Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
sanften Schwung ihrer Wange ein, die anmutige Linie ihres Halses. Nick konnte sich kaum sattsehen an ihrer alabastern schimmernden Haut.
Sie fuhr herum und hüllte ihn in einen Hauch Orangenblüten. Mit großen Augen schaute sie ihn an, gab sich überrascht, während ihre Brust sich heftig hob und senkte. Nick bemerkte es mit Freuden. Lust züngelte in ihm auf. Er versuchte, es zu ignorieren.
Lässig an den Türrahmen gelehnt, meinte er: „Lady Isabel, suchen Sie etwas?“
Herrje, es war ihre Bibliothek. Und ihr Flur, wo sie kommen und gehen konnte, wie es ihr passte! Sicher, genau genommen war es James’ Bibliothek und sein Flur, aber der Punkt war ja, dass es nicht Lord Nicholas’ Bibliothek war.
Weshalb es auch keinen Grund gab, dass Isabel sich wie ein ertapptes Kind fühlte, das heimlich an der Tür gelauscht hatte. Sie durfte hier sein. Es war ihr Zuhause.
Wenn sie wollte, durfte sie sogar lauschen.
Nur … wie er da so lässig an der Tür lehnte, als hätte er nichts Besseres zu tun, als sie anzuschauen – und schief zu grinsen –, gab ihr das ungute Gefühl, als wisse er ganz genau, dass sie seit einer Viertelstunde hier gestanden und sich nicht hereingetraut hatte.
Sie hatte den beiden nämlich einen Besuch abstatten wollen, damit sie keine Gelegenheit hätten, sich über ihre jüngsten Erkenntnisse auszutauschen.
Jede Minute, die sie unschlüssig vor der Bibliothek stand, bot Rock Gelegenheit, seinem Freund von seiner Entdeckung im Stall zu berichten. Oder Lord Nicholas nutzte die Gelegenheit, seinen Freund mit seinem kleinen Abenteuer auf dem Dach zu erheitern.
Sie wüsste nicht, was schlimmer wäre.
Gerade hatte sie klopfen wollen.
Ja, wirklich.
Dann war ihr plötzlich eingefallen, dass sie kurz in der Küche nach dem Rechten sehen sollte, damit ihre Gäste morgen ein ordentliches Frühstück bekämen.
Erleichtert hatte sie sich umgedreht und davoneilen wollen.
Ausgerechnet in diesem Augenblick hatte er die Tür aufmachen müssen.
Und nun tat er so, als überrasche es ihn überhaupt nicht, sie hier anzutreffen. Grässlicher Mann.
Aber was er konnte, konnte sie schon lange.
„Lord Nicholas! Sie hatte ich zu finden gehofft!“
Nun ja, besonders beiläufig hat das nicht geklungen.
„Dann bin ich ja froh, Ihnen entgegenkommen zu können“, erwiderte er lässig.
Der spärliche Kerzenschein des Flurs und das warme Licht aus der Bibliothek hinter ihm reichten kaum, ihr seine markanten Züge zu zeigen, doch das feine Lächeln, das seine Lippen umspielte, entging ihr nicht.
„Sie machen sich über mich lustig.“
„Ein wenig“, gestand er und hielt ihr die Tür auf.
Isabel betrat die Bibliothek, und er schloss die Tür hinter ihr. Sie fühlte sich, als sei sie ihm in die Falle gegangen.
Unschlüssig blieb sie stehen. Warm und behaglich war es hier. Ein seltsames Gefühl überkam sie, als sie die Papiere auf dem Tisch ausgebreitet sah. Die beiden Männer schienen sich hier schon häuslich eingerichtet zu haben.
Rock schloss gerade eines der Fenster. Als er die Tür hörte, drehte er sich um und verneigte sich lächelnd. „Lady Isabel“, sagte er. „Ich habe eben geschaut, ob es noch regnet.“
„Der Regen beginnt nachzulassen“, entgegnete Isabel, froh über das unverfängliche Thema. „Morgen wird die Straße gewiss wieder passierbar sein.“
„Wie oft sind Sie denn hier von der Außenwelt abgeschnitten?“, fragte Nick.
„Das kommt häufiger vor. Aber die Abgeschiedenheit macht ja gerade den Reiz von Townsend Park aus. Und es gibt wahrlich Schlimmeres als ein wenig Regen oder Schnee.“ Als sie ihn verdrießlich schnauben hörte, fügte sie rasch hinzu: „Allerdings haben wir hier auch alles, was wir brauchen. Es tut mir leid, dass Sie solche Umstände haben.“
Eine Weile betrachtete er sie schweigend, und Isabel musste dem Impuls widerstehen, nervös über ihr Haar zu streichen. Stattdessen zwang sie sich, seinen Blick ruhig zu erwidern und so zu tun, als sei nichts dabei. Das Schweigen zog sich hin, und sie hatte reichlich Gelegenheit, sein nasses Haar zu bemerken, einen Regentropfen, der an seiner Nase hinabrann. War er etwa draußen gewesen?
Noch während sie darüber nachsann, machte Nick einen Schritt auf sie zu. Er sprach mit leiser, samtener Stimme, die sie völlig aus der Fassung brachte. „Wünschten Sie etwas von uns?“
Weshalb war sie hier?
Um zu verhindern, dass er ihre Geheimnisse herausfand – und alles ruinierte.
Gut, aber das konnte sie
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