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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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aber die Tatsache, daß ich den Transport gemeinsam mit einem anderen »Auschwitzer« antreten sollte, gab mir eindeutig Auftrieb. Ich gewann die Zuversicht, daß es mit Zbyszek zusammen sicherer sein werde. Und da erinnerte ich mich an den in meiner Kragennaht versteckten Geldschein. Ich sagte es Zbyszek. Der überlegte einen Augenblick und schlug dann vor: »Wenn wir zusammen in ein Lager fahren sollen, das sie erst neu einrichten, dann brauchen sie dort bestimmt Köche! Zur Arbeit in der Küche eingewiesen zu werden, das wäre doch sicher eine Chance für uns, nicht wahr?« Zbyszek war älter als ich und wußte, was er sagte. Eifrig stimmte ich ihm zu. Ich sah keinen anderen Ausweg, und ich vertraute ihm.
    »Weißt du was«, fuhr Zbyszek fort, »wenn du mir die fünf Dollar gibst, dann gelingt es mir vielleicht, die Sache in der Schreibstube zu erledigen. Ich habe dort einen Deutschen, für den ich, als ich noch in der Küche war, etwas erledigt habe. Vielleicht läßt sich was machen.« Ohne zu zögern, zog ich den versteckten Schein heraus und gab ihn Zbyszek. Niemand befand sich in der Nähe, so daß es für unser Gespräch keine Zeugen gab. »Aber denk daran, daß ich in Auschwitz auch Koch gewesen bin«, erinnerte ich ihn mit einem gewissen Stolz. »Ist gemacht! Du kannst beruhigt sein!« Wir verabschiedeten uns, und zwei Tage später bestand kein Zweifel mehr.
    Wir würden in ein neu eingerichtetes Kommando kommen, das den zerbombten Regensburger Bahnhof und die umliegenden Wohnhäuser aufräumen sollte und daher »Aufräumungskommando« hieß. Ich ging zu meinen Gefährten im Revier. Ich verabschiedete mich von ihnen und von den Pflegern, denen ich zweifellos meine Rettung zu verdanken hatte. Ich umarmte Tadek, Janusz und Franek und wünschte ihnen baldige Freiheit.
    Am nächsten Tag befand ich mich in einer Kolonne von 500 Häftlingen. Ich suchte nach Zbyszek. Kaum hatte der mich entdeckt, flüsterte er: »Alles erledigt!« und zwinkerte mir lausbübisch zu. Auf Befehl des Kapos, eines Deutschen mit schwarzem Armwinkel, setzte sich die Kolonne durch das Tor hindurch in Marsch, aufmerksam gezählt von mehreren SS -Leuten. Irgendwie wurden mir die Augen feucht. Schwerverletzt hatte man mich in dieses Lager gebracht, um mich zu verbrennen. Aber das Schicksal hatte es anders gefügt. Ich verließ das Lager, das als eines der schlimmsten berüchtigt war. Trotzdem war ich hier hilfsbereiten Menschen begegnet, Leuten, die mir halfen und mir das Leben zurückgaben. Ich hatte wiederum die Aussicht, zu überleben. Ich hatte fast ein Jahr in diesem Lager ertragen, in dem viele meiner Kameraden sowie andere Häftlinge den Tod gefunden hatten.
    Der rhythmische Schritt der sich von Flossenbürg entfernenden Kolonne brachte mich der nächsten Prüfung – unter den Bedingungen eines neuen Lagers – näher. Auf dem Bahnhof Floss wurden wir in Güterwagen verladen.

Regensburg
    Am Vormittag des nächsten Tages erreichten wir Regensburg. Kaum stand der Zug, begrüßte uns ein Sirenenkonzert, das Fliegeralarm ankündigte. Jetzt geht es los – sagte ich mir.
    Wir mußten uns auf den Boden der Waggons legen, während die SS -Posten in nahegelegenen Gebäuden Zuflucht suchten. Nur zwei von ihnen blieben mit Maschinengewehren – am Anfang und am Ende des Zuges – zurück und paßten auf, daß keiner der Häftlinge seinen Waggon verließ. Der Alarm dauerte eine Stunde. Dann bekamen wir den Befehl, auszusteigen und uns zu einer Marschkolonne aufzustellen. Man führte uns durch kleine Nebenstraßen der Stadt. In der Ferne erblickte ich die schlanken gotischen Türme des Doms. Unterwegs sah ich, daß viele Wohnhäuser durch Bomben beschädigt waren. Statt in stacheldrahtumzäunten Baracken wurden wir im riesigen Tanz- und Speisesaal eines großen Gebäudes untergebracht – gleich jenseits der Donau-Brücke. Der Saal war in einen »Wohnblock« für Häftlinge verwandelt worden. An den Wänden hatte man einige Strohsäcke ausgelegt, mehrere hundert Decken herbeigeschafft und die Fenster mit Brettern vernagelt. An den Eingängen standen SS -Posten. Hier sollten wir uns nach der Arbeit »erholen«, und unsere Arbeit sollte darin bestehen, daß wir die zerstörten Viertel der Stadt einschließlich des Bahnhofs aufräumten.
    Am nächsten Tag, vor dem Ausmarsch der Häftlinge zur Arbeit, rief der Kapo die Nummern von Zbyszek und mir auf. Wir wurden von einem alten, über sechzigjährigen SS -Unterscharführer abgeholt, der uns

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