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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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nicht sehr stabil. Eins, zwei, drei …
    Ich trat die Tür ein und lief schreiend auf Coursen zu. Er sprang überrascht auf. In diesem Moment rammte ich ihm die Schaufel in den Unterleib. Er fiel zu Boden, und ich ließ die Schaufel auf seinen Scheitel niedersausen. Er taumelte zur Seite, stolperte ein paar Schritte und fiel dann auf die Knie. Er regte sich nicht, Blut strömte über sein Gesicht.
    Das Mädchen auf der Matratze heulte wie ein verwundetes Tier. Ich ließ die Schaufel fallen und ging zu ihr, um sie zu trösten. Aber als ich die Arme um sie legen wollte, schrie sie auf.
    »Alles ist gut, es ist gut«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass das Gegenteil der Fall war. Das Mädchen war schmutzig, sein Unterkörper war mit blauen Flecken und Schnittwunden über sät. Seine Lippen waren wund, die Fingernägel schmutzverkrustet. Die Fußfessel hatte ihm tief ins Fleisch geschnitten. Die Wunde sah entzündet aus, so als drohe bereits eine Blutvergiftung. Links neben der Matratze stand ein Eimer, aus dem es nach Fäkalien stank. Die Haare des Mädchens waren verfilzt, seine Kopfhaut schorfig. Aber am schlimmsten waren die Augen. Sie waren hohl und eingefallen, zeigten keinerlei Gefühlsregung, nur bloßes Entsetzen.
    »Ivy MacIntyre?«, flüsterte ich.
    Sie nickte zögerlich. Ich erwiderte ihr Nicken und sah mich nach Coursen um. Er war auf dem Boden zusammengesackt. Ich griff wieder nach der Schaufel, ging auf ihn zu und hob den Arm – bereit zuzuschlagen, wenn er es wagte, sich zu rühren. Aber er war kaum noch bei Bewusstsein. Angesichts seines verwirrten Gesichtsausdrucks musste er eine ernsthafte Gehirnerschütterung haben. Als ich ihn mit der Schaufel anstupste, kam nur ein Stöhnen. Seine Hose hing ihm noch immer um die Knöchel. Ich griff in eine der Taschen, fand seine Autoschlüssel sowie eine dicke Kette, an der zehn Schlüssel hingen. Zitternd zog ich beides heraus, steckte es in meine Tasche und ging dann wieder zu Ivy. Sie hatte sich auf der Matratze zusammengerollt und schlotterte. Ich probierte einen Schlüssel nach dem anderen. Der achte öffnete die Fußfessel. Als ich sie vorsichtig abzog, sah ich erst das ganze Ausmaß der Knöchelverletzung. Unter dem wunden Fleisch sah bereits der Knochen hervor.
    Bevor ich mich wieder um Ivy kümmerte, ging ich mit der Fußfessel zu Coursen. Dabei zog ich mit aller Kraft an der Kette, um ihre Stabilität zu testen. Sie war mithilfe einer Schelle an einer Eisenstange befestigt, die fest im Boden verankert war. Sie schien einiges auszuhalten, und ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wie oft Ivy gegen diese mittelalterliche Fessel angekämpft hatte. Gleich würde Coursen eine kleine Kostprobe seiner eigenen Brutalität bekommen! Ich legte die Fessel um einen seiner Knöchel und schlug ihm heftig ins Gesicht. Er öffnete kurz die Augen und schien mich vage zu erkennen. Ich beugte mich zu ihm hinunter und flüsterte ihm genau drei Worte ins Ohr: »Lobet den Herrn.«
    Dann stand ich auf und trat ihm mit aller Kraft in den Unterleib.
    Diesmal ließ er ein gequältes Stöhnen hören. Ich sah mich um und entdeckte eine schmutzige Jogginghose, die neben der Matratze liegen gelassen worden war. Ivy wehrte sich zunächst, als ich versuchte, ihr hineinzuhelfen. Aber ich flüsterte ihr immer wieder zu, dass alles gut wäre, dass es vorbei sei. Es gelang mir, ihr die Jogginghose anzuziehen und ihr auf die Beine zu helfen. Aber der entzündete Knöchel gab nach, und sie schrie auf vor Schmerz. Also legte ich sie über meine Schulter und erwartete, unter ihrer Last zusammenzubrechen. Aber sie war so dünn und ausgezehrt, dass sie fast nichts wog. Ohne Coursen noch eines Blickes zu würdigen, ging ich zur Tür. Da es draußen vollkommen dunkel war, musste ich ganz vorsichtig zum Wagen zurücklaufen, und ich hatte Mühe, ihn zu finden. Als wir ihn endlich erreichten, konnte ich Coursen in der Ferne schreien hören.
    Er war wieder ganz bei Bewusstsein.
    Am Wagen wurde es kurz kompliziert, da ich Ivy dagegenlehnen musste, um die Fahrertür zu öffnen. Dabei wurde ihr Knöchel ein Stück weit belastet, und sie stürzte beinahe vor Schmerz.
    »Entschuldige, entschuldige«, sagte ich, als ich sie mit einer Hand aufrichtete und mit der anderen die Tür öffnete. Dann bugsierte ich sie vorsichtig auf den Vordersitz und stellte die Lehne nach hinten, bis er an eine improvisierte Liege erinnerte. Instinktiv rollte sie sich ganz klein zusammen und begann zu zittern.
    Ich schloss

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