Auf ein Neues!: Roman (German Edition)
schließlich.
»Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
»Dann will ich dich nicht aufhalten.«
Chelsie nickte, machte jedoch keine Anstalten zu gehen.
»Tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin.«
Chelsie zuckte die Achseln und machte sich an den Knöpfen ihrer Jacke zu schaffen. »Ich komme doch wegen Alix.«
Nicht wegen dir . Die unausgesprochenen Worte hingen in der Luft. Griff glaubte ihr nicht, und die Erkenntnis überraschte ihn. Als Anwalt kannte er alle Verhaltensweisen, die ein Mandant an den Tag legte, der nicht nur Informationen zurückhalten, sondern auch mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben wollte.
Chelsies Benehmen war geradezu klassisch. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. Sie beschäftigte sich angelegentlich mit völlig unwichtigen Dingen und allem, was ihr in die Hände fiel. Und sie wiederholte ihren Standpunkt ad nauseam. Es ist nur eine vorübergehende Übereinkunft. Ich komme doch wegen Alix. Wir tun das alles für unsere Nichte. Wie oft wollte sie diese Sprüche noch aufsagen? Wahrscheinlich so lange, bis sie sie selber glaubte.
Noch vor einer Woche hätte Griff ihre eigenen Argumente gegen sie verwandt und sofort angenommen, dass sie es nicht abwarten konnte, die Sache zu beenden – und vielleicht sogar vorhatte, sie beide zu verlassen, ehe Alix dazu bereit war.
Nun sah er mehr als deutlich, dass Chelsie eigene innere Kämpfe ausfocht, die mit ihm gar nichts zu tun hatten. Hieß das, dass er ihr die gemachten Fehler verzieh? Und zu dem Schluss gelangt war, dass sie anders war als Deirdre und seine Mutter? In diesen Fragen wollte er noch kein abschließendes Urteil fällen.
Chelsie schloss den letzten Knopf ihrer Jacke und verbarg damit jeden Hinweis auf den wundervollen Körper, der darin steckte. »Also bis morgen?«
Griff nickte.
Chelsie ging davon, hielt dann aber noch einmal inne und sah sich nach ihm um. »Morgen geht nicht. Da habe ich Nachtdienst im Frauenhaus.«
Griff zwang sich, seine Enttäuschung herunterzuschlucken. »Dann eben übermorgen.«
Chelsie nickte und schritt eilig den Flur hinunter.
Griff lehnte sich an eine Wand und stöhnte. Schlimm genug, dass die sexuelle Anziehungskraft mit jedem Tag zunahm. Musste diese Frau auch noch an sein geschundenes Herz rühren? Er hatte keine Ahnung, wie er seine immer stärker werdenden Gefühle unterdrücken sollte. Alledings war er sich keineswegs sicher, ob er das überhaupt wollte.
Griff zwängte sich in eine der schäbigen Nischen im Schnellrestaurant. »Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Ein Mandant war nicht bereit, ein Nein als Antwort zu akzeptieren.«
Ryan zuckte die Achseln. »Einmal nachfüllen bitte. Kaffee, schwarz«, wandte er sich an die vorbeikommende Kellnerin. »Und ein Sandwich.«
Erwartungsvoll sah die Frau Griff an. Der schaute auf seine Uhr und schüttelte den Kopf, also steckte sie ihren Notizblock wieder in ihre Schürze und ging weiter.
Das Abendessen würde warten müssen. »Ich bin schon eine halbe Stunde zu spät, um Alix ins Bett zu bringen, und habe noch eine kurze Besprechung mit einem Mandanten vor mir.« Eigentlich trafen Griff und Ryan sich immer am Dienstagabend, doch seit Griff seine eigene Kanzlei eröffnet hatte, musste Ryan sich daran gewöhnen, dass sein Freund durch Abwesenheit glänzte. »Dusiehst müde aus. Wieder eine nächtliche Observation?«
»Ich hab die letzte Nacht vor einer Kneipe in der ›Combat Zone‹ verbracht«, sagte Ryan.
»Bostons Antwort auf übereifrige Moralapostel. Was hat dich denn in den Rotlichtbezirk geführt?«
»Ein Ehestreit.«
»Ich dachte, solche Fälle nimmst du nicht mehr an. Ehen zu zerstören mache dich krank oder so ähnlich.« Griff schnaubte. »Wenn du mich fragst, steht jeder, der dich für so etwas anheuert, schon kurz vor der Scheidung.«
Ryan schüttelte den Kopf. »Ich merke schon, zynisch wie immer.«
»Du weißt, ich habe meine Gründe.«
Ryan lüpfte eine Braue. »Kommt jetzt wieder die Alle-Frauen-sind-gleich-Tirade?«, fragte er.
»Ist es nicht so?«
»Ich weiß nicht. War deine Schwägerin so wie Deirdre?«
Das brachte Griff ins Grübeln. Ehrlich gesagt hatte er die Frau seines Bruders immer gemocht. Im Laufe der vielen Familienessen und unangekündigten Abendbesuche hatte er an der warmherzigen, liebevollen Frau, die sein Bruder geheiratet hatte, keine einzige Ähnlichkeit mit seiner distanzierten Verlobten feststellen können. Genauso wenig war sie mit seiner Mutter zu vergleichen gewesen, die
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