Auferstehung
lang!«, keuchte Dragosani. »Folgen Sie dem Flusslauf.«
»Meinen Sie, die haben eine Chance?« Batu glaubte es offenbar nicht.
»Eine sehr kleine.«
Unter dem schweigenden Mond rannten sie, so schnell sie konnten, über das Eis.
Unter der Eisfläche schaffte es Keogh, der von der Strömung mitgerissen und herumgeschleudert wurde, irgendwie sein Jackett auszuziehen. Unter seinem Hemd trug er ein Taucheranzugoberteil aus Gummi, aber dennoch war die Kälte unglaublich. Sie musste Shukshin, der vollkommen ungeschützt war, erledigen.
Harry begann zu schwimmen und hielt seinen Kopf zur Seite geneigt, mit dem Gesicht an die Eisfläche. Er fand tatsächlich Stellen, wo in flachen Taschen kalte Luft eingeschlossen war. Er schwamm auf seine Mutter zu, folgte dem Strom ihrer besorgten Gedanken genau so, wie er ihnen unfehlbar vor zwei Stunden mit geschlossenen Augen gefolgt war. Doch da hatte er genügend Atemluft gehabt, und es war nicht so kalt gewesen. Für einen Moment wurde er von Panik ergriffen, aber er schob sie aus seinem Bewusstsein. Dort drüben war seine Mama – dort entlang! Er begann, kräftiger zu schwimmen –, dann packte etwas seine Füße, seine Beine. Irgendetwas verstärkte den Griff um ihn und klammerte sich an seine Hose. Shukshin! Der Fluss zog sie als Tandem mit, wie Streichhölzchen im Rinnstein, und presste sie aneinander.
Harry ruderte verzweifelt mit den Armen und mit einem Bein. Er schwamm wie nie zuvor, mit platzenden Lungen und einem Herz, das wie ein großer Gong in seiner Brust schlug. Shukshin hangelte sich seinen Körper hinauf, mit Händen wie die Scheren eines großen Krebses, und schnappte nach Harry, als wollte er ihn in Stücke reißen.
Es war aus; Harry konnte nicht mehr; das Wasser war das schwarze Blut eines gigantischen Aliens, in dessen Adern Harry gespritzt worden war, und Shukshin war der Antikörper, der ihn zerstören musste.
»Mama! Mama! Hilf mir! «, schrie Harry mit seinem Geist, als er schließlich gezwungen war, Luft zu holen, aber nur eisiges Wasser in seinen Rachen und seine Nasenlöcher strömte.
»Harry!«, antwortete sie sofort laut und nah, ihre Stimme klang rasend in seinem Kopf. »Harry, du bist da!«
Er trat nach hinten, schlug mit beiden Beinen nach Shukshin, stieß mit seinem Rücken und Kopf nach oben, krachte gegen die Eisdecke – die sofort gnädig in dünne Splitter zerbarst, als sein Kopf und seine Schultern in die Luft stießen.
Plötzlich war das Wasser ruhig und seine Füße berührten schlammigen Grund in etwa 1,50 Meter Tiefe; noch bevor er wieder scharf sehen konnte und sich nicht mehr alles um ihn herum drehte, wusste Harry, dass er es geschafft hatte. Er sammelte seine letzten Kräfte und streckte die Hände aus, um nach dem dichten Gestrüpp zu greifen, das aus dem überhängenden Ufer herausstand. Langsam begann er, sich aus dem Fluss zu ziehen.
Neben ihm strudelte und gurgelte das Wasser. Harry drehte sich halb um und sah mit Entsetzen ... wie Shukshins wahnsinnige Fratze hustend und würgend neben ihm auftauchte. Der Verrückte erblickte ihn, spuckte Wasser und mit einem blubbernden Schrei der Wut packte er Harry mit eisernem Griff an der Gurgel.
Harry stieß sein Knie in die Leistengegend des Tobenden. Knochen knackten, trotzdem klammerte sich Shukshin weiter an ihn. Er zerrte Harry unerbittlich zurück, sabberte ihm ins Gesicht. Einen langen Augenblick glaubte Harry, Shukshin wolle ihn beißen oder wie ein tollwütiger Hund in Stücke reißen. Er kämpfte gegen Shukshin an, schlug ihm wieder und wieder die geballten Fäuste in das grausige Gesicht, ohne Erfolg. Der Wahnsinnige gewann. Harry würde untergehen ...
Er griff noch einmal nach dem dichten Gestrüpp am Flussufer, aber Shukshins Hände um seinen Hals raubten ihm die Atemluft, raubten ihm das Leben an sich.
»Mama!«, schrie Harry stumm. »Du hattest recht, Mama. Ich hätte auf dich hören sollen. Es tut mir leid.«
»Nein!«, leugnete sie die Niederlage. »Nein!« Shukshin hatte sie getötet, aber ihren Sohn durfte er nicht töten.
Und wieder gurgelte und strömte das eisige Wasser – nur diesmal erschien es noch schwärzer.
Dragosani kam kaum fünf Meter entfernt schlitternd zum Stehen, packte Batu und brachte auch ihn zum Stillstand. Sie hechelten, ihr Atem bildete zerbrechliche Schneekristalle in der Luft, sie beobachteten das Geschehen, und ihre Unterkiefer klappten nach unten. Zwei Männer waren weiter hinten unter dem Eis verschwunden, waren flussabwärts
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