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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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entnehmbare Strommenge je Haushalt zu begrenzen. Als sie jedoch damit begannen, verbreitete sich diese Nachricht per Internet und Gerüchteküche in Windeseile, und die Techniker standen überall nur noch vor verschlossenen Türen.
    Dafür gingen, sobald die Temperaturen wieder sanken, immer wieder in ganzen Straßenzügen die Lichter aus.
    Aus ländlichen Gegenden wurden Diebstähle von Feuerholz aus Wäldern, Scheunen und Lagerhäusern berichtet, eine wahre Epidemie. Wie sich herausstellte, waren es jedoch nicht, wie zuerst vermutet, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die sich da bedienten – diese wohnten meist in stadtnahen Sozialwohnungen mit Fernwärmeanschluss –, sondern wohl situierte Bürger mittleren Einkommens, die in ihren Einfamilienhäusern über offene Kamine oder Kachelöfen verfügten.
    Am ersten Dezember kam Werner sichtlich beunruhigt nach Hause. Das Schlimmste war, dass er versuchte, so zu tun, als sei nichts. Das war kein gutes Zeichen.
    »Es werden doch gerade so viele Kaufverträge storniert. Jetzt hat der Vorstand unser Entwicklungsprojekt auf Eis gelegt«, sagte er, als Dorothea nachfragte, was los sei.
    »Und was beunruhigt dich wirklich ?«
    Er sah zu Boden, kaute auf seinen Lippen herum, ohne es zu merken, musterte die Kanten und Schubladen der Küchenschränke, als sähe er sie zum ersten Mal, und sagte schließlich: »Sie haben das freie Tanken eingestellt. Wegen Missbrauchs, heißt es.«
    »Oh.«
    Es war blanke Existenzangst, was aus ihm herausbrach. »Doro, ist dir eigentlich klar, dass ich jeden Tag hundert Kilometer fahre, hin und zurück? Mit einem Wagen, der elf, zwölf Liter verbraucht? Das sind bei den Preisen gerade locker dreißig Euro, nur um zur Arbeit zu kommen. Hundertfünfzig pro Woche. Über sechshundert pro Monat, nur für Benzin!«
    Dorothea schluckte. »So viel hat unsere alte Wohnung Miete gekostet.«
    Eine andere Sendung, ein anderer Professor, diesmal einer für Mathematik.
    »Die Leute machen sich nicht klar, was das heißt: ein jährlicher Rückgang der Ölförderung von 1 , 5 bis 3 Prozent«, verkündete er und ließ auf der Tafel hinter sich ein Diagramm mit zwei rapide fallenden Kurven aufleuchten. »Wenn man diese Rate weiterrechnet, heißt das, dass wir in zehn Jahren zwischen dreißig und sechzig Prozent weniger Öl zur Verfügung haben werden als heute, in fünfzehn Jahren fünfundvierzig bis neunzig Prozent weniger!«
    »Neunzig?«, vergewisserte sich der Moderator, ein adretter junger Mann, der bislang in seinen Sendungen vorwiegend Liebeshungrige miteinander verkuppelt hatte.
    »Neunzig, ja«, bestätigte der Mathematiker. »Und in zwanzig Jahren –«
    »Das heißt, es bleiben nur zehn Prozent übrig?«
    Der Professor musterte ihn, als erwäge er, ihn zu einer Strafarbeit wegen Begriffsstutzigkeit zu verdonnern. »Zehn Prozent«, nickte er schließlich. »Ganz genau. Das Ende des Ölzeitalters in klaren, nackten Zahlen.«
    Der Moderator lächelte sein jungenhaftes Lächeln, das sonst seine vorwiegend weiblichen Fans jeden Alters dahinschmelzen ließ. »Guter Spruch«, meinte er. »Schade, dass der jetzt nicht von mir war.«

Kapitel 38
    M arkus verbrachte die Tage nach dem Schock von Ras Tanura mit hohem Fieber auf der Couch in Taggards Wohnzimmer. Er schlief, erwachte, trank den kühlen Tee, den man ihm reichte, schlief wieder ein. Sie haben sich überanstrengt , sagte man ihm, und ja, dachte er, das war wohl richtig.
    In manchen Momenten fragte er sich, wer der knochige Mann war, der ihm Tee einflößte und kühle Tücher auf die Stirn legte, in anderen Stunden erkannte er Charles Taggard und fragte sich, warum der ehemalige CIA -Agent sich um ihn kümmerte.
    Es war, als hätte er das alles schon einmal erlebt. Wieder ein Bett, in dem er dahindämmerte. Wieder ein Fenster, vor dem ein Baum stand. Er war weiß, voller Schnee. Überhaupt sah man nur weiß, wenn man hinausschaute. Einen weißen Himmel, formlos, konturlos.
    Wieder Schlaf, wieder jemand, der etwas zu ihm sagte. »Hier. Nehmen Sie die.« Pillen. Er nahm sie, steckte sie in den Mund, schluckte sie mit etwas Wasser hinunter.
    Eines der Mädchen auf den Postern hatte Schlitzaugen, und das ließ ihn von Amy-Lee träumen, so intensiv, dass er zeitweise überzeugt war, dass sie da gewesen sein musste. Einmal suchte er alles ringsum ab, weil da doch eine Nachricht von ihr sein musste, ein Brief, irgendetwas! Aber da war nichts.
    Irgendwann erwachte er davon, dass er Taggard zu jemandem

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