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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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versinken oder sogar Selbstmord zu begehen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie die Kontrolle über ihr Leben verloren haben, dass sie Passagiere in einem Flugzeug sind, das unterwegs zu einem Ort ist, an den sie nicht wollen.
    Manchmal, wenn Billy ihm das Leben schwer machte, wenn die Erinnerungen an die Brutalität seines eigenen Vaters am deutlichsten waren, wenn er sich fragen musste, ob jener Wahnsinnige etwas Wesentliches in ihm ausgelöscht hatte, etwas, das andere Menschen in sich trugen und das ihnen erlaubte, in dieser Welt und beieinander Trost und Geborgenheit zu finden, dann fühlte er sich selbst, als würde er vom Leben überrollt. Viel zu oft hatte er sich vorgestellt, auf einem jener Öltanker anzuheuern, die im Hafen von Chelsea anlegten, und auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
    Er dachte an John Snow, daran, dass Snow irgendwie den Mut zu dem Entschluss gefunden hatte, sich von seiner Frau, seinen Kindern und seinem Geschäftspartner zu befreien, aber auch von der Frau, die er von Herzen liebte, einer Frau, die mit seinem Kind schwanger ging. Die Kraft dieses Bundes war für die meisten Menschen so unwiderstehlich wie die Erdanziehungskraft. Sie ließ Männer und Frauen jahrzehntelang umeinander kreisen – manchmal unter großen Seelenqualen, doch Umkreisung um Umkreisung, Jahr um Jahr.
    Etwas Hochexplosives hatte John Snow aus Grace Baxters Umlaufbahn geschleudert, etwas, das gewaltiger als ihre Liebe zueinander war. Oder zumindest etwas, das gewaltiger schien.
    Clevenger sah, wie das Licht in Billys Zimmer wieder anging. Er schlief offensichtlich auch nicht besser als Clevenger. Kurz darauf hörte er Billys Schritte im Wohnzimmer, hörte ihn zu der Fensterwand tappen, die Ausblick über die Tobin Bridge bot, und dort stehen bleiben.
    Clevenger wäre am liebsten aufgestanden und hätte sich zu ihm gestellt, doch er erinnerte sich daran, wie stocksteif Billy auf seine Umarmung reagiert hatte. Und er musste zugeben, dass es einige Dinge gab, die man seinem Sohn nicht abnehmen konnte, wie zum Beispiel, seine Fehler auszubügeln. Man konnte sein Leid teilen, aber nicht an seiner Stelle leiden.
    Billy war wieder in Bewegung. Aber diesmal kamen seine Schritte näher.
    Er klopfte am Türrahmen.
    »He, Kumpel«, sagte Clevenger. Er richtete sich auf seinem Ellbogen auf und knipste die Nachttischlampe an. »Komm rein.«
    Billy rührte sich nicht von der Stelle. Er sah stärker mitgenommen aus als vor einer Stunde – blasser, sogar noch verängstigter.
    »Schlechte Nacht«, bemerkte Clevenger. »Ich denke nicht, dass einer von uns beiden viel Schlaf finden wird. Vielleicht sollten wir uns einfach in unsere Jeans schmeißen und uns bei Savino’s ein paar Pfannkuchen einverleiben.«
    Billy antwortete nicht.
    »Wir könnten auch eine DVD einlegen«, schlug Clevenger vor.
    »Ich muss dir noch was sagen«, gestand Billy.
    Clevenger sank der Mut. Er setzte sich auf die Bettkante. »Ich höre.«
    »Ich habe dich angelogen.«
    Clevenger wartete.
    »Ich hab mir deine Computerdateien nicht nur angesehen«, sagte Billy. Er schaute kurz auf den Boden, dann sah er wieder Clevenger an. »Ich habe Kopien davon gemacht.«
    »Von den Disketten? Du hast Kopien gemacht?«
    »Von den Disketten und vom Tagebuch.«
    Clevenger fühlte eine düstere Vorahnung in sich aufsteigen. Was immer Billy an seine Tür gebracht hatte, es machte ihm so große Sorgen, dass es sogar seine Panik darüber, dass er seine Freundin geschwängert hatte, verdrängte. »Wie bist du bloß auf die Idee gekommen?«, wollte er wissen.
    »Für Jet«, antwortete Billy.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe sie für Dr. Heller gemacht. Ich habe sie ihm gegeben.«
    Clevenger sprang auf. »Du hast Heller Kopien gegeben? Hat er dich dazu aufgefordert?«
    »Er hat mich gebeten, ihm alles zu erzählen, was ich über den Snow-Fall herausfinden konnte.«
    »Hat er auch gesagt, warum er das wollte?«
    »Er hat mir gesagt, dass er wissen will, wer seinen Patienten ermordet hat. Er will helfen, denjenigen zu finden. Er hat gesagt, wer immer John Snow auf dem Gewissen hat, hat auch all jene auf dem Gewissen, denen ansonsten mit der Operation, die Snow vor sich hatte, hätte geholfen werden können.«
    Das klang sehr nobel – und war schwer zu glauben. Die simplere Erklärung war, dass J. T. Heller sich Sorgen machte, als Snows Mörder verdächtigt zu werden, und daher den Lauscher bei den Ermittlungen spielen wollte. Das bedeutete nicht automatisch, dass er schuldig war,

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