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Ausgeträumt

Ausgeträumt

Titel: Ausgeträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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meine Nummer«, sagte er und gab mir einen kleinen Fetzen Papier.
Dann stand er auf, ging den Mittelgang runter und verschwand.
Ich wußte, daß ich an einer großen Sache dran war, aber ich wurde nicht schlau daraus. Tja. Ich mußte mich berappeln, das war alles.
Ich blätterte das Rennprogramm um und sah mir das Feld des nächsten Rennens an.

24
    Am folgenden Tag fuhr ich zum Bestattungsinstitut Silver Haven, um mich dort mal umzusehen. Also das war wirklich ein lohnender Geschäftszweig – die hatten nie Flaute. Ich parkte den Wagen und ging rein. Nette Bude. Feierliche Stille. Dicker, angeschmuddelter Teppichboden. Von der Halle kam ich in einen großen Raum. Das Sarglager. Särge für Große und Kleine, Dicke und Dünne. Manche Leute erstanden ihren Sarg schon zu Lebzeiten. Nichts für mich. Scheiß drauf.
    Niemand war zu sehen. Ich hätte leicht einen Sarg stehlen können. Ihn an einem Seil zu meiner Karre ziehen und damit wegfahren. Wo war Grovers? War denn keiner da? Es juckte mich, in so einen Sarg mal reinzusehen. Das Jucken wurde stärker, und schließlich tat ich es. Hob den Deckel und schaute rein. Und schrie vor Entsetzen. Knallte den Deckel wieder zu.
    Eine nackte Frau hatte dringelegen. Jung, gutaussehend, aber tot. Wow!
    Hal Grovers kam gelaufen.
»Belane, was machen Sie denn hier?«
»Was ich mache? Was soll das heißen? Wo waren Sie denn
    die ganze Zeit?«
»Auf dem Klo. Warum haben Sie so geschrien?«
Ich zeigte auf den Sarg.
»Sie haben da ne Leiche drin! ’n junges Ding mit großen
    Titten!«
Grovers ging hin und hob den Deckel.
»Da ist keine Leiche, Mr. Belane.«
»Was?«
Ich stellte mich neben ihn und sah rein. Der Sarg war leer. Ich
    fuhr herum und packte Grovers am Kragen.
»Ist das vielleicht ein Trick, Baby? Ich hab sie gesehn! Ich hab
    ihre Muschi gesehn! Eine junge tote Tussi! Treiben Sie ein Spielchen mit mir? Sie und … Billy French, der Blutsauger! Mit mir ist nicht zu spaßen, Grovers!«
    »Niemand leistet sich einen Spaß, Belane. Sie halluzinieren.« Ich ließ ihn los.
»Entschuldigung«, sagte ich. »Ich hätte es wissen müssen.« »Was denn?«
»Jeannie Nitro. Sie macht mich durcheinander. Sie weiß, daß
    ich hinter ihr her bin.«
»Ich habe sie eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Vielleicht
ist sie fort.«
»Sie ist nicht fort, Grovers. Sie wartet.«
»Auf was?«
»Weiß ich noch nicht.«
Ich drehte mich um und warf einen Blick durch den Raum.
    »Grovers, sagen Sie mir mal ganz schnell, wieviele Tote im Moment hier sind!«
    »Zwei haben wir grade fertig. Sie sind im Andachtsraum.« »Die muß ich sehen!«
»Wie bitte?«
»Soll ich diesen Fall lösen oder nicht?«
»Ja, doch.«
»Dann muß ich mir die zwei Leichen ansehen.«
»Aber warum nur?«
»Wenn ichs Ihnen sage, würden Sie nie drauf kommen.« »Was soll das denn heißen?«
»Vergessen Sie’s. Lassen Sie mich endlich ’n Blick drauf
    werfen.«
»Sie bringen mich da in große Verlegenheit.«
»Kommen Sie schon! Los!«
»Na gut. Folgen Sie mir …«
Wir gingen in den Andachtsraum. Vornehme Angelegenheit.
    Kerzen verbreiteten gedämpftes Licht. Drei Särge standen da. »Also, jetzt lassen Sie mal sehn«, sagte ich.
»Könnten Sie mir bitte den Grund sagen?«
    »Jeannie Nitro will ihre Außerirdischen in Ihren Leichen unterbringen. Als Versteck. Als Schutzpanzer, verstehn Sie, wie bei ner Schildkröte. Nitro hat sich an Sie rangemacht, damit sie an diese Toten kommt.«
    »Aber das sind Tote, die demnächst beerdigt werden und verwesen. Wie sollen sie denen nützen?«
»Die Außerirdischen verkriechen sich in Toten, bis sie beerdigt werden, und dann suchen sie sich neue.«
»Aber warum sollten sie sich in Toten verstecken? Warum nicht in Tanks oder Höhlen oder so was? Warum nicht in Lebenden?«
»Weil Lebende was merken würden, Sie Idiot. Also machen Sie die Särge auf, Grovers! Ich glaube, sie sind da drin!«
»Belane, ich glaube, Sie sind wahnsinnig.«
»Los, machen Sie auf!«
Grovers öffnete den ersten. Hübscher Eichensarg. Ein Bursche von etwa achtunddreißig lag drin. Er hatte rotes Wuschelhaar und trug einen billigen Anzug.
»In dem ist einer von ihnen drin«, sagte ich zu Grovers.
»Woher wissen Sie das?«
»Weil er sich grade bewegt hat!«
»Was??«
»Er hat sich bewegt!«
Ich griff rein und packte den Mann am Hals.
»Los, mach schon! Raus mit dir! Ich weiß, daß du da drin bist!«
Während ich ihn am Hals schüttelte, ging der Mund auf, und zwei Ballen Mull quollen heraus. Ich prallte zurück.
»

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