem heute ziemlich veraltet vorkommen.«
    »Er ist bewundernswert«, sagte Poirot. »Man genießt die Atmosphäre jener Zeit…«
    Ich merkte, dass ich mich auf einen Vortrag eingelassen hatte, und bereitete mich aufs Zuhören vor. Schließlich übersprang er etwa zwanzig Jahre und kam auf neuere Autoren zu sprechen.
    »Ich habe auch einige der frühen Arbeiten von Mrs Ariadne Oliver gelesen. Ich bin übrigens mit ihr befreundet, und Sie wohl auch, glaube ich. Allerdings bin ich durchaus nicht völlig mit ihren Büchern einverstanden. Die Ereignisse darin sind häufig zu unwahrscheinlich. Der lange Arm der Vorsehung wird zu oft bemüht. Und da sie damals jung war, war sie töricht genug, einen Finnen zu ihrem Detektiv zu machen, und es ist offensichtlich, dass sie nichts über Finnen oder Finnland weiß…« Er legte Mrs Ariadne Oliver zur Seite und griff nach einem andern Buch.
    »Hier ist nun Mr Cyril Quain. Ah! Er ist ein Meister des Alibis!«
    »Wenn ich mich recht entsinne, ist er ein entsetzlich langweiliger Schreiber«, bemerkte ich.
    »Das stimmt«, gab Poirot zu, »in seinen Büchern passiert nichts besonders Aufregendes. Ganz im Gegensatz dazu geschieht bei Garry Gregson zu viel, und zwar auf unwahrscheinliche Weise und bei völliger Konfusion. Es ist ein mit dem Stock umgerührtes Melodrama. Blutvergießen – Leichen – Anhaltspunkte – Spannung: Alles bis zum Überlaufen angehäuft. Alles sehr gespenstisch, lebensfremd. Ich mag ihn nicht«, schloss er seufzend und ging zu den amerikanischen Autoren.
    Als er den Rest seines Kräutertees austrank, war er bei den alten Favoriten angelangt.
    »Nein, nein, nicht Sherlock Holmes! Ich verneige mich vor dem Autor, vor Sir Arthur Conan Doyle… Der Genuss an seiner Sprache, vor allem die Erfindung dieser wunderbaren Figur Dr. Watson.«
    Dabei fiel ihm natürlich Hastings ein.
    »Mein Freund Hastings, von dem ich Ihnen so oft erzählt habe: Ich habe lange nichts mehr von ihm gehört. Wie absurd, sich in Südamerika zu vergraben, wo es immerzu Revolutionen gibt!«
    »Nicht nur in Südamerika. Heutzutage gibt es auf der ganzen Welt Revolutionen«, meinte ich.
    »Wir wollen nicht über die Bombe sprechen«, sagte Hercule Poirot. »Wenn es sein muss, muss es sein, aber wir wollen nicht darüber diskutieren.«
    »Eigentlich wollte ich auch über etwas ganz anderes mit Ihnen sprechen.«
    »Ah! Sie wollen heiraten, nicht wahr? Das freut mich, mon cher, das freut mich sehr!«
    »Wie kommen Sie darauf, Poirot? Nichts dergleichen.«
    »Es kommt vor«, behauptete Poirot, »es kommt jeden Tag vor.«
    »Möglich«, erwiderte ich fest, »aber nicht bei mir. Tatsächlich kam ich, um Ihnen zu erzählen, dass ich im Zusammenhang mit einem Mord auf ein ziemliches Problem gestoßen bin.«
    »Tatsächlich? Ein ziemliches Problem bei einem Mord, sagen Sie? Und Sie kommen zu mir deswegen? Wieso?«
    »Nun – « Ich war leicht verwirrt. »Ich – ich dachte, es könnte Ihnen Spaß machen«, sagte ich.
    Poirot sah mich nachdenklich an, strich liebevoll über seinen Schnurrbart und sagte dann: »Ein Herr ist oft recht nett zu seinem Hund. Er geht mit ihm aus und wirft einen Ball für ihn. Ein Hund tötet ein Kaninchen oder eine Ratte und legt die Beute seinem Herrn zu Füßen. Und was macht er dann? Er wedelt mit dem Schwanz.«
    Ich musste wider Willen lachen.
    »Wedle ich mit dem Schwanz?«
    »Ich glaube ja, mein Freund. Ja, ich denke schon.«
    »Gut. Und was sagt der Herr? Will er die Ratte des Hundes sehen? Will er alles wissen?«
    »Natürlich. Es ist

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