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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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Wilfried nachgedacht. Geduldig wartete er auf eine Antwort von Edek.
    »Wilfried«, sagte dieser, »ich kann nichts mehr von ›Affen-Frau‹ hören! Wir sind vier Stunden zu spät, weil du heute früh in deine Kopf nicht richtig warst!«
    »Aber ich war doch nicht schuld«, verteidigte sich Wilfried. »Du hast gefragt, ob ich ein großer Mann bin, und ich ...«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Edek ziemlich laut, »und jetzt arbeite, Wilfried, ganz schnell, sonst reißt Edek dir gleich Kopf ab!«
    Das mit dem Kopfabreißen wirkte, seit heute früh. Wilfried rückte die beiden Kisten zurecht und ging lieber.
    Edek warf einen Blick auf die Uhr. Es war knapp vor fünf. Den ganzen Aufbau schafften sie heute nicht mehr, das stand fest. Wenn es ginge, würde er Wilfried wirklich den Kopf abreißen. Obwohl es eigentlich seine Schuld gewesen war, dass alles so mit der verdammten Schraube gekommen war. Nein, nicht seine, Jeschkes und Bertholds. Jedenfalls war heute früh der hintere Reifen des Tiefladers zerstochen gewesen, mit einem Messer, sicher mit dem Springmesser, das Edek schon öfter bei Berthold gesehen hatte.
    Wütend hatte sich Edek noch vor dem Frühstück daran gemacht, das Rad auszuwechseln. Wenn Jeschke glaubte, sie mit solchen Methoden in die Knie zwingen zu können, dann täuschte er sich gewaltig. Da hatte Edek bei seinem Onkel in Texas schon ganz andere Dinge erlebt!
    Er holte aus dem Werkzeugkasten den großen Kreuzschlüssel, setzte ihn an und drückte. Die faustgroße Mutter bewegte sich keinen Millimeter. Die nächste und übernächste auch nicht. Alle Muttern saßen wie angeschweißt fest und sie gaben noch nicht einmal nach, als Edek mit seinem ganzen Gewicht auf den Kreuzschlüssel sprang und auch nicht, als er mit einem großen Vorschlaghammer draufschlug. Und genau in diesem Augenblick kam Wilfried aus dem Wohnwagen. Er sah Edek auf den Schlüssel einhämmern und lächelte. Ein wenig herablassend, wie Edek schien, ein wenig so, als könne man eine festsitzende Mutter auf einem Tiefladerrad mit erheblich weniger Aufwand lösen.
    »Dann schraub du Mutter ab!«, sagte Edek und drückte Wilfried den Kreuzschlüssel in die Hand.
    »Danke«, sagte Wilfried. Er setzte den Schlüssel an und drückte. Wie gewohnt, links herum, aber bei dieser Art von Gewinde genau in die falsche Richtung.
    »Na«, sagte Edek ziemlich schadenfroh, »geht nicht so leicht wie Knopf bei Uhr?«
    Wilfried schüttelte den Kopf und versuchte es noch einmal. Nichts rührte sich.
    »Wilfried« spottete Edek, »bist du ein kleines Kind auf Schoß von Mama oder ein großer Mann?« Ein bisschen wollte er Wilfried noch zappeln lassen, bevor er ihm sagte, dass man ein Linksgewinde rechts löste.
    »Ich bin ein großer Mann!«, sagte Wilfried überzeugt und spuckte in die Hände. Er würde es schon noch schaffen!
    Er biss die Zähne zusammen und stemmte sich gegen den Schraubenschlüssel, bis ihm die Adern auf der Stirn anschwollen. Und wirklich: Im nächsten Augenblick knarrte die Mutter ein wenig, rührte sich dann und ... löste sich von der Felge. Lächelnd hielt sie Wilfried Edek hin.
    Edek verschlug es zunächst die Sprache. Dann tobte er los. »O Mann, Wilfried, was hast du für eine große Scheiße gemacht! Du hast Mutter abgerissen! Kannst du nicht denken in dein blödes Kopf! Die Muttern gehen anders ab, Linksgewinde, Mann, Linksgewinde!«
    »Du hast gesagt, ich bin ein großer Mann und ich schaffe es!«
    »Okay, Wilfried, ist okay. Halt du bloß Mund, sonst, sonst« – Edek war außer sich – »sonst reiß ich dir auch gleich Kopf ab!«
    Wilfried lächelte ungläubig. »Das geht nicht«, meinte er schließlich.
    »Was geht nicht? Wenn ich will, geht alles!«
    »Aber einen Kopf abreißen kann Edek nicht«, sagte Wilfried bestimmt.
    Edek lief im Gesicht rot an. Dieser Kerl brachte ihn noch zum Wahnsinn. »Wenn Edek will, dann ist Kopf ab! Hast du gesehen ›Mann mit Axt‹ in Geisterbahn? ›Mann mit Axt‹ war so dumm wie du und Edek hat ihm Kopf abgerissen. Jetzt muss er jeden Tag hundertmal Kopf abreißen, zu Strafe für große Dummheit!«
    Wilfried hörte auf zu lächeln und fuhr sich mit den Händen zum Hals. Das mit dem Mann stimmte, ohne jeden Zweifel, daran hatte er gar nicht gedacht. »Was hat der Mann denn gemacht?«, wollte er wissen.
    Edek winkte ab. Auf solche Kindereien hatte er keine Lust mehr. Er begutachtete den abgerissenen Bolzen in der Felge. Es würde mindestens zwei Stunden dauern, bis er den mit einem

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