Auferstehung
muss!«
»Keogh, du Scheißkerl! Komm zurück! Oh ... bitte ... komm ... zurück!«
Harry ging weiter.
Um halb zwei nachmittags kam Harry zurück nach Hartlepool. Die Straßen waren ein Albtraum und mit dichtem Schnee bedeckt, sodass seine Nerven noch mehr strapaziert wurden. Als er endlich zu Hause ankam, konnte er sich kaum noch die Treppen hinaufschleppen.
Brenda, die seit acht Wochen seine Frau war, sprang munter durch die Wohnung, die eine fantastische und unerklärliche Metamorphose durchgemacht hatte, seitdem sie nach ihrer standesamtlichen Trauung eingezogen war. Harry schaffte es kaum, sie auf die Wange zu küssen, und war eingeschlafen, noch bevor sein Kopf das Kissen berührte.
Sie wusste, dass er drei Tage lang seiner ›Forschungen‹ wegen fort gewesen war, für ein neues Buch, das er plante – er hatte sich nie die Mühe gemacht zu erklären, was und wo genau. So war Harry eben, sie sollte sich mittlerweile daran gewöhnt haben – aber nicht daran, dass er auftauchte und aussah wie jemand, der gerade drei Tage in einem Gefangenenlager verbracht hatte!
Nachdem er den ganzen Nachmittag durchgeschlafen hatte und ein Fieber auszubrüten schien, rief sie einen Arzt, der gegen acht vorbeikam. Harry wachte für diesen Besuch erst gar nicht auf; der Arzt hielt es für eine Lungenentzündung, obwohl die Symptome nicht ganz passten.
Am nächsten Morgen ging es Harry wieder besser. Er konnte sogar einen Happen zum Frühstück essen, bevor er mit Brenda vorsichtig ein merkwürdiges Gespräch begann, das sie traurigerweise genauso deprimierend und düster fand wie die Gespräche, die sie mit ihm während seiner dunklen und verdrießlichen Phasen in früheren, weniger glücklichen Zeiten geführt hatte. Nachdem sie ihm eine Weile zugehört hatte und er davon anfing, ein Testament aufsetzen zu wollen und alles ihr oder dem Kind zu vermachen, falls sie nicht in der Lage wäre, das Erbe anzutreten, fuhr sie ihn an.
»Harry!« Sie lachte laut auf und ergriff seine Hände, als er so mit eingefallenen Schultern an der Bettkante saß. »Was soll das eigentlich? Du hast dir irgendwas eingefangen und fühlst dich noch ein bisschen schwach. Ich weiß, dass es für dich das Ende der Welt ist, wenn du mal nicht so gut drauf bist. Aber wir sind gerade mal acht Wochen verheiratet und du klingst, als ob du noch vor dem Frühling sterben wirst! So etwas Dämliches habe ich noch nie gehört! Vor einer Woche warst du noch voller Leben, du bist geschwommen, hast gekämpft, hast auf dem Eis getanzt – welche Laus ist dir plötzlich über die Leber gelaufen?«
In dem Moment entschied er, mit den Ausflüchten aufzuhören. Immerhin war sie jetzt seine Frau, und es war ihr Recht, es zu wissen. Also setzte er sich mit ihr hin und erzählte ihr alles, mit Ausnahme seines Traumes mit den Grabsteinen, und natürlich auch nicht von Shukshins Tod. Er gab sein intensives Training der letzten Monate als einfache Maßnahme aus, seine Fitness für zukünftige Aufgaben zu verbessern, Aufgaben, die durchaus gefährlich sein konnten. Dies führte ihn wiederum dazu, von der britischen ESP-Organisation zu erzählen, jedoch nicht sehr tiefgreifend. Es genügte, dass sie wusste, dass er nicht der einzige ungewöhnlich begabte Mensch war – dass es noch viele mehr gab – und dass es fremde, gegen die freie Welt arbeitende Mächte gab, die nicht zögerten, diese Talente zum Schaden anderer einzusetzen. Ein Teil von Harrys Aufgabe innerhalb der Organisation würde es sein sicherzustellen, dass diese fremden Mächte ihre Ziele nicht erreichen konnten; seine Gabe als Necroscope würde als Waffe gegen sie verwendet werden; die Zukunft erschien daher bestenfalls ... ungewiss. Sein Gerede von Testamenten war einfach Ausdruck dieser Unsicherheit: Er hielt es für das Beste, auf jede Eventualität vorbereitet zu sein.
Während er ihr all dies erzählte, fragte er sich, ob er vielleicht einen Fehler beging, ob es vielleicht besser gewesen wäre, Brenda vollständig im Dunkeln zu lassen. Vertraute er sich ihr wirklich an, um sie auf irgendetwas vorzubereiten? Oder waren es wieder seine Schuldgefühle? Er musste nun einen bestimmten Weg gehen; die Jagd war noch nicht vorbei; Shukshin war nur der erste zögerliche Schritt in die richtige Richtung gewesen. Hatte er das Gefühl, dass Brenda in Gefahr war, gerade weil er sich entschieden hatte, in diese Richtung zu gehen? Das Grabmal aus dem Traum – die Warnung seiner Mutter – hatte nichts darüber
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