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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ich wüsste, was man dagegen tun kann.«
    Damit war der Moment der Besinnlichkeit beendet, und der tatkräftige, vor Energie strotzende Hung Wang kam wieder zum Vorschein. Er stand auf, ging die paar Schritte zur Terrassentür, drehte sich um und sagte: »Diese Erfindung deines Vaters … Das wird das Öl nicht ersetzen. Das ist dir hoffentlich klar?«
    Markus zuckte mit den Schultern. »Es reicht, wenn es das Benzin ersetzt.«
    »Wird es genauso wenig. Du machst dir die Größenordnungen nicht klar.« Er begann, auf und ab zu gehen und mit seinen Händen zu hantieren, als seien seine Finger ein Abakus. »Es gibt derzeit auf der Welt ungefähr, na, 800 Millionen Autos. Nehmen wir der Einfachheit halber an, es seien alles PKW s, und jeder davon fährt, sagen wir, 20000 Kilometer pro Jahr. Das macht insgesamt 16 Billionen gefahrene Kilometer. Lass jedes Auto einen Verbrauch von nur sieben Litern auf hundert Kilometer haben, dann kommst du auf einen Treibstoffbedarf von etwas mehr als einer Billion Liter pro Jahr.« Er blieb stehen. »Eine Billion, verstehst du? Eine Million Millionen Liter.«
    »Ja. Verstehe«, meinte Markus beeindruckt.
    »Ich habe vor ein paar Jahren kurz mit dem Gedanken gespielt, eine Firma zu kaufen, die Industriealkohol aus Mais herstellt. Hauptsächlich als Treibstoffzusatz, übrigens. Weißt du, wie viel Alkohol die aus einem Hektar Mais gewonnen haben? Ganze dreitausend Liter. Ein Hektar wohlgemerkt, das sind zehntausend Quadratmeter. Und um diese dreitausend Liter Alkohol zu gewinnen, waren zehntausend Liter Benzin allein für den Anbau, das Düngen und die Ernte nötig; die Destillation noch gar nicht mitgerechnet.«
    Markus musste unwillkürlich schlucken. »Puh!«
    Wang nickte verkniffen. »So sieht die Realität aus. Klar, du kannst das mit dieser Folie machen, aber du musst dir darüber im Klaren sein, dass das immer nur ein Nischenprodukt sein kann. Das große Rad, das wird anderswo gedreht.«
    Auf einmal war es wieder da, das alte Gefühl, am wahren Leben vorbei zu existieren. »Und wo?«, fragte er.
    Wang kam heran. »Wir haben eine Krise. Überall erzählen sie gerade, dass das chinesische Schriftzeichen für Krise und Chance dasselbe ist. Das stimmt sogar. Jetzt werden die Karten neu gemischt. Jetzt bieten sich Gelegenheiten, wie man sie in normalen Zeiten nicht hat – und die gilt es zu ergreifen!« Er kniff die Augen listig zusammen. »Ich habe rechtzeitig vor dem Kollaps in die Aktien von Firmen investiert, die Atomkraftwerke bauen. Deren Kurse sind in den ersten Wochen durch die Decke gegangen, eine wahre Freude. Und ich bin ausgestiegen, ehe der Masse der Anleger klar wurde, dass auch Uran nicht ewig reicht. Dass wir auf die Weise bloß in dreißig oder vierzig Jahren dasselbe Drama noch mal erleben. Nur dass dieser Abfall viel gefährlicher sein wird als die paar Abgase, die vom Öl bleiben.« Er tippte Markus auf die Brust. »Ich habe im letzten halben Jahr mein Vermögen verzehnfacht. Ein enormes Kapital, das ich in die Entwicklung der Kern fusion stecken werde. Wasserstoff zu Helium verschmelzen – das ist die Energie der Sterne. Nach unseren menschlichen Maßstäben wahrhaft unerschöpflich. Derjenige, der diese Kraft als Erster zähmt, hält die Zukunft der Menschheit in Händen.«
    Markus sah seinen Schwiegervater zweifelnd an. »Aber forscht man daran nicht schon seit Jahrzehnten vergeblich?«
    »Halbherzig. Ein paar Millionen hier, ein paar Milliarden da. Es ist schon mehr Geld in die Entwicklung von Formel- 1 -Motoren, Katzenfutter oder von Rasierklingen gesteckt worden als in die Fusionsforschung.« Wangs Hand wanderte höher, auf Markus’ Schulter. »Ihr seid jetzt eine junge Familie, ihr müsst erst zueinander finden. Aber in einem halben Jahr oder so … Überleg es dir. Ich bin schon dabei, alles einzufädeln. Und weißt du, wo? In China. Dort ist eine Menge anders als früher. Die alten Betonköpfe sind ausgestorben, die neuen Führer denken knallhart wirtschaftlich. Ich habe bereits ein Gelände mit besten Bedingungen, ein Minimum an Auflagen, Zugriff auf Werkstätten und Zulieferer aller Art und so weiter. Demnächst fliege ich wieder hin; es sind noch eine Menge Vertragsdetails auszuhandeln. Aber das wird das führende Forschungszentrum der Welt, glaub mir. Dort werden wir die Zukunft bauen.«
    Später kam Amy-Lee zu ihnen, und sie redeten nur über das Baby, das bald darauf ebenfalls erwachte und nach der Mutterbrust schrie. Schließlich verabschiedete

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