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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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einer Ölkrise reden könne, fragte ein anderer.
    »Ölkrise? Wenn Sie so wollen, ja. Aber wie ich eingangs gesagt habe, laufen bereits Konsultationen auf höchster Ebene, um die Probleme, die sich aus der Situation am Persischen Golf ergeben, so schnell wie möglich beizulegen. Die Energiekonzerne haben uns versichert, über ausreichende Reserven zu verfügen, die schnellstens mobilisiert werden.« Er faltete die manikürten Hände. »Eine Krise, meine Damen und Herren, ist immer auch eine Chance. Im Chinesischen wird bekanntlich für ›Krise‹ und ›Chance‹ dasselbe Schriftzeichen verwendet. Blättern Sie in den Geschichtsbüchern, blättern Sie in Ihren eigenen Archiven: Die erste Ölkrise im Oktober 1973 war nach ein paar Monaten vorbei, hat aber dazu geführt, dass neue Ressourcen erschlossen wurden – das Öl in der Nordsee beispielsweise –, dass neue Technologien entwickelt wurden, dass sich generell das Bewusstsein der Menschen gewandelt hat. Wir haben damals gelernt, bewusster, sparsamer und sinnvoller mit Energie umzugehen. Ich denke, dass wir auch aus dieser Krise lernen können, ja, lernen werden .«
    Am nächsten Tag stieg der Preis für einen Liter Superbenzin erstmals über zwei Euro.
    Während der UN -Sicherheitsrat tagte, in dem Versuch, eine Lösung für das von seiner regierenden Kaste im Stich gelassene Saudi-Arabien zu finden, wurden dort bereits massenhaft amerikanische Erdölspezialisten eingeflogen. Ihr Auftrag: die saudischen Ölquellen zu untersuchen und stillgelegte Reserven zu aktivieren.
    Es dauerte keine vierundzwanzig Stunden, bis der erste derartige Konvoi, unterwegs zu den Ölquellen von Safaniya und begleitet von Soldaten, in die Luft flog. Die amerikanische Militärführung in Saudi-Arabien hatte eine Ausgangssperre verhängt, trotzdem kam es in jeder Nacht und in jeder Stadt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Es gab Prediger, die dazu aufriefen, die Pipelines zu sprengen, um die Wirtschaft des Westens endgültig in die Knie zu zwingen, und andere Prediger, die forderten, all jene einen Kopf kürzer zu machen, die solche Anschläge auf den wertvollsten Besitz des saudischen Volkes guthießen. Ein Versuch, eine Pumpstation in den Aramah-Bergen zu sprengen, die die Ost-West-Pipeline von Abqaiq quer über die arabische Halbinsel bis zum Hafen Janbu versorgte, wurde vereitelt. Doch rechte Freude darüber wollte bei den Verantwortlichen nicht aufkommen. Jeden Tag flossen eine Million Barrel extraleichtes Rohöl durch diese mehr als tausend Kilometer lange Leitung, die selbst da, wo sie unterirdisch verlief, in weniger als einem Meter Tiefe lag. Ein Spaten und ein Akkubohrer sowie ein Kamel, um beides zu transportieren, würden genügen, um sie zu sabotieren.
    Trotz allem gewannen die Fachleute relativ rasch einen Überblick über die Situation. Das Ghawar-Feld war fast vollständig kollabiert – das wusste man schon von einigen leitenden Angestellten von Saudi ARAMCO , die eingeweiht gewesen waren und sich kooperativ zeigten. Eine neue Erkenntnis war jedoch, dass auch das Abqaiq-Feld einen unerwartet starken Produktionsabfall zeigte. 1940 entdeckt und damit eines der ältesten Ölfelder Saudi-Arabiens, war Abqaiq trotz allem bislang eines der zuverlässigsten Arbeitspferde von Saudi ARAMCO gewesen, eines der sechs großen Ölfelder, aus denen neunzig Prozent der saudischen Produktion stammten.
    »Die modernen Techniken der Tertiärförderung«, erklärte einer der Sachverständigen im Fernsehen, »sind teuer, aufwändig und umweltbelastend – und trotzdem letztendlich nur Strohhalme. Kennen Sie das? Sie stecken einen Strohhalm in eine Getränkedose, und dann saugen Sie und saugen Sie, alles scheint O.K. – bis es auf einen Schlag aus ist. Genau so geht es bei Ölfeldern auch. Je mehr Technik Sie einsetzen, desto abrupter kommt am Ende der Absturz der Förderrate.«
    Kein Sender hielt sich mehr an das in den Fernsehzeitschriften angekündigte Programm. Wann immer man einschaltete, es schien nur noch Talkrunden zu geben, und alle drehten sich nur um das Thema, das der Titel einer dieser Sendungen auf den Punkt brachte: Panikmache oder Untergang der Zivilisation?
    »Was gab es nicht für Geschrei, als das Jahr 2000 drohte, alle Computer lahmzulegen!«, amüsierte sich ein mondgesichtiger Publizist, der für seinen unerschütterlichen Optimismus bekannt war. »Und was ist passiert? Gar nichts.«
    »Weil man auf die Warnungen gehört und sich vorbereitet hat !«, widersprach

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