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Auf doppelter Spur

Auf doppelter Spur

Titel: Auf doppelter Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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die vertagte Untersuchung in Crowdean gelesen. Vorsätzlicher Mord durch eine oder mehrere unbekannte Personen. Und Ihre Leiche hat endlich auch einen Namen – von der Gemahlin als Harry Castleton identifiziert. Waren Sie in Crowdean?«
    »Noch nicht. Ich wollte morgen hinfahren – nicht zum Vergnügen. Dienstlich.« Einen Augenblick schwieg ich und sagte dann: »Ich weiß nicht, was passiert ist, während ich im Ausland war. Nur die Tatsache der Identifizierung habe ich erfahren. Was halten Sie davon?«
    Poirot zuckte mit den Achseln.
    »Mrs Merlina Rival! Was für ein Name!«, sagte ich.
    »Es erinnert mich an etwas… aber woran nur? Ein Besuch bei einem Freund – in einem Landhaus«, überlegte Poirot, schüttelte dann aber den Kopf. »Nein – es ist schon zu lange her.«
    »Wenn ich wieder nach London komme, werde ich Ihnen alles erzählen, was ich von Hardcastle über Mrs Merlina Rival erfahren kann«, versprach ich ihm.
    Poirot winkte mit der Hand ab. »Nicht nötig. An ihr bin ich nicht interessiert. Man muss sich auf das Wesentliche beschränken. Erzählen Sie mir lieber von dem Mädchen Edna – das in der Telefonzelle in Wilbraham Crescent starb.«
    »Ich kann Ihnen nicht mehr sagen, als ich Ihnen schon berichtet habe – ich weiß nichts von dem Mädchen.«
    »Alles, was Sie wissen«, sagte Poirot in anklagendem Ton, »ist also, dass das Mädchen ein armes, kleines Aschenputtel war, das Sie in einem Schreibbüro sahen, nachdem es in einem Gitterrost sich den Absatz seines Schuhs abgebrochen hatte – wo war dieser Gitterrost übrigens?«
    »Aber Poirot, woher soll ich denn das wissen?«
    »Wenn Sie gefragt hätten, würden Sie es wissen. Wie wollen Sie überhaupt etwas erfahren, wenn Sie nicht die richtigen Fragen stellen?«
    »Aber wie kann es denn eine Rolle spielen, wo das Mädchen sich den Absatz abbrach?«
    »Vielleicht spielt es keine Rolle. Andererseits würde es uns zu einem bestimmten Ort bringen, wo dieses Mädchen gewesen ist, und das wiederum könnte uns zu einer Person führen, die es dort gesehen hat – oder zu irgendeinem Zwischenfall, der sich dort abspielte.«
    »Das ist wohl etwas weit hergeholt. Ich weiß nur, dass es dicht beim Büro passiert sein muss, denn Edna sagte, sie hätte sich Hörnchen gekauft und wäre auf Strümpfen zurückgelaufen, um die Hörnchen im Büro zu essen. Sie schloss damit, dass sie nicht wisse, wie sie so nachhause kommen solle.«
    »Ah! Und wie kam das Mädchen dann nachhause?«, fragte Poirot interessiert.
    Ich starrte ihn an. »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ah – das ist doch wirklich unmöglich, dass Sie nie die richtigen Fragen stellen können! Infolgedessen wissen Sie nichts, was wichtig ist.«
    »Sie fahren am besten selbst nach Crowdean und stellen Fragen«, stichelte ich.
    »Im Augenblick ist das unmöglich. Nächste Woche ist eine höchst interessante Versteigerung von Autoren-Manuskripten…«
    Unter dem Vorwand einer dringenden Verabredung entfloh ich, ehe er richtig in Fahrt kam. Ich war nicht in der Stimmung, mir eine Vorlesung über die Meister des Kriminalromans der Vergangenheit anzuhören.
     
    Am nächsten Abend saß ich auf der Treppe vor Hardcastles Wohnungstür, als er nachhause kam.
    »Hallo, Colin! Du bist also wieder da. Komm herein.«
    Er ging ins Wohnzimmer voran und sorgte für Getränke. Als wir uns mit unseren Gläsern niedergelassen hatten, meinte Hardcastle:
    »Endlich sind die Dinge in Bewegung geraten. Wir haben den Toten identifiziert! – Wer Harry Castleton war? Ein scheinbar höchst ehrbarer Mann, der sich sein Geld damit verdiente, dass er Scheinehen schloss oder sich auch nur mit gutgläubigen, wohlhabenden Frauen verlobte. Sie vertrauten ihm ihre Ersparnisse an, beeindruckt von seinen überlegenen finanziellen Kenntnissen, und kurz danach verschwand er still auf Nimmerwiedersehen. Dass er nicht danach aussah, war die wesentliche Voraussetzung, die er für diesen Beruf mitbrachte.«
    »Ist er jemals verurteilt worden?«
    »Nein. Wir haben nachgeforscht, aber nicht viel herausbekommen. Im Yard meinen sie zwar, dass Harry Castleton, Raymond Blair, Lawrence Dalton und Roger Byron alle identisch seien, aber sie konnten das nicht beweisen. Weißt du, die Frauen wollen es nicht zugeben. Lieber verlieren sie ihr Geld. Er wollte sich nie fotografieren lassen. All das liegt schon lange zurück – fünfzehn bis zwanzig Jahre. Um die Zeit schien er wirklich untergetaucht zu sein. Das Gerücht ging um, dass er tot sei –

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