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Auserkoren

Titel: Auserkoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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»Du musst Kinder mit ihnen haben.«
    Die Dunkelheit verlieh mir Mut. Oder war es Harry Potter? War die Magie des Buches auf mich übergegangen, hatte sie mich stärker gemacht? Hatte sie bewirkt, dass ich mich weniger fürchtete? Hatte sie mich kühn genug gemacht, um Joshua zu fragen?
    »Ich weiß, was man sagt«, erwiderte Joshua.
    Ich senkte die Stimme. »Glaubst du es auch?«
    Er zuckte die Achseln. Ich fühlte, wie sich seine Schultern hoben und senkten. Bei dieser Bewegung streifte mich der Duft seiner Seife.
    »Hast du jemals darüber nachgedacht?«
    Er zuckte wieder die Achseln. Wieder roch ich die Seife.
    »Ich denke nicht an andere Mädchen«, sagte Joshua. »Ich denke nicht daran, drei Frauen zu haben. Ich denke nur an dich.«
    Ich presste die Lippen zusammen, nur für den Fall, dass magische Kräfte mich dazu veranlassen könnten, ihm zu sagen, dass ich ihn liebe.
    »Kyra«, sagte er ernst. »Ich erwähle dich. Nur dich allein.«
     
     
    Als ich Joshua sehe, möchte ich am liebsten laut aufschreien. Sein Gesicht ist übel zugerichtet. Sie haben ihn fürchterlich verprügelt.
    Er sieht mich nicht an.
    »Kyra Leigh Carlson«, sagt Prophet Childs und starrt
weiter zum Fenster hinaus. Auch er sieht mich nicht an, er starrt einfach aus dem Fenster. Draußen erwacht das Leben, die Männer gehen aufs Feld, die Frauen hängen die Wäsche zum Trocknen auf die Leinen. »Weißt du, was Ehebruch ist?«
    »Hmm«, murmle ich undeutlich.
    Ich muss immerzu Joshua anschauen. Er ist so zerschunden, dass ich zu ihm rennen möchte, ihm mit den Händen übers Gesicht streicheln, seine aufgeplatzten Lippen mit meinen berühren, ihn mit meinen Umarmungen trösten möchte. Ich bin zu entsetzt, um eine Antwort geben zu können.
    »Ehebruch ist, wenn man jemanden begehrt, mit dem man nicht zusammen sein darf«, sagt Prophet Childs.
    Jetzt dreht er sich um. Kein Lächeln ist auf seinem Gesicht, keine Wärme. Was ich sehe, jagt mir Angst ein.
    »Gott hat bestimmt, wen du heiraten wirst«, sagt Prophet Childs. »Im Allerheiligsten des Tempels hat Er mir den Mann gezeigt, mit dem du die Ewigkeit verbringen wirst. Und du? Du warst mit diesem Jungen zusammen.«
    »Wir haben nichts getan«, wirft Joshua ein.
    »Du hast sie um ihre Hand gebeten«, sagt Prophet Childs. »Du hast gesagt, du liebst sie. Du hast dich mit ihr nach Einbruch der Dunkelheit getroffen.«
    Prophet Childs kommt auf mich zu. Unwillkürlich weiche ich vor ihm zurück.
    »Ich möchte niemals eine Ehebrecherin zur Frau haben«, sagt er.
    Ich muss schlucken.
    »Was du getan hast, ist eine abscheuliche Sünde. Die
Bibel berichtet von Frauen, die für weit weniger gesteinigt wurden«, sagt er.
    Da wird mir plötzlich klar, dass ich sterben werde. Sie werden mich genauso töten, wie sie Ellen getötet haben. So wie sie das kleine Baby von Schwester Janie getötet haben.
    »Ich habe nichts getan«, sage ich.
    Onkel Hyrum schlägt mich mit dem Handrücken. Tränen schießen mir in die Augen und meine Nase beginnt zu laufen. Vor meinen Augen tanzen Sterne.
    Mir entfährt unwillkürlich ein Schmerzensschrei.
    »Nein«, schreit Joshua und springt auf.
    Bruder Laramie schlägt Joshua so fest ins Gesicht, dass das Blut bis an die Wand spritzt. Joshua stürzt zu Boden, und ich will sofort zu ihm laufen, aber Onkel Hyrum packt mich am Arm und hält mich zurück. Woher hat er diese Kraft? Wie kann ein alter Mann so stark sein? Er hält meine Arme an der Seite fest. Aber ich wehre mich, trete gegen sein Schienbein, winde mich nach allen Richtungen.
    Das Gesicht des Propheten ist ganz dicht vor meinem. Ich rieche seinen süßlichen Atem. »Wenn er dich haben will, dann bist du frei.« Er sagt das langsam, betont jedes Wort.
    Zuerst denke ich: Joshua, wenn Joshua mich haben will, dann bin ich frei. Onkel Hyrum lässt mich los und wirft mir einen so wütenden Blick zu, dass mir klar wird, dass der Prophet nicht Joshua, sondern meinen Onkel gemeint hat. Und wieder blitzt in mir die Hoffnung auf. Denn Onkel Hyrum ist wütend. So unglaublich wütend.
    Vielleicht, vielleicht muss ich ihn ja gar nicht heiraten.

    Vielleicht, vielleicht hat Gott ja meine Gebete erhört und ich bin gerettet.
    Vielleicht, vielleicht kann ich mit Joshua zusammen sein.
    »Apostel Carlson, willst du dieses Mädchen nehmen?«
    Ich blicke zu meinem Onkel, dessen Arme wie Stahlklammern sind, und schüttle den Kopf. Meine Nase läuft, ich wische mit der Hand über meine Lippen, und als ich meine Hand wegnehme, sehe

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