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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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nochmal drei Schüsse an. Die erste Kugel durchlöcherte das Äffchen, das an meinem Rückspiegel hing. Die zweite pfiff zwischen mir und sonstwo durch. Die dritte ging durch die Rückenlehne des Beifahrersitzes und machte ein Loch in die Klappe des Handschuhfachs.
Jetzt war ich außer Reichweite. Ich fuhr einen Schlingerkurs durch mehrere Seitenstraßen, kam auf einen Boulevard und reihte mich in den Verkehr ein. Es war ein typischer Nachmittag in Los Angeles: Smog, wenig Sonne, seit Monaten kein Tropfen Regen.
In einem McDonald’s Drive-in orderte ich einen Kaffee, eine große Portion Fritten und ein Chicken McNugget.

17
    Als ich wieder ins Büro kam, stellte ich fest, daß Brewster und Celine ausgebrochen waren. Die Klotür war völlig demoliert. Ich schob den Schreibtisch an seinen Platz zurück. Es kostete mich fünfzehn Minuten.
    Ich setzte mich und versuchte mir einen Reim auf alles zu machen.
    Alle hatten es jetzt auf mich abgesehen: Celine, Brewster, Cindy, Jack Bass, Lady Death. Vielleicht sogar Barton. Ich wußte nicht mehr, wer meine Klienten waren oder ob ich überhaupt noch welche hatte.
    Was ich mir in letzter Zeit geleistet hatte, reichte für mehrere Anklagen. Es konnte aber auch sein, daß jemand kurzen Prozeß mit mir machte. Ich tastete nach der 45er in meinem Schulterhalfter. Sie steckte, wo sie zu stecken hatte. Auf dieses Baby war wenigstens Verlaß. Na, aus meinem Büro sollte mich niemand vertreiben. Ein Schnüffler ohne Büro ist kein Schnüffler.
    Aber ich wußte noch immer nicht, ob Celine wirklich Celine war, und den Red Sparrow hatte ich auch noch nicht gefunden. Nichts ging voran.
    Es war ein langer Tag gewesen. Ich legte die Füße auf den Schreibtisch, lehnte mich zurück und schloß die Augen.
    Ich schlief ein und träumte, daß ich in einer schmuddeligen Bar saß und einen Whisky-Soda trank. Ich war der einzige Gast im Lokal. Der Barkeeper, eine eher nichtssagende Type, stand am hinteren Ende der Bar und las den National Enquirer. Da kam einer rein, der wahrhaft liederlich und beschissen aussah. Er hatte eine Rasur nötig, einen Haarschnitt, ein Bad. Hatte einen ockerfarbenen Regenmantel an, der ihm bis zu den Zehen reichte. Darunter konnte man ein weißes T-Shirt sehen. Um den Hals hatte er einen verwaschenen orangeroten Schlips. Wie ein stinkender Windhauch kam er her und setzte sich auf den Barhocker neben mir. Ich trank einen Schluck. Der Barkeeper sah zu mir her, bis ich auf ihn aufmerksam wurde.
    »Hab ich vielleicht ’n Hunger«, sagte er. »Ich könnt ein Pferd vertilgen.«
»Ich wollte, Sie würden ein paar von den Gäulen vertilgen, auf die ich gewettet hab«, sagte ich.
Kein Wunder, daß er nichtssagend aussah. Es war nicht viel an ihm dran. Dünn wie ne Bohnenstange. Die Haut seiner eingefallenen Wangen war papierdünn. Ich schaute weg.
»Psst«, sagte der Kerl neben mir. Ich ignorierte ihn.
»Passen Sie auf«, sagte ich zum Barkeeper, »ich trink mein Glas, und dann können Sie den Laden zumachen und irgendwo was essen.«
»Danke, aber ich kann hier nicht weg«, sagte er. »Wird schon gehn. Ich laß mir was einfallen.«
»Psst«, machte der Kerl neben mir wieder.
»Hör auf, mir ins Ohr zu zischeln«, sagte ich.
»Ich hab ne Information …«
»Brauch keine. Ich lese Zeitung.«
»Das steht aber nicht in der Zeitung.«
»Nämlich?«
»Der Red Sparrow.«
»Barkeeper!« rief ich. »Einen Drink für den Herrn. Geben Sie ihm ne Cola mit Rum.«
Der Barkeeper machte sich an die Arbeit.
»Wohnen Sie in Redondo Beach?« fragte der Kerl.
»East Hollywood.«
»Ich kenn einen in Redondo Beach, der sieht aus wie Sie.« »Ah ja?«
»Yep.«
Seine Cola mit Rum kam. Er trank das Glas auf einen Zug aus.
»Ich hatte ’n Bruder, der hat in Glendale gewohnt«, sagte er. »Hat sich umgebracht.«
»Hat er ausgesehn wie du?« fragte ich.
»Mhm.«
»Dann wundert’s mich nicht.«
»Ich hab ne Schwester in Burbank …«
»Verschon mich mit dem Quatsch.«
»Is kein Quatsch.«
»Ich will was vom Red Sparrow hören.«
»Klar, servier ich Ihnen gleich.«
»Und?«
»Ich hab Durst …«
»Barkeeper«, rief ich, »nochmal dasselbe für den Herrn!«
Der Kerl wartete, bis sein Drink kam. Er kippte ihn runter. Dann sah er mich mit seinen öden, leeren Knopfaugen an.
»Ich hab den Sparrow dabei«, sagte er.
»Was?«
»Ich hab ihn in der Tasche.«
»Toll! Laß sehn!«
Er langte in die Tasche und kramte. Und kramte.
»Hm … da isser ja gar nicht …«
»Du Linkmichel! Du hast mich verladen! Dir hau ich

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