Aus der Hölle zurück
leichter durch«, riet er mir.
Endlich gelang es mir, mich aus dem Tohuwabohu um den Blindgänger zu befreien und der Bombe zu entfliehen. Ich war schweißüberströmt. Ich versuchte, mir den Kessel wieder auf die Schultern zu laden. Er warf mich so in die Knie, daß ich beinahe hingefallen wäre. Verflucht noch mal – ich hatte ihn nicht auf etwas Festes gestützt! Am Ende lehnte ich ihn an irgendwelches Eisenzeug, und nun gelang es. Plagge hatte meine Schwierigkeiten mitbekommen und brüllte sofort: »Wenn du auch nur einen Tropfen verschüttest, du blöder Sack, dann bleibst du für immer in diesen Trümmern zurück!«
Es schien mir, als hörte ich, wie er den Revolver entsicherte. Ich packte den Griff des Kessels fester und stützte mich mit der anderen Hand ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mein Herz klopfte wild. Nur mühsam schleppte ich die verfluchte Last weiter. Ich war am Ende meiner Kräfte. Jeder Schritt bereitete mir auf zweierlei Art Qual und Pein. Ich atmete schwer, meine Blicke tasteten nach dem ebensten Gelände, auf dem ich leichter vorwärts kommen konnte. Schließlich – ich war vollkommen erschöpft – rief ich Zbyszek verzweifelt zu: »Ich kann nicht mehr! Hilf mir!« Zbyszek setzte seinen Kessel neben meinem ab, und als Plagge stehenblieb und erstaunt fragte, was es gebe, bat er ihn, er möge uns erlauben, die Kessel gemeinsam weiterzuschleppen. Bis zum Lager, neben dem wir unseren Rollwagen abgestellt hatten, war es nicht mehr weit. Der SS -Mann knurrte nur: »Aber los, schneller!« Wir packten mit beiden Händen die Griffe der Kessel und gingen weiter. Ich mußte versuchen, Gleichschritt zu halten, um nicht mit den Füßen an den Kessel zu stoßen.
Die Unebenheiten des Geländes erschwerten das Fortkommen. Alle Augenblicke stolperte ich über einen Stein, ein Stück Eisen oder die zersplitterten Bohlen zerbombter Waggons. Ich konnte nicht Schritt halten und war schuld, daß Zbyszek und ich stolperten. Beinahe wäre uns einer der Kessel umgekippt. Im letzten Augenblick konnte ich das Gleichgewicht wahren und mich bemühen, wieder mit Zbyszek Schritt zu halten. Aber Plagge war wachsam wie immer. Er hatte meine Ungeschicklichkeit und Schwäche bemerkt und schlug mir mit dem Kolben des Revolvers auf den Hinterkopf. Dabei zischte er: »Du verfluchter Hund, du bist zu nichts zu gebrauchen, höchstens für den Kamin. Schneller, zum Teufel noch mal!« Ich klammerte mich noch fester an die Griffe der Kessel.
Schließlich erblickten wir keine 50 Meter weit vor uns den Wagen, und ausgerechnet in dem Augenblick vernahmen wir irgendwo von der Seite her das blitzschnell anschwellende Heulen von Flugzeugmotoren. Fast genau über uns flogen zwei amerikanische Bomber hinweg, die im Tiefflug Bomben warfen. Um uns herum begann es zu kochen. Ein unglaublicher Lärm erfüllte die Luft. Plagge konnte gerade noch »Hinlegen!« rufen. Wir ließen die Kessel fahren und warfen uns nebeneinander zu Boden. Bombeneinschläge fegten über unsere Köpfe hinweg. Aus der Luft hagelten Erdbrocken, Steine und Sand auf uns nieder. So schnell und überraschend, wie die Bomber aufgetaucht waren, verschwanden sie auch wieder in Richtung Westen. Kaum hatte ich die Aufregung überwunden, spürte ich einen leichten Schmerz am Hinterkopf. Am Kragen der Häftlingsjacke begann etwas Feuchtes herunterzusickern. Als ich mit der Hand dort hinfaßte, hatte ich Blut an den Fingern. Zum Glück war es nur eine leichte Streifverletzung durch einen scharfkantigen Gegenstand oder Stein. Zum Überlegen blieb keine Zeit. Plagge hieß uns sofort aufstehen. Wir griffen wieder nach den Kesseln und brachten sie am Ende zum Rollwagen.
Nach dem entsetzlichen Schleppen der Kessel auf dem Rücken bedeutete das Schieben des Wagens eine weitaus geringere Anstrengung, obwohl wir ihn auf bestimmten Straßenabschnitten bergauf schieben mußten. Als wir in die Nähe der Brücke kamen, wurde Entwarnung gegeben. Aus den Luftschutzkellern, aus Wohnhäusern und anderen Gebäuden kamen die Menschen heraus, unter ihnen auch die Streifen des Luftschutzdienstes. Uns beachtete jedoch keiner. Zwei Häftlinge in gestreiftem Drillich und dahinter ein SS - Mann mit gezogener Pistole – das erklärte alles. Plagge befahl uns, den Rollwagen auf den Hof eines in der Nähe unserer Feldküche gelegenen Wohnhauses zu schieben. Die Kessel mit dem Kognak trugen wir in eine kleine Wohnung im Erdgeschoß. Sie war das Quartier des Lagerkommandanten.
Als wir
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