Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Wasserstofftechnologie, meine Damen und Herren«, rief Block. »Das will man Ihnen als Zukunft der Menschheit verkaufen.«
Er schüttelte den Kopf. »Wie man es auch dreht und wendet: Was das Verhältnis von Handhabbarkeit zu Energieausbeute anbelangt, schlägt nichts das Benzin und seine Verwandten. Nehmen Sie das Öl weg, und unsere Welt hört auf, die Welt zu sein, die wir kennen. Nehmen Sie das Öl weg, und unsere Welt hört auf, eine Welt zu sein, in der wir überleben können.«
Er ließ das Bild verschwinden, stützte sich auf das Rednerpult, schien beinahe draufklettern zu wollen. »Aber, werden Sie sagen, es ist doch eine Tatsache, dass immer weniger Öl gefunden wird! Es ist doch eine Tatsache, dass das letzte große Ölfeld, das gefunden wurde, das Statfjord-Feld unter der Nordsee war! Und das war 1974 ! Wenn es noch so viel Öl gibt – warum findet man es dann nicht?« Sein Zeigefinger stieß auf die Zuhörer zu. »Weil man an den falschen Stellen danach sucht! Weil man, genau wie der Betrunkene in dem Witz eben, dort sucht, wo es hell ist, anstatt dort, wo es sich befindet!«
Ein kompliziertes Schaubild erschien an der Wand, offensichtlich aus einem aktuellen Lehrbuch oder dergleichen abfotografiert. »Ich kann Ihnen allen nur einmal empfehlen, ein gutes Buch über die Geschichte der Wissenschaft zu lesen«, meinte Block und gluckste belustigt. »Ihnen werden die Augen aufgehen. Was alles schon irgendwann einmal als Stand der Wissenschaft gegolten hat, spottet jeder Beschreibung. Die Herren Akademiker und ihre Rangkämpfe, das ist alles, worum es sich dreht. Die Wahrheit ist völlig nebensächlich. Ein Kollateralschaden. Eine neue, bessere Theorie mag auftauchen – trotzdem wird der jeweils vorherrschende Irrtum, die Schulbuchweisheit, das anerkannte Dogma bis zum letzten Tintentropfen erbittert verteidigt. Eine Generation von Wissenschaftlern muss aussterben und eine neue ihre Plätze einnehmen, ehe eine neue Theorie den Hauch einer Chance hat.«
Block wandte sich dem Schaubild zu. »Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass man nicht weiß, wie Erdöl entsteht. Aber – man hat eine Theorie. Es wurde lange über diese Theorie gestritten, und im Lauf dieses Streits wurde die Theorie immer komplizierter, bis sie den heutigen Zustand erreicht hat und so kompliziert ist, dass man sich wünscht, man hätte es mit etwas Einfacherem zu tun. Mit dem Steuerrecht zum Beispiel.«
Gelächter.
»Ich will trotzdem versuchen, sie zu erklären. Nach der vorherrschenden Lehrmeinung handelt es sich bei Öl um uralte organische Materie, die unter enormem Druck erhitzt worden ist und sich deswegen chemisch umgewandelt hat in jenes Gemisch verschiedener Hydrogenkarbonate, die sich daraus destillieren lassen: Methan und Propan, zum Beispiel, die leichtesten Moleküle dieser Familie; Benzole verschiedener Dichten und Ausprägungen, die wir als Benzin, Diesel oder Schmieröl kennen; und schließlich die schweren Hydrogenkarbonate wie Teer oder Paraffin. So weit klingt das einfach. So einfach, dass man sich fragt, warum man das eigentlich nicht auch selber machen kann, in seinem eigenen Hinterhof, aus all dem Zeug, was man bisher auf den Kompost geworfen hat. Oder? Wäre doch praktisch.«
Ein anderes Bild erschien, die Strichzeichnung einer urzeitlichen Landschaft.
»Aus irgendeinem Grund, den ich auch nicht verstanden habe, sagt die offizielle Theorie aber, dass das Ausgangsmaterial dieses Prozesses nicht irgendein organisches Material war, sondern ganz bestimmte Algen, die in flachen prähistorischen Seen gelebt und während einer bestimmten, ungewöhnlich warmen Periode der Erdgeschichte in ungewöhnlich großen Mengen geblüht haben sollen, beginnend vor etwa dreihundert Millionen Jahren und endend vor dreißig Millionen Jahren. Diese Algen, so glaubt man, starben ab, sanken auf den Grund der Seen und bildeten Sedimente, die später im Verlauf ungeheurer Zeiträume durch die Bewegungen der Erdkruste eingeschlossen und in die Tiefe gezogen wurden, wo dann besagter hoher Druck und besagte hohe Temperatur auf das organische Material, das so genannte Kerogen, einwirkten. Druck und Temperatur dürfen weder zu hoch noch zu niedrig sein, sondern müssen sich innerhalb bestimmter Grenzen bewegen, und wenn man das entsprechend berechnet, kommt man darauf, dass die Bedingungen in einer Tiefe von 7500 bis 15000 Fuß gerade richtig sind für die Umwandlung von kerogenhaltigem Sediment in ölhaltiges Gestein.«
Einige Leute
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