Aus der Welt
haben das Geld.«
»Nun, ich weiß, dass ihr Verträge habt, die auf dem Papier ziemlich viel Geld wert sind. Aber Stuart wird kaum mit dem Schreiben begonnen haben, bevor ihr ihm nicht einen Vorschuss bezahlt habt.«
»Natürlich nicht. Die Studios stürzen sich auf ihn wie die Geier. Er könnte das Zehnfache verlangen, wenn er wollte.«
»Ihr wolltet also die Ersten sein?«
»Ganz genau, Schätzchen.«
»Ich bin nicht dein ›Schätzchen‹«, sagte ich und legte auf.
Als Theo drei Tage später zurückkam, lauteten seine ersten Worte: »Du hast Adrienne Vorwürfe wegen des Drehbuchvertrags mit Stuart gemacht.«
»Wie ich sehe, hält dich deine Freundin über unsere Gespräche auf dem Laufenden.«
»Sie ist nicht meine Freundin – aber ich weiß, dass du sie nicht ausstehen kannst.«
»Das habe ich nie gesagt.«
»Das musstest du auch gar nicht. Dein Gesicht spricht Bände.«
»Ganz einfach, weil diese Frau der Teufel ist. Und dementsprechend gefährlich.«
»Du hast ja keine Ahnung. Sie genießt großen Respekt in der Filmbranche …«
»Und warum macht sie dann Geschäfte mir dir?«
Kaum hatte ich das ausgesprochen, bereute ich es schon. Aber so ist das nun mal, wenn man streitet. Das Gesagte lässt sich nicht mehr so schnell zurücknehmen.
» Fuck you «, sagte Theo leise.
»Es tut mir leid. Es war nicht so gemeint.«
»O doch, und ob das so gemeint war! So wie du mich immer als Versager betrachtet hast, mit dem du dummerweise ein paarmal zu oft geschlafen hast. Vergiss es. Aber eines sage ich dir: Dürfte ich zwischen dir und Adrienne wählen, würde ich mich in null Komma nichts für Adrienne entscheiden.«
Während er die Worte »null Komma nichts« aussprach, schnippte er direkt vor meinem Gesicht mit den Fingern. Dann nahm er seinen Mantel und die Leica und verließ die Wohnung.
Ich sah ihn drei Wochen nicht mehr. Und hörte in dieser Zeit auch nichts von ihm. Ich versuchte, ihn auf dem Handy zu erreichen. Ich schickte unzählige E-Mails. Nach achtundvierzig Stunden rief ich beim Harvard Film Archive an und erfuhr, dass Theo ein halbes Jahr Urlaub genommen hatte. Man wisse nicht, wo er sich derzeit aufhalte. Also ging ich zu seiner Wohnung. Er hatte sie an einen Harvard-Studenten aus Mumbai untervermietet. Der besaß auch keine Adresse von Theo, nur eine Postfachadresse. Jetzt versuchte ich es auf die unterwürfige Tour und schrieb Theo in mehreren E-Mails, ich hätte nur aus Wut so etwas gesagt. Natürlich hätte ich nie so heftig reagieren dürfen, und es täte mir aufrichtig leid, dass unser Gespräch so scheußlich geendet hätte. Wir könnten uns doch wenigstens zusammensetzen und miteinander reden.
Keine Antwort.
Ich rief Adrienne an. Genau wie er beantwortete sie weder meine Anrufe noch meine Kurznachrichten auf dem Mobiltelefon. Ich war fest davon überzeugt, dass sie beide sahen, wie meine Nummer auf ihren Displays aufblinkte, und beschlossen, nicht dranzugehen. Mit Sicherheit lebten sie zusammen – und hatten sich gegen mich verbündet.
»Natürlich fickt er sie«, sagte Christy, als sie ein paar Wochen nach seinem Verschwinden auf der Durchreise nach Cambridge kam. »Er ist schließlich ein Mann. Das machen Männer nun mal mit Frauen, die verfügbar und willens sind. Aber wie lange willst du das noch mitmachen? Warum lässt du dir das überhaupt gefallen?«
»Wir haben ein gemeinsames Kind.«
»Aber er kümmert sich ohnehin kaum um Emily. Insofern …«
»Ich weiß, ich weiß.«
»Wenn der Mann, mit dem du zusammenlebst, einfach so für ein paar Wochen aus deinem Leben verschwindet, ohne dir zu sagen, wohin, solltest du dich fragen, ob du ihn noch zurückwillst.«
Ich ließ den Kopf hängen, blinzelte und spürte, wie mir die Tränen kamen.
»Da ist noch etwas, etwas viel Schlimmeres«, sagte ich.
Dann erzählte ich ihr von dem Anruf, den ich in der Woche zuvor von meiner Mutter bekommen hatte. Es war das erste Mal, dass wir seit jenem furchtbaren Wochenende mit Theo wieder miteinander gesprochen hatten. Als Emily zur Welt kam, schickte ich ihr zwar Fotos – und sie antwortete mit einem höflichen, förmlichen Brief, in dem stand, dass Emily tatsächlich ein wunderschönes Mädchen sei, das mir hoffentlich viel Freude machen würde. Mehr nicht. Ich schrieb einen richtigen Brief zurück (Mom weigerte sich, privat E-Mails zu schreiben, obwohl sie beruflich dazu gezwungen war), von wegen, das Leben sei kurz. Wenn sie uns in Cambridge besuchen wolle, sei sie jederzeit
Weitere Kostenlose Bücher