Augenblicklich ewig
noch aufrichtig und das Blau ihrer Augen leuchtete regelrecht.
»Nun, Sam, was tust du, wenn du nicht gerade Portraits fotografierst?«
»Ich plane derzeit eine Ausstellung. Gewöhnlich mache ich Aufnahmen von reichen Fräuleins aus gutem Hause und den Ehefrauen reicher Industrieller. Von dieser Arbeit kann ich gut leben. Aber eine Ausstellung wird meinen Bekanntheitsgrad weiter erhöhen, und vielleicht werde ich sogar einmal reich«, antwortete er stolz und hoffte, Polly damit zu beeindrucken.
»Eine Ausstellung? Das freut mich.« Zu seiner Verwunderung schwang auch in ihrer Stimme Stolz mit. »Und wenn du nicht arbeitest, führst du in Tanzlokalen junge Damen hinters Licht, indem du ihnen vorgaukelst, sie zu erkennen?«
Sam bekam auf der Stelle ein schlechtes Gewissen. Bei dem Versuch, sie kennenzulernen, hatte er in der Tat nicht das beste Licht auf sich geworfen. »Ich gestehe, meine Ansprache war nicht die beste. Aber zu meiner Verteidigung kann ich vorbringen, Sie wussten immerhin, wer ich bin.»
Pollys Blick wurde plötzlich weich »Wie recht du hast, Sam.« Sie klang beinahe verträumt und er wünschte sich, in ihren hübschen Kopf schauen zu können. Was auch immer sie sich ausmalte, schien ihr zu gefallen und er hoffte, Teil davon zu sein. Schließlich wollte er sich immer noch amüsieren.
»Also bringst du gewöhnlich keine jungen Damen in Verlegenheit?«
Nun ahnte er, worauf sie hinauswollte. Sie wollte seine Absichten klären und ausmachen, ob er ein Spieler und Charmeur war. »Ich kann eine gewisse Leidenschaft für Amüsements nicht verhehlen«, gestand er, »aber Damen in Verlegenheit oder gar in widrige Umstände zu bringen, liegt mir fern.«
Ihr Lächeln erstarb für einen winzigen Augenblick. Als es erneut auf ihren Lippen erschien, sah es weniger aufrichtig aus, als koste es sie eine gewisse Anstrengung, es aufrecht zu halten. Hatte er sich in ihr getäuscht? War sie weniger an Spaß, als an einem Ehemann interessiert? Er würde es auf einen Versuch ankommen lassen müssen.
»Wieso reden wir eigentlich die ganze Zeit über mich? Erzählen Sie mir doch etwas über sich, Polly. Bisher weiß ich nur über Sie, dass sie hervorragend tanzen und sich gekonnt gegen allzu aufdringliche Herren zur Wehr setzen.«
»Nur, wenn du aufhörst, mich zu siezen, Sam. Da ich nicht vorhabe, das Du aufzugeben, wirst du dich wohl oder übel daran gewöhnen müssen.«
Er konnte nur grinsend nicken. Hoffentlich täuschte er sich nicht. Diese Polly war viel zu interessant, um jetzt schon wieder Reißaus zu nehmen.
»Wenn ich nicht tanze, arbeite ich als Stenotypistin und veröffentliche gelegentlich Kleinigkeiten in der Berliner Morgenpost.«
»Sie ... du bist also Journalistin?« Sam lobte sich in Gedanken für seinen Instinkt. Er hatte auf den ersten Blick erkannt, Polly war unabhängig.
»Nun, nicht gerade Journalistin, sondern eine Stenotypistin mit einer Leidenschaft fürs Journalistische, würde ich sagen. Mein Traum wäre es natürlich, ganz zum schreibenden Fach zu wechseln, aber derzeit bietet mir niemand genug für meine Artikel, damit ich damit auch nur meine Miete bezahlen kann.«
»Du wohnst allein?« Jetzt überraschte sie Sam. Er kannte kaum eine Dame ihres Alters, die allein wohnte. Gewöhnlich lebten sie, so lange sie unverheiratet waren, bei ihren Eltern, einer Tante, oder wenn sie sehr freiheitsliebend waren, mit einer anderen Dame ihres Alters zusammen.
Polly zuckte mit den Schultern. »Natürlich. Mit wem sollte ich auch zusammenleben? Meine Eltern sind beide tot und durch mein Gehalt kann ich mir ein kleines Zimmer leisten.« Für einen kurzen Moment schien sie traurigen Erinnerungen nachzuhängen, dann fügte Polly hinzu: »Es hat sogar eine Zentralheizung.«
»Wieder eine Gemeinsamkeit. Wenn auch eine traurige. Meine Eltern leben ebenfalls nicht mehr.«
»So ist es nun einmal«, antwortete sie, immer noch in Gedanken und Sam wusste nicht recht, was sie damit meinte.
»Sollen wir noch ein Getränk bestellen?«, fragte er deshalb, und um die Stimmung wieder zu heben.
Polly tauchte aus ihren Gedanken auf und sah ihn an. »Nein, ich muss gehen. Morgen ist ein Arbeitstag und ich muss pünktlich schon um sieben Uhr im Büro sein.«
»Um sieben? Das ist unmenschlich!«
»Nicht jeder ist Künstler und kann den Tag beginnen, wann immer es ihm lieb ist, Sam.« Obwohl ein kleiner Vorwurf in ihrer Stimme mitschwang, lachte sie und sah dabei hinreißend aus.
»Natürlich. Ich wollte nicht
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