Auf gluehenden Kohlen
Vernehmung leiten würde, aber an dem Tag erledigte Becky O'Shay alle Anklagevernehmungen, und sie rief den Fall auf.
Ein Aufseher brachte Gary in den Gerichtssaal. Er war an seinen Zustand als Gefangener mittlerweile gew öhnt und sah eher verwirrt als ängstlich aus. Als er seine Eltern erspähte, wollte er auf sie zugehen, aber der Aufseher packte ihn am Ellbogen und verwies ihn an Peter.
Der Protokollf ührer reichte Peter und Gary Kopien einer Anklageschrift, in der Gary »schwerer Mord« vorgeworfen wurde, die schwerwiegendste Form von Mord in Oregon und die einzige Beschuldigung, die die Todesstrafe nach sich zog. Der Richter erklärte Gary die Beschuldigung und seine Rechte, und dann fragte er Gary, welche Einrede er zu der Beschuldigung zu erheben habe. Peter forderte ihn auf, »nicht schuldig« zu sagen, und Gary brachte die Worte in einem ängstlichen Geflüster vor, das mühelos nur von denen innerhalb der Gerichtsschranke vernommen werden konnte. Peter und Becky erörterten mit dem Richter ein paar Minuten lang den Terminplan, dann war die Anklagevernehmung vor über. »Warten Sie einen Moment, ja?« bat Peter Becky. Sie wartete geduldig an ihrem Anwaltstisch, während Peter Gary mitteilte, dass er ihn im Laufe des Nachmittags besuchen würde, nachdem er Gelegenheit gehabt hätte, die Ermittlungsprotokolle zu lesen. Sobald Gary hinausgeführt worden war, setzte Peter ein Lächeln auf und fragte Becky O'Shay: »Wie ist es Ihnen ergangen?« »Sehr gut. Tut mir leid wegen neulich Abend.« »Mir auch. Vielleicht darf ich bald den Gutschein einkassieren?«
»Der Fall Harmon ist ja eine echte Rosine für Sie«, sagte Becky, die Peters Frage geschickt auswich. Peter versuchte bescheiden dreinzuschauen.
»Ein Prozess, in dem es um die Todesstrafe geht, stellt eine große Verantwortung dar«, erwiderte er ernst. »Wo ist denn Earl? Ich dachte, er würde Garys Vernehmung zur Anklage persönlich durchführen wollen.«
»Earl vertritt nicht die Anklage gegen Gary.« »Ach nein? Wer denn... ?« Miss O'Shay lächelte.
»Sie? Sie werden die Anklagevertretung sein?« Becky O'Shay nickte und zog plötzlich ein düsteres Gesicht. »Leider, Peter, bedeutet das, dass wir uns eine ganze Weile nicht sehen können, es sei denn natürlich im Gerichtssaal.« Peter hatte sich schon darauf gefreut, mit Becky auszugehen. Er fühlte sich ein wenig bedrückt. Garys Prozess würde einen Dämpfer auf sein gesellschaftliches Leben setzen.
Becky ber ührte Peter leicht am Arm. »Kommen Sie rauf in mein Büro, dann gebe ich Ihnen die Ermittlungsprotokolle. Und machen Sie kein so niedergeschlagenes Gesicht. Wir können die verlorene Zeit ja aufholen, wenn der Prozess vorbei ist.«
Nach dem Termin wurde Peter zu seiner Freude noch einmal von der Presse interviewt, dann überreichte Jesse Harmon ihm eine Fünfundzwanzigtausenddollar-Anzahlung auf das Honorar. Das Geld und der Rausch, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, versetzten Peter in äußerst gute Laune.
Die Aussicht, der Hauptverteidiger in einem wichtigen Prozess zu sein, hatte Peter dermaßen begeistert, dass er nicht viele Ge danken darauf verschwendet hatte, ob Gary Sandra Whiley ermordet hatte oder nicht. Garys Behauptung, dass er sich an die Stunden, in denen der Mord geschah, nicht deutlich erinnern könne, und seine ausweichenden Antworten, als er rundheraus gefragt wurde, ob er Sandra Whiley umgebracht habe, hatten bei Peter Verdacht erregt, aber er hatte kaum eine Grundlage, um sich eine Meinung zu bilden, ehe er nicht die Polizeiberichte gelesen hatte.
Als er in sein B üro zurückkehrte, lud er den Stapel Polizeiberichte und die Schachtel mit den Tonbändern, die Becky O'Shay ihm gegeben hatte, auf seinem Schreibtisch ab und stöberte ein Kassettengerät auf, um sich Garys Vernehmung anzuhören. Beim Zuhören wechselte Peters Stimmung von Erregung über Verwirrung zu Beunruhigung. Irgendetwas stimmte nicht. Peter verstand zwar, dass Gary eine Menge über den Mord wusste, aber was sollte dieser Quatsch mit der »Projektionsübertragung« und dem »übernatürlichen Bewusstsein«? Für Peter hörte es sich so an, als hätte Sergeant Downes Gary mit Tricks zu vielen Äußerungen verleitet, die belastend waren. Und wenn Gary nur das wiederholte, was Downes sagte, und sich gar nicht daran erinnert hatte? Und wenn Gary unschuldig war?
2
Mehrere Stunden nach der Anklagevernehmung f ührte ein Aufseher Gary in das für Anwälte und Mandanten bestimmte
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