Ausgezählt
Urteil zu fällen, oder es gar zu vollstrecken.
Kojastnakow hatte sich bereits durch die Tür des Elektrowagens gezwängt. Es handelte sich um ein kastenförmiges Gefährt mit hohem Aufbau. Die Konstruktion war nicht schön, aber zweckmäßig ausgelegt.
Wir hatten etwa zwei Kilometer zu fahren. Die Ortungszentra le Inland lag jenseits des Küstenstreifens in einem dort beginnenden Gebirgsmassiv, das natürliche Hohlräume enthielt, die man ausgebaut hatte.
Mir war klar, warum die Herrscher der Wahren Calthurs unerfreuliche Dinge nicht innerhalb des U-Tankers abwickeln wollten. Dort wurde nur experimentiert und behandelt. Die Folgen solcher Behandlungen, also verunstaltete Menschen, hatten anschließend sofort von Bord zu gehen, um die »Kreise« nicht zu stören.
Das bedingte wiederum die Anwesenheit vieler Wissenschaftler in der Außenstation. Sie mußten schließlich das Ergebnis der Experimente beobachten, registrieren und auswerten.
Das war der Grund, warum es auf der MEMORY CALTHUR achthundert Experten gab und in der Landzentrale nur etwa dreihundert.
Das waren die Frauen und Männer aus den Reihen der ehemaligen Sehenden Calthurs, denen die wirklich harte Arbeit abverlangt wurde. Sie hatten sich mit dem Elend auseinanderzusetzen und überdies umweltbedingte Entbehrungen auf sich zu nehmen. Der U-Tanker war wesentlich komfortabler als die Inlandzentrale.
Wir bestiegen den Wagen und ließen uns auf den unbequemen Sitzbänken nieder. Ich murrte getreu meiner Rolle:
»Dieses Gefährt entspricht nicht den Ansprüchen eines Erhobenen, Mr. Kojastnakow. Kann man das nicht ändern?«
»Es wird sich ändern und bessern, sobald die marsianischen Baumaschinen einsatzbereit sind. Wir haben welche gefunden. Die Programmierungen bereiten noch Schwierigkeiten. Könnten Sie meinen Leuten vielleicht hilfreich zur Seite stehen?«
»Dazu benötige ich meinen Kommandokodator. Er befindet sich an Bord der TOTERLAY. Kann ich heute ausführlich mit Professor Riebsam sprechen?«
»Aber selbstverständlich, mein junger Freund. Deshalb unternehmen wir diese ungeheuer beschwerliche Reise. Oh, großes Väterchen – wenn ich an meine tüchtigen Köche denke …! Nein, ich will und darf nicht an sie denken. Ich möchte weinen.«
Ich verzichtete auf weitere Bemerkungen. Dieser Komödiant spielte sein Spielchen wie eh und je. Ich hätte etwas dafür gegeben, wenn ich ihn hätte telepathisch belauschen können.
Welche Gedanken wälzte dieses menschgewordene Monstrum in seinem Gehirn? Sadonelli hatte er dank unserer Hilfe schneller als erhofft ausschalten können. Was hatte er nun vor?
Der Wagen summte durch den relativ engen Felstunnel. Weiter vorn kamen zwei Serpentinen, anschließend ein Verteiler-Knotenpunkt.
Wir fuhren weiter, bis sich die Verhältnisse allmählich besserten. Hier, nahe der Außenstation, wurde der Stollen breiter. Die Wände waren geglättet und eine ordentliche Beleuchtungsanlage installiert.
Riebsam – das war der Mann, den ich unter allen Umständen unter die Lupe nehmen und auf unsere Seite bringen mußte. Beim ersten Besuch hatte ich ihn nur flüchtig gesehen und kaum mit ihm sprechen können. Die Begegnung hatte nur ausgereicht, um mich davon zu überzeugen, daß er ein Geisteskranker war.
Für uns warf sich die Frage auf, inwieweit sein Wahn für unsere Zwecke umgepolt und nutzbar gemacht werden konnte.
General Relings Befehl, so bald wie möglich zuzuschlagen, hatte nach wie vor Gültigkeit. Ich wollte aber nicht mit Hilfe unserer Unterwasser- und Luftlandekommandos in Sicherheit gebracht werden, ohne vorher bis ins Detail ergründet zu haben, welche Motive die Mitglieder des Wahren Calthur derart fugendicht zusammenschweißten. Was versprachen sie sich von den Experimenten? Die Weltherrschaft?
Einige Andeutungen hatte ich bereits vernommen. Man wollte die führenden Persönlichkeiten dieser Welt aufstocken, geistig umpolen und zu Befehlsempfängern machen.
Das wußten wir inzwischen, aber es war lediglich das Wunschbegehren hochintelligenter Männer wie Valerie Kojastnakow.
Ich wollte erfahren, was Wissenschaftler wie Professor Riebsam dazu trieb, derart verwerfliche Untaten zu begehen. Was bewog ihn, Menschen aller Völker und Altersstufen in immer neuen und risikovollen Versuchen zu opfern? Der Vergleich mit einem schlecht konstruierten Triebwerk drängte sich mir wieder auf.
Nein – Dr. Riebsam mußte ich intensiver kennenlernen und persönlich gegenüberstehen. Ferner existierte noch
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