Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
Vom Netzwerk:
Personengedächtnis!
    »Wie kann ich Ihrem Hund helfen?« fragte sie ganz sachlich.
    »Dem Hund? Ach ja.« Der junge Mann stellte das Tier ziemlich unbeholfen auf den Behandlungstisch.
    »Wie ist der Name?«
    »Vincent Jakobs.« »Äh, das sagten Sie schon. Ich meine den Hund.«
    »Ach so, das ist Wölfi.«
    »Wölfi?« Alexa fragte sich, ob der Hund überhaupt ihm gehörte, weil er sich so ungeschickt mit ihm anstellte. »Wölfi, was ist denn los mit dir?« Alexa startete eine erste oberflächliche Untersuchung und wartete auf eine Antwort.
    »Also, ich weiß auch nicht, was mit ihm los ist«, begann Vincent Jakobs, »er benimmt sich seit zwei Tagen so seltsam. Er verkriecht sich ständig unter den Tisch, mag gar nicht nach draußen gehen, frißt wenig–«
    »Was hat er denn in den letzten zwei Tagen gefressen?«
    »Gefressen? Hm, also, es ist nicht so, daß er gar nichts fräße. Er frißt nur so – so unregelmäßig. Manchmal frißt er gar nichts und manchmal ganz viel.« Alexa schaute den Hundebegleiter an. Der konnte einfach nicht alle Tassen im Schrank haben.
    »Was tut er, wenn Sie ihn mit nach draußen nehmen wollen?«
    »Er blockiert sich, er legt sich einfach auf den Bauch. Ich muß dazu sagen, der Hund gehört mir überhaupt nicht. Es ist der Hund von Bekannten, die aber leider verhindert sind. Sie haben mich hierher geschickt, weil sie sich solche Sorgen machen – weil wir alle uns solche Sorgen machen.« In Alexas Kopf stieg eine Ahnung auf.
    »Sind in letzter Zeit irgendwelche Veränderungen im Haushalt aufgetreten? Sind die Besitzer nicht zu Hause gewesen oder ähnliches?«
    »Eigentlich nicht – ach doch! Ich bin als Neuling in den Haushalt gekommen. Nicht, daß ich viel im Haus wäre, aber vielleicht ist es ein sehr sensibles Tier. Übrigens, ich glaube, wir haben uns schon mal gesehen.«
    Alexa reagierte kühl. »Nicht, daß ich wüßte.«
    »Doch, gestern abend in einer Kneipe.«
    Jetzt ratterte es in Alexas grauen Zellen. Natürlich, der Typ, der sich mit Lutz unterhalten hatte.
    »Ach ja, im Q, jetzt fällt’s mir wieder ein!« Im selben Moment ärgerte sie sich, daß sie auf sein Anbändeln eingegangen war.
    »Im Q?« erkundigte sich Vincent, »ach ja, Quatsch hieß die Kneipe. Ist es nicht schön–«
    »Was ist nun mit dem Hund?« unterbrach Alexa ihn. Sie fand es albern, daß sie ihn überhaupt noch untersuchen sollte. Der Dackel war putzmunter. Sie legte ihn diesem Vincent Jakobs in den Arm. »Ich würde sagen, Wölfi leidet an einer vorübergehenden psychischen Depression, die durch ungewohnte Veränderungen im Alltag hervorgerufen wurde«, sagte sie ernst. »Versuchen Sie, ihm nicht Ihre Bekanntschaft aufzudrängen! Halten Sie sich etwas zurück! Dann wird er sich schon an Sie gewöhnen und sich wieder normal verhalten.«
    Eine Sekunde zu spät fiel Alexa ein, daß sie ihm noch gut hätte mitgeben können, daß er es auch bei Menschen so halten solle, aber dieser Jakobs war schneller. »Vielen Dank für Ihre Hilfe! Hätten Sie nicht Lust, heute abend mit mir essen zu gehen? Ich bin neu hier in der Stadt. Vielleicht können Sie mir etwas darüber erzählen – oder über Hundepsychologie. Ich bin da ganz offen..« Dabei schaute er sie noch netter an als der Rauhhaardackel, so daß ihr intuitives »Tut mir leid, ich hab schon was vor!« irgendwo zwischen Gehirn und Stimmbändern stecken blieb.
    »Ich glaube nicht, daß Sie nach meiner Rechnung für die Behandlung noch Geld zum Essengehen haben. Bei psychologischen Beratungen haben wir ziemlich hohe Behandlungskosten.«
    Ihr Gegenüber grinste, so daß sich zwei tiefe Grübchen zeigten. »Vielleicht kann ich meine Schulden ja nach und nach ableisten. Fangen wir doch heute abend an! Wie wäre es mit Da Bajazzo – um halb acht?«
    Alexa überlegte nur noch einen kleinen Moment. »Überredet. Um halb acht. Ich werde da sein.«
    Gut gelaunt hob Vincent Jakobs den Hund vom Tisch. »Ich freu mich schon. Bis dann!«
    »Ich auch«, sagte Alexa noch, aber er war schon weg.
    Alexa war noch ganz in sich versunken, als Karin hereinkam und sie aufschreckte. Die Sprechstundenhilfe stutzte, als sie Alexas abwesenden Gesichtsausdruck sah.
    »Was war denn los? Ein hoffnungsloser Fall?«
    »Hoffnungslos?« stotterte Alexa, »hoffnungslos kann man eigentlich nicht sagen.«

8
    »Was strahlen Sie denn so?« fragte Frau Dreisam, als ich mit Wölfi zur Tür hereinkam.
    »Ich strahle?« fragte ich erstaunt. Ich erläuterte weitschweifig, daß ich gerade meine

Weitere Kostenlose Bücher