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Auf ewig unvergessen

Auf ewig unvergessen

Titel: Auf ewig unvergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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an ihrem roten Haar; sie lag, die Beine angezogen, in fötaler Position und wimmerte entsetzlich. Anns Mann hatte ihnen ein Foto von ihr zur Verfügung gestellt, auf dem sie lächelnd am achtzehnten Loch auf dem Golfplatz stand, ein gelbes Band hielt die langen roten Haare zusammen.
    Im zweiten Verschlag befand sich Gloria Escalante. Ihr Gesicht war ausdruckslos, aber Nancy erkannte Tränen in ihren Augen, als der Arzt sich über sie beugte und sie auf Lebenszeichen hin untersuchte, während sich ein Polizist an ihren Ketten zu schaffen machte.
    Nancy fing an zu zittern. Wayne Turner trat von hinten an sie heran und legte ihr die Hand auf den Arm.
    »Komm«, sagte er leise, »wir sind hier nur im Weg.«
    Sie ließ sich die Stufen hinauf ins helle Tageslicht führen. Gouverneur Colby hatte nur einen kurzen Blick in den Keller geworfen und war dann wieder an die frische Luft gegangen. Sein Gesicht war grau, er saß auf einer Verandastufe und sah aus, als ob er sich nicht auf den Füßen halten könne.
    Nancy schaute über den Hof und sah den Wagen, in dem Lake saß. Frank Grimsbo hielt davor Wache. Lakes Anwalt war ausgestiegen, um zu rauchen. Nancy ging an dem Gouverneur vorbei, der sie fragte, ob die Frauen in Ordnung seien. Sie antwortete nicht. Wayne Turner ging neben ihr. »Lass es gut sein, Nancy!« riet er ihr. Nancy beachtete ihn nicht.
    Frank Grimsbo schaute sie erwartungsvoll an. »Sie sind alle am Leben«, meinte Turner. Nancy beugte sich hinunter und schaute Lake an. Das hintere Fenster war einen Spalt offen, damit der Gefangene in der drückenden Hitze atmen konnte. Lake drehte sich zu Nancy um. Er war ruhig und zufrieden, denn er wusste, dass er bald frei sein würde.
    Lake grinste sie einfältig an, sagte aber nichts. Wenn er erwartet hatte, dass sie ihn beschimpfen würde, dann hatte er sich geirrt. Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos, aber der Blick ihrer Augen bohrte sich förmlich in sein Gesicht. »Es ist noch nicht vorbei«, sagte sie. Dann richtete sie sich auf und ging zu einer Baumgruppe neben dem Haus. Mit dem Rücken an die Hauswand gelehnt, sah sie nur schöne Dinge. Unter den Bäumen herrschte kühler Schatten. In der Luft lag der Geruch von Gras und Wildblumen. Ein Vogel sang. Der Schrecken, den Nancy beim Auffinden der Frauen empfunden hatte, war vergangen. Ihre Wut war verflogen. Sie kannte die Zukunft und hatte keine Angst davor. Keine Frau würde sich je wieder vor Peter Lake fürchten müssen, denn Peter Lake war ein toter Mann.
4
    Nancy Gordon trug einen schwarzen Jogginganzug, ihre weißen Turnschuhe waren mit schwarzer Schuhcreme dunkel gefärbt, und ihr kurzes Haar wurde von einem dunkelblauen Haarband gehalten. Im schwachen Licht des Viertelmondes, der über The Meadows hing, war sie kaum zu sehen. Ihren Wagen hatte sie in einer stillen Seitenstraße geparkt Nancy sah sich um und rannte durch einen Hinterhof. Sie war angespannt und achtete auf jedes Geräusch. Ein Hund bellte, doch die Häuser auf beiden Seiten der Straße blieben dunkel.
    Bis Peter Lake in ihr Leben getreten war, hatte Nancy Gordon noch nie einen Menschen gehasst. Sie war sich noch nicht einmal sicher, ob sie Peter Lake hasste. Was sie empfand, ging viel weiter als Hass. Von dem Augenblick an, als sie die Frauen im Keller des Bauernhofs gesehen hatte, hatte sie gewusst, dass Lake vernichtet werden musste, auf die gleiche Art, wie man Ungeziefer vernichtete.
    Nancy war Polizeibeamtin, sie hatte geschworen, das Gesetz zu schützen. Sie achtete das Gesetz, doch das hier war so weit jenseits menschlicher Erfahrung, dass sie nicht glaubte, die alltäglichen Gesetze seien darauf anzuwenden. Niemand, der diesen Frauen das angetan hatte, was Peter Lake ihnen zugefügt hatte, durfte davonkommen. Man konnte von ihr nicht erwarten, dass sie Tag für Tag darauf wartete, dass die Zeitungen über eine neue Serie von vermissten Frauen berichteten. Ihr war klar, in dem Moment, in dem man Lakes Leiche finden würde, war sie eine der Hauptverdächtigen. Weiß Gott, sie wollte nicht den Rest ihres Lebens im Gefängnis zubringen, aber es gab keine andere Alternative. Wenn man sie fassen würde, sollte es wohl so sein. Wenn sie Lake tötete und davonkam, dann war es Gottes Wille. Damit konnte sie leben. Aber Sie konnte nicht damit leben, dass Peter Lake davongekommen war.
    Nancy schlich sich um das Ufer des Sees herum und näherte sich Peter Lakes zweistöckigem Haus. Die Nachbargebäude links und rechts davon waren dunkel, doch in

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