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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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nach vorne«, erklärte Edek weiter. »Dann kommt hier das Gestell drüber. Dann tust du die kleine Rampe auf das Gestell. Dann diese Eisenplattform drauf. Dann wieder vier Wagen. Dann eine Plattform. Dann holst du letzte vier Wagen drauf. Du machst hinten Rampe von Tieflader ab, die passt genau auf Plattform, und schiebst die Wagen drauf. Und dann rufst du mich. Ich schraub das alles zusammen, damit es nicht runterfällt. Klar?«
    Wilfrieds Stirn kräuselte sich. »Vier Wagen, dann Plattform ...«
    »Nein«, unterbrach ihn Edek, »erst Gestell!«
    »Ja, das Gestell. Dann wieder vier Wagen, dann Plattform, nein, erst das Gestell. Dann rufe ich dich.«
    »Du hast Rampe vergessen, Wilfried. Die Rampe!«
    »Ja, die Rampe hat Wilfried vergessen.«
    »Du kannst auch arbeiten ohne Rampe«, schlug Edek spaßeshalber vor.
    »Wilfried kann auch ohne die Rampe arbeiten«, sagte Wilfried ernst.
    Edek schaute noch einmal zu Wilfried hoch, der ihm, so aus der Nähe betrachtet, wie ein riesiger Turm vorkam, und sagte: »Wenn Leute von Autoskooter-Geschäft weg sind, fahr ich Tieflader nach vorne. Dann geht alles schneller. So, und jetzt beeil dich, es gibt noch viel Arbeit!«
    »Ja, ich beeil mich!«
    Wilfried stieg von dem Tieflader, der dadurch ein wenig ins Schwanken geriet, und ging los. Bei jedem Schritt, den er machte, hatte Edek das Gefühl, Wilfried habe das Laufen gerade erst gelernt. Jedenfalls sah es so aus, als wolle er mit seinen riesigen Schritten den Boden unter sich zum Einstürzen bringen und habe gleichzeitig Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Edek schüttelte den Kopf. Irgendetwas stimmte mit dem Kerl nicht. Irgendwie hatte der nicht alle Schrauben beisammen, so etwas merkte Edek auf den ersten Blick, ihm konnte da keiner etwas vormachen ...
    Er schaute auf die Uhr. Schon Viertel nach zwei. Er musste jetzt anfangen, sonst waren sie bis morgen früh noch nicht fertig. Wenn alles klarging, würden sie eh nicht vor zwölf, ein Uhr nachts mit dem Abbau fertig sein, und morgen früh gegen sechs musste der erste Tieflader nach Augsburg gefahren werden.
    Edek verschwand in der Geisterbahn, kletterte nach oben und fing an, die Scheinwerfer abzuschrauben. Etwas später kam Mirja. Ohne ein Wort zu sagen, sammelte sie die Scheinwerfer ein und legte sie in besonders ausgepolsterte Alukoffer, wo sie gegen Erschütterungen geschützt waren.
    »Bist du böse?«, fragte Edek nach einer Weile, erstaunt darüber, dass Mirja gar nichts sagte.
    Mirja zuckte mit den Schultern. »Vater ist wieder weg, in die Stadt. Jetzt, wo wir jeden gebrauchen könnten, lässt er uns einfach hängen und geht.«
    »Wir schaffen alles auch ohne deine Vater ...«, meinte Edek. »Und vielleicht er kommt gleich zurück.«
    »Ja, betrunken ...«
    Mirja nahm den Koffer und schleppte ihn nach unten. Als sie wieder zurück war, sagte Edek, um sie abzulenken: »Der Neue, der Wilfried, der ist in Kopf nicht ganz richtig.« Er malte mit dem Zeigefinger ein paar Kreise auf seiner Stirn.
    »Warum?«
    »Weil ist nicht normal, sieht jeder ...«
    »Ja und? Er ist ein bisschen komisch. Aber er arbeitet besser als alle anderen. So etwas hab ich noch nicht gesehen. Und er ist freundlich. Sein Kopf ist mir ganz egal.«
    »Na, wenn du meinst ...«
    Mirja hatte eindeutig schlechte Laune. Wenn Frauen schlechte Laune hatten, dann gab man ihnen recht und wartete ab. Edek kannte das von seiner Mutter, wenn sie sich mit seinem Vater stritt, und von seiner älteren Schwester auch. Mirja packte die nächsten Scheinwerfer zusammen und brachte den Koffer nach unten.
    Edek pfiff ein Liedchen. Er war in allerbester Stimmung und nichts auf der Welt konnte sie ihm verderben. Geküsst hatte sie ihn heute Vormittag. Er spürte jetzt noch ihren weichen Mund auf seiner Wange. Vielleicht konnten sie heute noch einen Spaziergang machen. Wenn hier alles fertig war, und wenn sie wieder bessere Laune hatte ... Am besten wieder zum Fluss. Dort, wo es richtig gefährlich war und wo sie sich unterhakte. Wenn sie ein Stück am Ufer entlangspaziert waren, würde er vorschlagen, auf einer Bank eine kleine Pause zu machen. Und dann würde er seinen Arm um sie legen. Ganz einfach so. Er machte das ja schließlich nicht zum ersten Mal, und jetzt, nach dem Kuss, war das überhaupt kein Problem mehr. Und wenn er den Arm um sie gelegt hatte, dann würde er sie erst einmal richtig küssen.
    Das Aufheulen der schweren Diesel-Motoren riss Edek aus seinen schönen Gedanken. Die Leute vom

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