Aus der Spur
allseits begehrte Neuwagen-Duft wohl anhalten würde.
Bei seiner kleinen sonntäglichen Shoppingtour hatte Shamus unter anderem Handschellen erworben. Die Dinger waren natürlich nicht so gut wie echte Polizei-Handschellen, aber für seine Zwecke völlig ausreichend. In dem Ramschladen hatte wenigstens keiner dumme Fragen gestellt. Danach hatte Shamus im Baumarkt einen Vorrat an Isolierband gekauft. Das Zeug war einfach klasse. Es war idiotensicher und sorgte dafür, dass er schnell die Oberhand gewann. Als Letztes hatte Shamus bei einer Bäckerei haltgemacht und dort ein Baguette vom Vortag gekauft. Shamus hatte noch den herrlichen Duft des kleinen Ladens in der Nase, als das Meeting zu Ende ging und er aus seinen Gedanken gerissen wurde.
» Also, Leute, denkt dran: Wenn ihr das Kaufantragsformular gleich beim ersten Mal richtig ausfüllt, spart ihr Zeit. Und die könnt ihr dann nutzen, um noch mehr Autos zu verkaufen. Alles klar? « , meinte Baer und nickte dabei, als hätte er gerade die größte Weisheit aller Zeiten verkündet.
Jake klatschte laut in die Hände. » Na gut, Leute, legen wir los! Wir wollen wieder einen guten Wochenstart, okay? Ihr leistet klasse Arbeit; weiter so! «
Nur als er einen neu gelieferten Wagen an sehr angenehme Kunden übergab, konnte Shamus sich von seinen Gedanken an die Hubberts ablenken. Der Tag zog sich unerträglich in die Länge.
Trotzdem hatte Shamus bis zum späten Nachmittag ein paar vielversprechende potenzielle Kunden an Land gezogen. Am Abend verkaufte er sogar einen Civic an eine nette Koreanerin, die das Auto ihrem Sohn schenken wollte.
Shamus machte ihr ein Angebot, bei dem das Autohaus und er ausnahmsweise einen anständigen Profit machen würden, und meinte: » Okay, Mrs. Kim, ich geben Ihnen Auto zu diesem Preis und ersten Ölwechsel umsonst. Haben wir Deal? « Shamus war automatisch in gebrochenes Englisch verfallen, obwohl er nicht die Absicht gehabt hatte, sie von oben herab zu behandeln.
» Nun, vielleicht. Ich überlegen « , sagte sie, machte aber keine Anstalten zu gehen. Shamus wusste, dass er die Sache so gut wie in der Tasche hatte.
» Zwei Ölwechsel und eine Autowäsche gratis… und das hier noch dazu. « Er hielt ihr einen Plastikkugelschreiber mit dem Logo von Patriot Motors hin. Verkauft!
Warum konnten nicht alle Kunden so sein wie die Johnsons oder Mrs. Kim? Hier haben Sie ein schönes Auto und ein gutes Angebot, Sie geben mir ein bisschen Geld, dafür bekommen Sie die Schlüssel– und ein schönes Leben noch!
Ein paar Stunden zuvor hatte Dale Olinger, der vierschrötige Finanzmanager des Ladens und ein selbsterklärter » alter Lustmolch « , bei Shamus hereingeschaut. Er hatte ihm die Bankauskunft der Ratte vom Samstag unter die Nase gehalten, sein einziger » erfolgreicher « Vertragsabschluss an diesem Scheißtag.
» Richte deinem Kunden doch Folgendes aus: Wenn er schon auf Ratenzahlung besteht, sollte er ab und zu auch mal eine begleichen. « Shamus quittierte Dales Worte nur mit einem Schulterzucken.
» Gute Arbeit heute, Shamus « , sagte Jake kurz vor Ladenschluss zu ihm. » Du hast dich trotz des miesen Samstags nicht unterkriegen lassen. «
» Hey, Shamus! Einen schönen freien Tag wünsch’ ich dir « , rief ihm Jonah zu, als er aus dem Laden schlenderte.
Um fünf nach neun war das Autohaus immer noch nicht ganz leer, aber Shamus konnte nicht länger hier warten. Die Ersatzschlüssel für den Toyota Camry, der auf dem Parkplatz stand, hatte er schon mitgehen lassen. Das Auto selbst konnte er allerdings erst holen, wenn die Luft rein war.
Shamus grinste, als er an der Kameraattrappe mit dem Warnschild darunter vorbeiging. Zu seinem Glück waren die Inhaber zu geizig für ein echtes Überwachungssystem.
Er verließ das Grundstück und gondelte etwa eine halbe Stunde mit seinem Wagen durch die Gegend. Die Anspannung in ihm wuchs. Als er glaubte, dass genug Zeit verstrichen war, kehrte er schließlich zu Patriot Motors zurück.
Das Autohaus lag still und dunkel da. Shamus fuhr um das Gebäude herum auf den hinteren Parkplatz und hielt neben dem Toyota. Nachdem er seine Ausrüstung in den schwarzen Wagen umgeladen hatte, parkte er sein eigenes Auto einen Häuserblock entfernt neben einer Kneipe.
Mit dem Toyota fuhr Shamus dann nach Fairbrigde, wo seine Beute lebte. Auf dem Weg zu der Wohnsiedlung sah er außer einem alten Mann, der seinen Hund Gassi führte, niemanden. Weder Mensch noch Tier schienen von ihm Notiz zu
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