Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Gewahrwerden. Zayds Arm sank herab, er beugte sich vor, keuchte wankend.
Aber er behielt die Pistole in der Hand.
»Zayd«, sagte der König. »Lass sie los. Bewahre deine Ehre.«
In einem einzigen schrecklichen Moment ruckte Zayds Kopf hoch, traf sein Blick den seines Vaters, trat ein schrecklicher, fremder Glanz in seine Augen, und er hob die Waffe und schoss, zwei Mal, zwei Schüsse, die den König in die Brust trafen, taumeln und schließlich nach hinten über einen Tisch zu Boden stürzen ließen. Dann waren die Männer heran, die hinter den Vorhängen entlang der Wände gewartet hatten, überwältigten den Attentäter und schlugen erbittert auf ihn ein.
»Genug!«, ließ sich, hustend, die Stimme des Königs schließlich wieder vernehmen. Er richtete sich mühsam auf, hielt sich die Brust. Zwei Männer von der Wache eilten zu ihm, halfen ihm, aufzustehen.
»Eine schusssichere Weste ist eine gute Sache«, sagte der König keuchend, »aber ich hätte nicht gedacht, dass es trotzdem so schmerzen würde.«
»Ihr müsst euch untersuchen lassen, Euer Hoheit«, mahnte einer der Männer. »Es kann sein, dass euch die Schüsse eine Rippe gebrochen haben.«
Abu Jabr winkte ab. »Ja, gewiss. Nachher.« Er trat zu Zayd, seinem Zweitgeborenen, der schon immer sein schwierigstes Kind gewesen war. Nun lag er da am Boden, mit glasigen Augen, ein Bild des Jammers und des Scheiterns.
»Dieser Vorfall tut mir sehr leid, mein Sohn«, sagte Abu Jabr leise. »Ich wollte, ich wüsste, mit wem du dich eingelassen hast …«
Zayd sagte nichts. Blut rann aus einer kleinen Wunde an der Stirn.
Blut, ja. Der Gedanke, seinen Sohn auf dem Richtplatz wiederzusehen, schmerzte. Aber so würde es geschehen müssen.
»Schafft ihn fort«, sagte er.
Später, während er sich von seinem Geheimdienstchef helfen ließ, die Kevlar-Weste auszuziehen, die unter seinem thoub nicht zu sehen gewesen war, kam der Energieminister, nach dem er hatte rufen lassen.
»Euer Hoheit«, begann er, »ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Ihr –«
»Ja, schon gut«, unterbrach ihn Abu Jabr. »Es haben mir bereits genug Leute gesagt, dass ich ein unverantwortbares Risiko eingegangen sei.« Er warf dem Geheimdienstchef einen Blick zu. »Er war mein Sohn .«
»Gewiss, Euer Hoheit«, beschwichtigte der.
Abu Jabr strich sein Gewand glatt. »Ruft diesen jungen Deutschen an, und dankt ihm für seine Warnung. Und erteilen Sie ihm den Auftrag für das Projekt, das er uns vorgeschlagen hat.« Der König überlegte einen Moment, dann fügte er hinzu: »Und schickt mir den Außenminister. Es wartet viel Arbeit.«
Nach dem Anruf aus Riyadh hielt Frieder Westermann das Telefon noch eine ganze Weile erschüttert in Händen. Wenn er daran dachte, dass er erst gezögert hatte, aus dem, was ihm Markus berichtet hatte, die nahe liegenden Schlüsse zu ziehen und das saudische Königshaus zu warnen! Und nun hatte sein Hinweis einen Anschlag auf König Faruq verhindert.
Er sah aus dem Fenster hinaus auf den Hof seiner Fabrik und fragte sich, ob er dabei war, Geschichte zu machen, oder im Begriff, in sein Unglück zu stürzen.
Er zog eine der Schubladen seines Schreibtischs auf, kramte den Brief hervor, den sein Bruder ihm vor Monaten aus den US A geschickt hatte.
Lieber Frieder,
ich schreibe dir diesen Brief als Nachtrag zu unseremTelefonat. Es gibt einige Dinge, die du wissen solltest, die ichdir aber nicht telefonisch erzählen kann, weil ich angefangenhabe, Telefonleitungen zu misstrauen. Ich hoffe, ein Brief isteinsichereres Medium.
Im Wesentlichen will ich dir weitersagen, was mir einehemaliger CIA-Agent aus Gründen, die zu erklären hier zu weitführen würde, auf seinem Sterbebett anvertraut hat …
Vergangenheit
C harles W. Taggard hatte, als er seinen Saudi-Ara bien-Bericht an Donald R. Hartfield geschickt hatte, einen Brief beigelegt. Unwillkürlich war er darin in jene Art von mit Worten spielendem Humor verfallen, den sie damals an der Universität gepflegt hatten: »Leite es weiter! Es muss etwas geschehen, andernfalls geschieht etwas.«
Eine gute Woche später klingelte das Telefon in seinem Apartment. Donald, und er war in Riyadh. »Wir müssen uns treffen. Sagen wir, um zwölf im ›Globe‹? Ich lade dich ein.«
›The Globe‹ war ein dreistöckiges Luxusrestaurant in 240 Metern Höhe, in der Glaskugel an der Spitze des Al-Faisaliah-Towers , eines ultramodernen Bauwerks aus Stahl und Glas, das der englische Stararchitekt Norman Foster
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