Ausersehen
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Die Trauben waren köstlich, und das lag, glaube ich, nicht nur daran, dass ich kurz vorm Verhungern war. Es fühlte sich gut an, einen gefüllten Magen zu haben. Und ich bemerkte auch keine unangenehmen Nebenwirkungen meines ausschließlich aus Lustanregern bestehenden Mahls. Zumindest noch nicht, aber ich spürte, dass meine Lider sehr, sehr schwer wurden.
Mühsam erhob ich mein müdes Hinterteil – Gott, in meinen Schenkeln spürte ich Muskeln, von denen ich nicht einmal geahnt hatte, dass es sie gab – und humpelte zu meiner schläfrigen Stute hinüber.
„Lass mich deinen Huf sehen.“ Sie hob das Bein lange genug an, dass ich mir die Unterseite des Hufes anschauen konnte. Es sah nicht schlimmer aus und fühlte sich nicht mehr ganz so heiß an wie vorhin, das war hoffentlich ein gutes Zeichen. Ich klopfte ihren Hals und gab ihre eine müde Umarmung. „Um John Wayne als Rooster Cogburn zu zitieren: ‘Hier. Wir übernachten hier.’ Verzeih mir, dass ich dieses Zitat nicht realistischer wiedergeben kann, indem ich von dir herunter und hier auf den Boden falle.“ Mein Versuch, witzig zu sein, entlockte ihr noch nicht einmal ein Blinzeln. Sie schien sich wohl langsam an mich zu gewöhnen. „Wir machen nur ein kleines Nickerchen. Weck mich auf, wenn ich verschlafe.“
Behutsam schleppte ich mich zum Sattel zurück und ließ meinen Körper langsam wieder Bodenkontakt aufnehmen. Wie ein steiniger Untergrund und eine Pferdedecke sich so gut anfühlen konnten, war mir ein Rätsel, aber ich war dankbar für alles, was ich kriegen konnte. Nicht dankbar genug, um meine Aversion gegen das Campen zu vergessen, aber dankbar. Als ich meine Augen schloss, stellte ich meinen inneren Wecker auf „ein Weilchen“.
7. KAPITEL
Als ich das erste Mal erwachte, war es schon dämmrig, es war, als hätte die untergehende Sonne meine Augen geöffnet. Die Wärme des Tages war von einer angenehmen kühlen Brise abgelöst worden, die den klaren Wassergeruch des Flusses mit sich trug. Ich streckte mich und verlagerte das Gewicht ein wenig, um einen Stein unter meiner rechten Gesäßhälfte hervorzuholen. Dann seufzte ich missmutig. Ich musste mal. Und es war kein Vergnügen, auf die Füße zu kommen. Ich war immer noch steif und kaputt, und der Schlaf hing an mir wie ein nerviger Zweijähriger.
Nicht weit von meinem selbst gemachten Bett entfernt schlief Epi – natürlich im Stehen, wie es sich für ein Pferd gehörte. Eine Fähigkeit, die ich auch immer haben wollte. Ich habe es einmal versucht, auf einem sehr langen Überseeflug, als ich die Krämpfe in den Beinen einfach nicht loswurde. Also hatte ich mich an den Notausgang gelehnt und versucht, ein wenig vor mich hin zu dösen. Leider mit sehr wenig Erfolg. Jedes Mal, wenn ich anfing, mich zu entspannen, rollte mein Kopf herum. Um das fehlgeschlagene Experiment zu vervollständigen, fand ich heraus, dass Schlafen im Stehen bei mir die unschöne Neigung zum Sabbern weckte. Was Epi da tat, sah ganz bequem aus. Ihr rechtes vorderes Bein war immer noch angewinkelt, aber sie war nicht nervös, also entschied ich, dass ich sie jetzt nicht mit einer Hufuntersuchung aus dem Schlaf reißen musste. Wenn sie aufwachte, würde ich versuchen, sie zu überreden, ihn noch einmal im Wasser einzuweichen, aber im Moment war ich zu müde, um mich an weitere Gedichte oder deprimierende Balladen zu erinnern.
Ich wollte einfach nur schnell pinkeln und dann wieder einschlafen.
Das nächste Erwachen war abrupt und unangenehm. Ich wedelte mit den Armen und versuchte, den Alarmknopf zu finden. Trotz der Dunkelheit war ich mir sicher, dass ich verschlafen hatte und zu spät zum Unterricht kommen würde. Sie kennen das Gefühl – heftiges Herzklopfen und die Gewissheit, dass man zu spät kommt. Und dann überkam mich totale Orientierungslosigkeit. Sogar mein schläfriges Hirn bemerkte, dass ich nicht zusammengerollt unter meiner Daunendecke in meinem antiken Eichenbett lag. Ich setzte mich auf, blinzelte ein paarmal und versuchte, meine Augen an die absolute Dunkelheit zu gewöhnen.
Das Gurgeln von über Steine plätscherndem Wasser brachte mich in die Gegenwart zurück.
„Epi?“ Erleichtert beruhigte sich mein Herzschlag, als sie ihre warme Schnauze an meine Wange drückte. Langsam konnte ich sie auch als hellen Fleck in der Dunkelheit ausmachen. Sie lag dicht neben meiner linken Seite. Ihr schläfriger Atem roch süß und grasig, als sie mein Gesicht und meine Haare
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