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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wieder dorthin zurückkehrte. Dabei fiel es ihm als seltsam auf, daß die Dinge, deren er sich entsann, eher solche waren, die seine Gefühle verletzt hatten. Immer hatte er sich angestrengt, es seinem Vater recht zu machen, und wie oft hatte der ihn vor den Kopf gestoßen. Daß der Konflikt zwischen ihnen blutig enden würde, hatte er nicht gewollt. Und trotzdem war es kein Unfall gewesen, wie es später hieß, nachdem Cosmo und Herzogs Anwälte alle Spuren verwischt und beseitigt hatten. Er hatte den Alten über den Haufen fahren wollen. Er hatte seinen Tod dabei billigend in Kauf genommen und verspürte keinerlei Mitleid, als er mit leeren Blicken nach dem Aufprall in den Rückspiegel schaute, eher nur ein Gefühl der Scham, den Vater in seiner Blöße so auf der nassen Straße kriechen zu sehen.
    Während er auf seinen Aufruf wartete und über die Gespräche mit Franziska nachdachte, begann der Druck dieser unangenehmen Erinnerungen nachzulassen. Doch das, was er nunmehr empfand, war merkwürdig genug: Als zernagte ein kleines Füchslein in seiner Magengrube die Schale, mit der er sich in all den Jahren des Exils abgekapselt hatte, und aus latenten Tiefen, deren er sich stets bewußt gewesen war, kam eine Flutwelle von Scham und Reue über ihn, wie er es noch nie erfahren hatte. Danach fühlte er sich erleichtert, und es schien ihm, daß diese Welle zu guter Letzt sogar seinen rebellierenden Instinkt gegen alles, was sein Vater verkörperte, mit sich gerissen und weggewaschen hatte. Als er Tränen auf den Wangen spürte, verbarg er seinen Mund, durch den sich die Erschütterung seines Gemüts am leichtesten verriet. Er war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist aus freiem Willen heimgekehrt.
    Das Schnarren der Täfelchen auf der Departuretafel riß ihn aus seinen Gedanken. Die Passagiere der Air France 172 nach Nizza wurden zum Gate 21 gebeten. Er klemmte das Zeitungskonvolut unter den Arm, nahm seine Reisetasche und machte sich auf den Weg. Sein Herz schlug ungewollt höher bei dem Gedanken, jetzt durch das Gate zu gehen, den Flieger zu besteigen und in einer knappen Stunde seinem Vater gegenüberzustehen. Was würde ihn erwarten? Mit Sicherheit die Frage: » Was hast du in den fünfzehn Jahren deiner Abwesenheit gemacht, mein Sohn?« Was würde er darauf antworten? » Sir, ich habe gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen, ich habe gelernt, nach welchen Prinzipien man heutzutage eine Melodie baut, welche Möglichkeiten es gibt, dem eigenen Empfinden musikalischen Ausdruck zu verleihen, und welche harmonischen und kontrapunktischen Regeln nötig sind, sie in eine Form zu fassen, daß sie stimmen.«



Saint-Tropez – Samstagnachmittag
    Seit fünfzehn Jahren war sie nun mit ihm verheiratet und ihm treu gewesen. Karl war jemand, der darauf angewiesen war, geliebt zu werden, und Marie dachte: Ich kann es und ich tue es. Aber wenn er einmal sterben sollte, bin ich frei. Sie hängte die ausgebürstete Frackjacke auf den Stummen Diener und schaute auf die Uhr. Es wurde allmählich Zeit. Sie wartete nur noch auf Gudrun und Johanna, die den Tee und das Gebäck aus der Küche holen sollten. Zusammen mit Lieschen wollten sie alle vier gemeinsam den Opa wecken.
    Wenig später wartete das Lufttaxi auf dem Hubschrauberlandeplatz hinter den Gewächshäusern, um die kleine Gesellschaft ins Studio nach Nizza zu fliegen, und Herzog stand noch immr in Unterwäsche und schwarzseidenen Kniestrümpfen im Ankleidezimmer vor dem Spiegel. Es wurde höchste Zeit, denn in den Victorine Studios war bereits der Countdown eingeleitet worden.
    Seine vier Frauen assistierten ihm wie Ministrantinnen einem Priester beim Anlegen der Meßgewänder. Gudrun reichte ihm das Frackhemd mit der gestärkten Piquébrust, in das er wie bei einem Kopfsprung mit beiden Armen voraus hineinglitt, um seine Frisur nicht zu zerzausen. Dann stieg er in die Frackhose, die ihm von Maria hingehalten wurde, streifte die Hosenträger über und schlüpfte in die Lackschuhe, die Lieschen zuband, während er die weiße Weste überzog und Johanna ihm die Manschettenknöpfe in die Aufschläge knöpfte.
    Während er sich wie ein unselbständiger Knabe anziehen ließ, dachte er an die Frau mit der Persephone-Maske, von der er, wie schon oft, wieder geträumt hatte, die auf einem flachen, mit Blumen und Lichtern geschmückten Nachen an der Brücke anlegte, wo er und der Vater die Nacht verbracht hatten, auf ihrem Weg zu Pettermanns Gasthaus.
    Es war

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