Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
abwärts, öffnete sich der Blick auf weites, ebenes Farmland.
»Schauen Sie mich an. Ich habe nicht studiert und behaupte auch nicht, dass ich in irgendwas eine große Leuchte bin. Ich bin eben Techniker, kenne mich mit Druckmaschinen und Papiertransport ein bisschen aus, und ansonsten habe ich ein paar Bücher gelesen. Aber sagen Sie, was Sie wollen, das hat schon gereicht, dass mir völlig klar war, wohin die Reise geht, als es da in Saudi-Arabien geknallt hat. War mir so klar wie ’ne Straßenkarte. Konnte bloß traurig lachen über die Blödmänner im Fernsehen, wenn sie davon angefangen haben, dass für eine Nation wie unsere, blah, blah, blah, das mit dem Öl ein verkraftbares Problem sei. Schließlich haben wir ja unsere riesenhaften Reserven da unten in Texas und Louisiana, nicht wahr? Wenn der Welt das Öl ausgeht, das braucht uns erst mal lange nicht zu kratzen, nicht wahr? Idioten, alle miteinander. War vermutlich klar. Jemand, der für so ein Idiotenmedium arbeitet, muss selber einer sein, sonst ist er nicht richtig qualifiziert.«
Markus räumte ein, durchaus verblüfft gewesen zu sein über den Anblick, den die Straßen und Städte inzwischen boten.
»Dabei ist das hier noch die heile Welt«, rief der andere bitter. »Was man so hört aus den richtig großen Städten … Und das ist erst der Anfang. Lassen Sie den nächsten Winter kommen. Das gibt die Katastrophe.«
Ein Lastwagen kam ihnen entgegen, der einen Container mit chinesischen Schriftzeichen darauf transportierte.
»Sehen Sie? Da haben Sie das Geheimnis der Sehergabe von Wayne Prescott Miller. Das Stichwort lautet: Außenhandelsbilanz.« Er schüttelte den Kopf. »Das kann die Hälfte der Bevölkerung nicht mal buchstabieren. Und die andere Hälfte, die Burschen in Washington inklusive, hält es für unwesentliches Zahlenzeug.« Er warf Markus einen Blick zu. »Wie steht’s mit Ihnen? Wissen Sie, was das ist?«
»Das Verhältnis von exportierten zu importierten Gütern.«
»Schon mal gut. Ist Ihnen womöglich geläufig, dass die USA seit über dreißig Jahren eine negative Außenhandelsbilanz haben?«
»Hab ich mal gehört, ja.«
»Und was war daraus für den Verlauf der Krise zu folgern?«
Markus starrte das abgeschabte Armaturenbrett vor sich an. »Ähm – keine Ahnung.«
Wayne seufzte. »Vielleicht bin ich doch ein Genie? Also. Negative Außenhandelsbilanz heißt, wir importieren mehr, als wir exportieren. Wenn man genau hinschaut, importieren wir nicht bloß Rohstoffe und Öl – das wäre ja noch okay gewesen für ein hoch entwickeltes Land, abgesehen davon, dass wir das weitgehend nur noch in unserer Einbildung sind –, nein, wir importieren Güter des täglichen Bedarfs. Klamotten. Videorekorder. Plastikzeug. Lebensmittel. Schlicht und ergreifend alles . Das heißt, seit dreißig Jahren konsumieren wir mehr, als wir selber produzieren. Wir haben der ganzen Welt abgekauft, was wir brauchen. Und jetzt frage ich Sie: Wie haben wir uns das leisten können? Wie haben wir das finanziert?«
Markus sah ihn verdutzt an. Diese Sachverhalte kannte er noch aus seinem Studium; das war sogar in einer Prüfung mal gefragt worden. Aber niemand war je auf die Idee gekommen, diese simple Frage zu stellen.
»Ähm«, sagte er, »keine Ahnung.«
»Ganz einfach: auf Pump. Das Bizarre war, dass der Rest der Welt uns nicht nur seine Waren verkauft hat, er hat uns auch mit dem Geld versorgt, das nötig war, um sie zu bezahlen. Finden Sie das nicht merkwürdig? Ich fand es immer merkwürdig. Und das Ganze geschah völlig freiwillig. Weil die amerikanische Wirtschaft immer noch einen so guten Ruf genossen hat, haben jeden einzelnen Tag, den Gott werden ließ, irgendwo in der Welt irgendwelche Leute beschlossen, ihr hart verdientes Geld in den USA zu investieren, es in Staatsanleihen zu stecken oder in Aktien amerikanischer Unternehmen, und zwar durchschnittlich eine Milliarde Dollar pro Tag. Eine Milliarde , Mann! Investitionen, wohlgemerkt, für die Rendite erwartet wurde. Aber wir haben das Geld einfach nur fröhlich ausgegeben und dumm-doof darauf vertraut, dass auch am nächsten Tag wieder welches hereinkommt. Im Grunde haben wir zuletzt überhaupt nichts Wesentliches mehr produziert, nur noch Dollars. Bedrucktes Papier, wenn Sie so wollen.« Er seufzte wieder. »Das wurmt mich am meisten.«
Markus nickte langsam, während er begriff. »Und jetzt funktioniert es nicht mehr. Weil niemand mehr Geld übrig hat.«
»Genau. Darum bricht alles
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