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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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einer
     dauerhaften Connection führen könnte. Mir ist noch unklar, wer
     der treibende Motor dabei ist, das Ganze findet unter höchster
     Geheimhaltung statt. Ich will natürlich Tschutschelow drankriegen,
     nicht irgendeinen seiner Erfüllungsgehilfen.«
    Nabel nickte, verständnisheuchelnd,
     wiewohl er nicht genau wußte, was ihn das alles anging.
    König trat die
     weggeworfene Zigarette aus und suchte sich eine neue, die er, unangezündet,
     zwischen den Lippen balancierte.
    »Wir wissen nicht
     genau, was dann passiert ist, möglicherweise war Murat unvorsichtig,
     vielleicht war das Ganze auch nur ein blöder Seitenhieb des
     Schicksals, jedenfalls sucht ein junger Typ, Serbe, Streit mit Murat und
     zieht ihm vor dem Club mit der Bierflasche eins über den Schädel.
     Kann vorkommen. Türsteher-Kismet. Oder aber Murat war verdächtig
     geworden, und man wollte ihn loswerden, ohne die Polizei allzusehr zu
     provozieren. Murat lag ein halbes Jahr im Krankenhaus, der arme Kerl.«
    »Im Koma, ich weiß.«
    »Nicht die ganze Zeit.
     Er lag auf der Intensivstation, weil wir ihn da diskret bewachen konnten.
     Tut nichts zur Sache. Jedenfalls wurde er wieder gesund. Wir standen vor
     einer Entscheidung. Was tun? Sollten wir unseren Mann zurückziehen?
     Oder nochmal ins Spiel bringen?«
    »Darf ich raten: Sie
     haben ihn nochmal ins Spiel gebracht?«
    König kratzte sich am
     Kinn. »Sein eigener Entschluß. Er wollte selber herausfinden,
     woran er war. Also wendet er sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
     an seine alten Brötchengeber, ist ja logisch. Die tun erstmal dankbar
     und stellen ihn wieder vor die Tür. Alles paletti. Jetzt stellen Sie
     sich vor, was für ne Nummer abläuft. Er bekommt einen Anruf, daß
     er einen Job erledigen soll. Wenn er sich weigert, ist er arbeitslos. Wer
     ihn angerufen hat, weiß er nicht, die Stimme kennt er nicht, er soll
     seine Loyalität beweisen, er geht, wie es ihm anbefohlen wird, ums
     Eck, findet hinter ner Mülltonne eine Pistole mit Schalldämpfer,
     dazu einen Aufkleber mit lila Sprüchlein drauf. Was denkt sich Murat?
     Entweder ist das ne ernste Sache, oder aber da wollen ein paar schräge
     Jungs ihn verarschen. Zu derben Scherzen ist das Milieu ja durchaus fähig,
     die Möglichkeit kann man nie ganz außer acht lassen.«    
    Nabel grummelte zustimmend.
     Verarscht zu werden gehöre dazu. Immer und überall.
    »Er soll, sagt die
     Stimme am Telefon, in die Feste Burg gehen, einem der Tänzer,
     irgendeinem, der nicht nach Slawe oder Türke aussieht, den Aufkleber
     an die Schulter pappen, ihn dann erschießen. Machbare Sache. Murat
     ruft mich an, ist verständlicherweise aufgeregt. Um nicht zu sagen:
     entsetzt. Die Stimme am Telefon, das hätte ich fast vergessen, drohte
     ihm damit, seine Familie büßen zu lassen, falls er versagt.
     Richtig harte Nummer. Was tun? Vielleicht hätten wir Vater und Bruder
     und Murat sofort aus dem Verkehr ziehen, in Sicherheit bringen sollen.
     Kann sein. Ich dachte, es geht auch eleganter, ich schicke Murat in die
     Feste Burg und starte eine Razzia. Die grüne Kavallerie rückt an
     und verhaftet Murat, bevor was anbrennt. Vater und Bruder haben wir zur
     Vorsicht mal einkassiert, für die denken wir uns noch was aus. Aber
     Murat war als U-Boot nicht länger zu halten. Die Sache roch zu stark.
     Deshalb die Aktion von heute nacht.«
    Nabel zeigte sich beeindruckt
     und nahm, was er hörte, mit überschwenglicher Dankbarkeit zur
     Kenntnis. »Mannomann. Wer hätte das gedacht? Und jetzt?«
    »Das ist die Frage. Sie
     sind interessiert, Ihren geisteskranken Killer zu fassen. Ich will
     Tschutschelow. Wir müssen einen Weg finden, unsre Interessen
     gemeinsam zu befriedigen, ohne einander in die Quere zu kommen. Ehrlich
     gesagt, habe ich keine Ahnung, was dieser Killer mit meinem Spielfeld zu
     tun hat. Andererseits scheint es möglich, daß eine Verbindung
     besteht. Gut. Fällt Ihnen was dazu ein? Ich hab Ihnen was gesagt, nun
     könnten Sie mir umgekehrt auch etwas sagen. Falls es da was zu sagen
     gibt.«
    König scharrte mit den
     Sohlen ungeduldig im Kies. Nabel fand sich plötzlich in eine überaus
     günstige Lage versetzt. Er wußte von Kistners Liste, wußte,
     daß die Morde wahrscheinlich nicht wirklich geisteskranken Motiven
     entsprangen, daß Drogen im Spiel sein konnten, kurzum, er fühlte
     sich König mächtig überlegen und sah keinen zwingenden
     Grund, sein Blatt gleich auf den Tisch zu

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