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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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bereits wegen Prostitution verurteilt worden war. Sie hieß Chrissy Ely. Laut dem Regina Journal hatte sie ihre Klage später zurückgezogen und gesagt, es wäre alles nur ein Missverständnis gewesen. (Aber warum stand dann nicht mehr darüber in der Zeitung? Und was hatte sie zu dieser Kehrtwendung veranlasst?)
    Als ich das Internetcafé endlich verließ, war es beinahe sieben Uhr morgens: Ich sammelte sämtliche Ausdrucke ein. Ich zog den Reißverschluss meines Parkas zu. Ich trat hinaus in die Kälte, trotzte mit gesenktem Kopf dem Wind und kämpfte mich mit dem festen Vorsatz nach Hause, ein bisschen zu schlafen.
    Doch als ich meine Haustür beinahe erreicht hatte, sah ich davor unwillkommenen Besuch: ein Polizeiauto. Ich überlegte kurz, ob ich ein unbeteiligtes Gesicht aufsetzen und einfach verschwinden sollte. Gleichzeitig wusste ich: Darum komme ich nicht herum. In dem Auto saßen zwei uniformierte Beamte. Beide stiegen aus, als ich näher kam.
    »Jane Howard?«, sagte der erste.
    Ich nickte und fragte mich, woher sie wussten, dass ich es war. Ich sah, wie sie mich musterten und überlegten, ob ich es wohl auf einen Fluchtversuch, einen Kampf oder so etwas ankommen lassen würde.
    »Wir wollen Sie nicht verhaften, Miss Howard«, sagte der Zweite, während sie mich in die Mitte nahmen. »Wir möchten Ihnen aber zu dem Vorfall gestern in Townsend ein paar Fragen stellen. Sie können sich zwar weigern, sie jetzt zu beantworten. Aber dann wird einer von uns mit Ihnen in Ihrer Wohnung bleiben, während der andere einen Gerichtsbeschluss erwirkt, dass Sie offiziell von der Polizei vernommen werden dürfen. Sie können gern einen Rechtsbeistand für die Befragung hinzuziehen. In diesem Fall dürfen wir Sie allerdings so lange festhalten, bis Ihr Rechtsbeistand – oder der, den Ihnen die Provinz zuteilt – eingetroffen ist. Sie können den Vorgang jedoch erheblich beschleunigen, wenn Sie gleich mit uns kommen.«
    Was hatte ich schon für eine Wahl? Ich wollte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen und sagte: »Ich komme gleich mit.«
    »Das ist eine vernünftige Entscheidung«, sagte der erste Polizist, fasste mich sachte am Arm und führte mich zum Streifenwagen, dessen Motor bereits lief.
    Sie brachten mich zu einem anonymen Bürogebäude am Rande der Innenstadt. Wir fuhren in eine Tiefgarage und parkten in der Nähe eines Lifts. Die Polizisten hatten die ganze Fahrt über kein Wort mit mir gewechselt. Als wir anhielten, stieg der Fahrer aus und öffnete mir die Tür. Wir warteten, bis der andere Polizist ausstieg. Er gab einen Code in eine Tastatur ein. Eine Tür sprang klickend auf. Indem er mich leicht am Arm berührte, befahl mir der andere Polizist, weiterzugehen.
    Wir fuhren vier Stockwerke hoch. Als wird oben waren, wurde ich gebeten, erst nach rechts und dann nach links zu gehen. Wir erreichten mehrere Stahltüren. Ein weiterer Code wurde eingegeben. Ein weiteres Klicken. Ich wurde in einen kleinen Raum mit einem Stahltisch und drei Stühlen geführt. An einer Wand befand sich ein Spiegel. Ich hatte genügend Fernsehkrimis gesehen, um zu wissen, dass dies ein Spiegel war, durch den man von der anderen Seite beobachtet werden kann.
    »Setzen Sie sich«, sagte der erste Polizist. »Sergeant Clark wird gleich kommen.«
    Ich setzte mich.
    »Darf ich Ihnen irgendetwas bringen? Wasser? Kaffee?«
    »Kaffee, schwarz, mit etwas Zucker, bitte«, sagte ich und dachte: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Verbrecher immer so behandelt werden . Vielleicht hielten sie mich nicht für eine Verbrecherin, sondern nur für eine Verrückte.
    Die Tür fiel hinter dem Polizisten zu. Ich zog meinen Parka aus und versuchte, es mir auf dem Stuhl mit Stahllehne bequem zu machen. Die schlaflose Nacht machte sich auf einmal deutlich bemerkbar. Doch auf diesen Stühlen konnte man nicht anders, als eine gerade, aufrechte Haltung anzunehmen. Obwohl ich durch und durch müde war, musste ich der Tatsache ins Auge blicken, dass ich auf einem Polizeirevier gelandet war … und das nur, weil ich mich extrem dämlich angestellt hatte.
    Die Tür ging erneut auf. Ein Mann von Anfang fünfzig kam herein. Er war groß und hatte die Figur eines alternden Football-Spielers. Sein Anzug war grau, seine Krawatte hatte irgendein Streifenmuster. Und er hielt einen dampfenden Plastikbecher in der Hand.
    »Miss Howard? Ich bin Sergeant William Clark von der kanadischen Polizei. Hier ist Ihr Kaffee.«
    »Danke«, sagte ich und nahm ihn

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