Aussortiert
Kälberjournals und des Hühnerblatts verloren.
Ahmed rief Kistner im Verlag
an und schlug eine Unterhaltung vor. Die beiden trafen sich keine halbe
Stunde später auf einem Kinderspielplatz nahe dem U-Bahnhof
Prinzenstraße, spazierten den Kanal entlang Richtung Kottbusser Brücke.
Ahmed war sehr aufgeregt,
hatte nie zuvor Theater gespielt und bekam Angst, etwas falsch zu machen,
wofür letztendlich er dann den Kopf hinhalten müßte. Das
Gespräch glich einem vorsichtigen Abtasten. Nabel hatte ihm einige Sätze
vorgeschlagen, die Ahmed mehr aufsagte als sagte. Ich bin nur daran
interessiert, daß die Harmonie zu den Medien stimmt. Ich würde
sicher nichts erzählen, was den Fahndungserfolg in Frage stellen könnte.
Kleine dreckige Details für Ihre Leser, darüber könne man
reden. Mit welcher Aufwandsentschädigung könnte ich in so einem
Fall rechnen?
Kistner war zu lange Profi,
um den Braten nicht zu riechen. Seine Antworten lauteten:
Ja, selbstverständlich,
das bin ich auch. Natürlich nicht, wir wollen alle den Kerl hinter
Gittern. Kleine dreckige Details kann ich mir aber auch ausdenken. Naja,
Aufwandsentschädigung – so direkt ist das nicht zu beantworten.
Sie verlangen ja nicht etwa Geld von mir, oder doch?
Von diesem Moment an war
Ahmed hilflos und wußte nicht, wie er das Gespräch fortsetzen
sollte.
Kistner klopfte ihm jovial
auf die Schulter und riet ihm, er solle sich noch mal in aller Ruhe überlegen,
was er genau geben und was er genau nehmen wolle, danach könne man
sich ja erneut unterhalten. Sprachs und ließ Ahmed auf Höhe der
Synagoge stehen, kehrte um und strich grüßend mit dem
Zeigefinger über die Stirn.
Nabel ließ sich die
Unterhaltung erst im Wortlaut nacherzählen, bevor er die Aufnahme abhörte
und feststellte, daß Ahmed den Wortlaut sehr präzise
wiedergegeben hatte. Immerhin etwas. Allzuviel Geschirr war nicht
zerschlagen worden. Ein junger Beamter bei seinem ersten Auftritt auf dem
Informationsstrich durfte ruhig ein wenig unsicher wirken.
»Gut gemacht.«
»Wirklich, Chef? Ich
finde, er hat mich auflaufen lassen, das ist ne aalglatte Figur.«
»Tja. Vergessen wirs.
Wir können uns nicht mit Spielereien abgeben. Hat die Obduktion was
über das Messer ergeben?«
Ahmed kramte ein Fax hervor,
in dem es hieß, die Klinge sei anderthalb Zentimeter breit und etwa
zehn Zentimeter lang gewesen. Typische Maße für ein
Springmesser, wie es in der Gegend jeder zweite Jugendliche trug.
»Tja. Vergessen wirs.«
Jimmy Kistner, ein bäuerlich
wirkender Hüne mit Pferdegebiß und strohfarbener, halblang
getragener Frisur, war nicht sicher, was dieses Treffen für einen
Zweck gehabt haben sollte, aber er hatte sicher nichts Kompromittierendes
gesagt, also konnte er seiner Assistentin, Frau Hagenheck, für den
Tagesüberblick diktieren, er habe gegen 14 Uhr KK Ahmed Müller-Dogan
am Kanal Höhe Baerwaldbrücke getroffen, dafür sei ihm an
Spesen zweimal Taxi, zusammen achtzehn Euro, zu erstatten. Die Quittungen
legte er in einem Ordner ab. Kistner hielt es in solchen Dingen für nötig,
akkurat zu sein. Verlorene Zeit mußte nicht auch noch verlorenes
Geld bedeuten. Kistner entstammte kleinbürgerlichen Verhältnissen.
Als er reich zu werden begann, schwor er sich, nie die Wertschätzung
für Kleingeld zu verlieren. Zu diesem Zweck rechnete er Beträge
in Pizzas mit allem um. Eine Pizza mit allem war ein großer Luxus,
ein kleines Fest für ihn gewesen, als er als Volontär bei seiner
ersten Zeitung anfing. Achtzehn Euro wären damals vier Pizzas mit
allem gleichgekommen. Nicht auszudenken. Frau Hagenbeck lächelte, sie
fand diesen Zug an Kistner sympathisch, ihrer Ansicht nach zeugte er von
Bodenhaftung mehr als von Geiz. Manchmal stellte sie ihm einen bunten
Strauß Feldblumen auf den Schreibtisch, den sie von ihrem eigenen
Gehalt bezahlte. Er zeigte sich dafür regelmäßig an
Weihnachten großzügig, wenn er ihr, wie im letzten Jahr, per
Gutschein einen Dreitageaufenthalt in einer Beautyfarm mit
Schlammpackungen und Wellnessprogramm schenkte. Sie fand, für eine
Frau in schon reiferem Alter würde ein solches Geschenk keine
Beleidigung darstellen, und sicher war es lieb gemeint. Daß er den
Gutschein selber geschenkt bekommen hatte, weil er als Prominenter
tausenderlei Dinge geschenkt bekam, und ihn nur an sie weiterreichte, weil
ihm sonst kein
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