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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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hier raus«, knurrte sie mich an. Um ihre Lippen herum war ihre Haut ganz weiß. »Das ist schlecht für das Baby.«
    »Geh nach oben, wenn sie es tun. Sie machen es nur, um dich zu ärgern.«
    Aber Kiz-dan scheute das Obergeschoss unseres Turms, mit seinen einbalsamierten Bewohnern, vor allem dessen kleinsten, der so groß war wie Yimyam, ihr Baby. Sie wurde reizbar, hackte ständig auf mir herum, alterte zusehends, schrumpelte wie eine Feige, die in der Sonne liegen gelassen worden war. Ich ging ihr aus dem Weg.
    Während sie nörgelte, kochte und sauber machte, sammelte ich Essbares im Dschungel, schöpfte Wasser aus der Zisterne und sammelte Holz für das Kochbecken. Während sie Schlafmatten flocht und schmutzige Babywindeln wusch, hielt ich Wache bei den vertrauten schimmeligen Kigos im Obergeschoss.
    Was nicht heißen soll, dass die Brüder etwa herumfaulenzten, nachdem wir angekommen waren. Armut erlaubt solchen Müßiggang nicht. Sie sahen täglich nach ihren Fallen im Dschungel und tauschten die wenigen Affen und Nager, die sie erwischten, auf dem erbärmlichen Markt, der einmal in der Woche in dem verfallenen Tempel der Zone abgehalten wurde, gegen Paak und andere lebensnotwenige Dinge ein. Unsere Anwesenheit erleichterte den Brüdern die Arbeit, das schon, da ihre uralte Mutter vor etlichen Jahren gestorben war und sie seitdem noch mehr zu tun hatten.
    Ich trug die Makmaki-Kutte ihrer Mutter, wenn ich herumlief. Unter dem abgetragenen, orangefarbenen Tuch war mir zwar heiß, was ich nicht mochte, aber wenigstens war ich darin sicher, weil es mich vollkommen verbarg. Ich fragte mich, wie viele andere Kigos Makmaki wohl ebenfalls von orangefarbenen Kutten verhüllte Flüchtlinge waren.
    Außerdem verfiel ich wieder der Gewohnheit, Tag und Nacht Gift zu nehmen.
    Weil ich jeden Morgen Federn auf dem schmalen grauen Fensterbrett fand, braune Federn, die, wenn man sie in einem bestimmten Winkel gegen das Licht hielt, milchig blau schimmerten.
    Mutters Geist jagte mich. Davon war ich überzeugt. Jeden Tag, wenn ich hinausging, glitt der große Schatten des Aasvogels über mich. Ich verlegte mich darauf, von Gawabe zu Gawabe zu schleichen, hielt mich dicht an die Sockel, eine Hand auf dem Giftbeutel an meiner Taille unter meinem Gewand, in der anderen die scharfe Machete, die Gelbgesicht mir gegeben hatte.
    Zudem träumte ich von Waivia.
    Selbst wenn das Gift berauschend durch meine Adern summte, träumte ich von ihr. Von den blauen Flecken auf ihren pummeligen, kindlichen Armen. Wie sie in ihrer frühen Kindheit nur von Mutter aufgehoben und getröstet wurde, wenn sie gefallen war. Wie sie ausgesehen hatte, als sie die Treppe des Paarungsschuppens der Glasspinner heruntergekommen war.
    Das Schluchzen, das ich gehört hatte, während der Schuppen der Glasspinner in meinem Rücken wackelte, verfolgte mich im Schlaf, und wenn ich ein-, zwei-, dreimal in der Nacht aufschreckte, entpuppte es sich als das, was es war: das Kratzen von Krallen an den Holzgittern unseres Turms.
    Und stets kreiste ein Aasvogel über unserem Gawabe. Tag und Nacht. Mein Giftkonsum stieg.
    Mein Atem stank förmlich nach Süßholz und Limonen. Meine Finger zitterten, ich zuckte am ganzen Körper. Meine Augen tränten, weil ich kaum blinzelte; Drachenaugen, oh ja. Ich hatte jetzt Drachenaugen. Aber es kümmerte mich nicht. Ich brauchte das Gift.
    Ich sehnte mich nach seinem sauren Geschmack, seiner gallertartigen Konsistenz; von dem Moment an, da ich es getrunken hatte, wartete ich ungeduldig auf den nächsten Schluck. Was ich auch tat, wohin ich auch ging, all das markierte nur die Zeit, die verstrich, bis ich mich dem Gift wieder hingeben konnte. Ich war nie zufrieden. Und der Geist war da draußen, lebte. Verfolgte mich.
    Ich brachte das Gift längst nicht mehr mit dieser göttlichen Ekstase in Verbindung, die ich erfahren hatte, als ich mich vor Lutche niederlegte, eins mit dem Drachen wurde und seine uralten, unergründlichen Erinnerungen hörte. Nein. Ich trank das Gift ausschließlich, um die Gegenwart meiner Mutter abzuwehren, ihre wahnsinnige Kraft, die jeden Tag wuchs, den ich in Brutstätte Re blieb.
    Waivia war hier. Das glaubte jedenfalls der Geist meiner Mutter. Waivia war hier, irgendwo und irgendwie, in unserer Geburts-Brutstätte, und Mutter wollte, dass ich sie suchte. Das war schon aufgrund der Häufigkeit offensichtlich, mit der ich von Waivia träumte, und zudem an der Macht zu sehen, die der Geist meiner Mutter seit

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