Auferstanden: Thriller (German Edition)
den See und die Parshia-Berge im Hintergrund bestand aus dicken Kiefernstämmen. Cristos erfüllte es mit Genugtuung, dass in den friedlichen Bergen, auf die der Premierminister seit vielen Jahren schaute, der Geburtsort seines Mörders lag und dass sie der Ort waren, auf den sein letzter Blick fallen würde.
Es war geplant, dass Rajs und Nadias Hochzeit am nächsten Tag mit einem rauschenden Fest am See gefeiert wurde. Drei riesige weiße Zelte waren bereits aufgebaut und Sitzplätze für fünfhundert Gäste aufgestellt worden. Die Hochzeit wurde als der größte Zusammenschluss zweier Dynastien in diesem Jahrhundert angesehen. Es handelte sich um die Familie des Premierministers Wahajian Sapre, die die Politik des Landes bestimmte, und die Familie von Kartic Desai, einem der reichsten Industriellen des Landes. Diese Eheschließung war schon vor über zehn Jahren arrangiert worden, noch bevor Nadia und Raj sich kannten und sogar noch vor dem Ende ihrer Grundschulzeit. Ihre Väter hatten ihr Leben für sie geplant, gegen das sie auf ihre Weise rebellierten, doch als sie heranwuchsen, akzeptierten sie es.
Morgen würde es jedoch keine Hochzeit und keinen Zusammenschluss dieser beiden Familien geben, über die die New York Times , die Londoner Times und die Times of India berichten könnten. Stattdessen würden in den nächsten Tagen Morde die Schlagzeilen beherrschen.
Cristos hatte alles geplant. Er würde die Sache alleine durchziehen. Seine Auftraggeber hatten bereits fünf Millionen Dollar auf ein Konto in Prag überwiesen. Den Restbetrag erhielt er nach Erfüllung des Auftrags. Er wunderte sich, dass all die Dinge, die er angefordert hatte, vor dem vereinbarten Termin an das kleine angemietete Lagerhaus geliefert worden waren, das fünf Kilometer von dem Anwesen entfernt in den Slums stand.
Am frühen Abend fand ein kleiner Junggesellenabschied statt, der eher einer Vorstandssitzung eines Wall-Street-Unternehmens ähnelte als einer ausgelassenen Feier in einem exklusiven Klub mit Stripteasetänzerinnen. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich nur Männer in dem Haus auf. Die Mütter, Schwestern, Brautjungfern und die Braut wurden erst am nächsten Morgen erwartet.
Am späten Abend stiegen einige Männer der kleinen Gruppe die Treppe zu den sechs Gästezimmern hinauf, andere verließen das Haupthaus, um in den Gästehäusern auf der anderen Seite des Sees zu übernachten. Premierminister Sapre, Desai und Raj zogen sich zu einer kleinen spontanen Feierlichkeit in die Bibliothek zurück. Das schicke Arbeitszimmer war mit Bücherregalen, Ledermöbeln und einer gut gefüllten Mahagonibar ausgestattet. Die drei Männer setzten sich auf große Kapitänsstühle und hielten glimmende kubanische Zigarren in der Hand, als wären sie Götter, die über das Schicksal der Menschheit berieten.
Cristos beobachtete alles durch das leistungsstarke Zielfernrohr seines Scharfschützengewehrs. Er hörte auch jedes Wort über einen Kopfhörer, der das Signal von den Wanzen aufnahm, die er vor ein paar Stunden in dem Raum angebracht hatte.
Desai stellte eine große Holzkiste vor Raj auf den Tisch. Die beiden älteren Männer lächelten, als er den Deckel abhob und einen langen goldenen Dolch herauszog, dessen Griff mit wertvollen Edelsteinen verziert war.
»Dieser Dolch gehörte meinem Urgroßvater«, sagte Desai. »Er war zur Zeit des Marathen-Reiches ein Prinz. Sein Vater ließ ihn für ihn anfertigen als Symbol für Reinheit, Männlichkeit und Befehlsgewalt. Er wird Shiant-Dolch genannt. Es heißt, dass derjenige, der ihn besitzt, große Macht über die Menschheit gewinnen wird. Jetzt gebe ich ihn an dich weiter.«
Cristos umklammerte das lange Galil-Scharfschützengewehr und lächelte, als er die Übergabe beobachtete. Mit keinem Wort wurden Nadia, die Liebe oder die Hochzeit erwähnt – nur Dolche, Geschäfte und Politik. Cristos trank einen ausgiebigen Schluck Wasser aus der Flasche, die neben ihm stand, und genoss die kühle Flüssigkeit, die durch seine Kehle rann.
Ohne noch länger zu zögern, richtete er das Zielfernrohr aus und schwang die Waffe zwischen den Zielpersonen hin und her. Dann nahm er sein erstes Opfer ins Visier, atmete aus und drückte kaltblütig ab. Das acht Zentimeter lange Projektil aus Kupfer schoss aus dem Lauf der Waffe heraus und legte die zweihundert Meter im Bruchteil einer Sekunde zurück. Es durchschlug das große Panoramafenster der Bibliothek, ehe es den Kopf des Premierministers
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